Zur Sache: Mehr Qualität in der Endoprothetik
Interview aus Hamburg
Operationen an Knie, Hüfte oder Schulter mit künstlichem Gelenk beziehungsweise Endoprothese sind in der Regel gut eingespielte Eingriffe - in spezialisierten Kliniken. Um die Nachsorge von Operationen mit Gelenkeinsatz für ihre Versicherten zu verbessern, hat die Techniker Krankenkasse (TK) in Hamburg mit der Helios ENDO-Klinik Hamburg im Mai 2022 einen Qualitätsvertrag geschlossen. Patientinnen und Patienten soll so während und nach einer Operation eine noch bessere Versorgung ermöglicht und postoperative Komplikationen minimiert werden.
Der "PROvalue Endo"-Qualitätsvertrag regelt für dieses besondere Angebot die Zusammenarbeit zwischen der TK und der Helios ENDO-Klinik Hamburg. Patientinnen und Patienten wird eine digitale Begleitung während und nach der OP geboten. Im Interview erklären Philip Wettengel, Geschäftsführer der Helios ENDO-Klinik Hamburg, und Jana Schwäbe, Leiterin regionales Vertragswesen der TK-Landesvertretung Hamburg, die Motivation hinter dem neuen Angebot und welche ersten Erkenntnisse sie in der Anwendung gewonnen haben.
TK: Herr Wettengel, welche Beweggründe hatte die Helios ENDO-Klinik Hamburg den Qualitätsvertrag mit der Techniker Krankenkasse einzugehen?
Philip Wettengel: Als Spezialklinik haben wir den Anspruch auf unserem Gebiet Qualitätsführer zu sein. Dank einer hohen Spezialisierung und Standardisierung erzielen wir regelmäßig hervorragende Qualitätsergebnisse. Über diese Ergebnisqualität hinaus waren wir auf der Suche nach einem geeigneten Instrument, zusätzlich die Patientenperspektive stärker als in klassischen Patientenbefragungen in unser Qualitätsmanagement einfließen zu lassen. 2019 haben wir uns daher an dem Projekt "PROMoting quality" beteiligt, welches durch den Innovationsfonds des Bundes gefördert wurde und die Patientinnen und Patienten über den stationären Aufenthalt hinaus zwölf Monate durch Befragungen begleitete. Die Ergebnisse haben uns überzeugt. Basierend auf den Projekterfahrungen wurde dann der Qualitätsvertrag entwickelt, den TK und ENDO-Klinik als Pilot gestartet haben. So können wir mit Hilfe der von den Patientinnen und Patienten gelieferten Daten frühzeitig bei poststationären Komplikationen gegensteuern und belastende Nachbehandlungen reduzieren.
Patientinnen und Patienten fühlen sich durch das Befragungs-Monitoring über den stationären Aufenthalt hinweg gut betreut und in sicheren Händen.
TK: Frau Schwäbe, warum hat die TK diesen Qualitätsvertrag mitentwickelt?
Jana Schwäbe: Qualität ist für uns als TK ein wichtiges Merkmal, worauf wir achten, wenn wir an neue Projekte und innovative Versorgungsformen denken. In der Regel geht es bei endoprothetischen Operationen immer um weniger Schmerzen, schnelle Mobilität und sehr guten Erfolg, sodass keine Folgeeingriffe nötig sind. Aber die Perspektive der oder des Versicherten, also das individuelle Gesundheitserleben in Bezug auf die Verbesserung der Lebensqualität, wurde bisher nicht gemessen. Gestützt auf konzeptionelle und technische Vorarbeiten aus vorangegangenen Projekten, haben wir diese Perspektive in den "PROvalue" Qualitätsvertrag eingebunden. Mithilfe der Vereinbarung mit der Helios ENDO-Klinik Hamburg finden nun Patientenbefragungen vor der OP sowie drei, sechs und zwölf Monate nach der OP statt. So werden Patientinnen und Patienten längerfristig nach der Entlassung aus der Klinik betreut, wenn nötig kontaktiert und der Erfolg des Eingriffs in der ENDO-Klinik kontrolliert. Durch das "Frühwarnsystem" kann somit rechtzeitig interveniert werden - das ist ein erfolgsversprechender Ansatz! Wie wirksam unser gemeinsames Vorhaben ist und welche Rolle die Patientenberichte für die Ergebnisqualität spielen wird, wird die Evaluation des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zeigen.
Durch das "Frühwarnsystem" kann rechtzeitig interveniert werden - das ist ein erfolgsversprechender Ansatz! Wie wirksam unser gemeinsames Vorhaben ist wird die Evaluation des IQTIG zeigen.
TK: Können Sie kurz umreißen, wovon die Patientinnen und Patienten profitieren, wenn sie dem Angebot zustimmen, Herr Wettengel? Was ändert sich für sie bei einer Operation in Ihrem Haus?
Wettengel: Inzwischen haben wir den Qualitätsvertrag "PROvalue Endo" erfolgreich in unsere Routine eingebettet und begleiten Patientinnen und Patienten bis zu zwölf Monate nach der OP ganzheitlich über das Remote-Monitoring. Sobald die Indikatoren vom Normbereich abweichen, können wir direkt reagieren. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen sich mit den Patientinnen und Patienten in Verbindung und leiten bei Bedarf die notwendigen weiteren Schritte ein. Oft können in dem Gespräch Fragen zum Heilungsverlauf direkt beantwortet werden und die Patientin beziehungsweise der Patient erspart sich einen erneuten Arztbesuch.
TK: Die Vereinbarung hat die TK mit der ENDO-Klinik vor einer Weile abgeschlossen. Wie lautet Ihr Zwischenfazit, machen sich positive Veränderungen in der Versorgung bemerkbar?
Wettengel: Die bisherige Resonanz der Patientinnen und Patienten ist durchweg positiv. Sie fühlen sich durch das Befragungs-Monitoring über den stationären Aufenthalt hinweg gut betreut und in sicheren Händen. Dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Bedarf tatsächlich anrufen, wird seitens der Patientinnen und Patienten sehr geschätzt. Wir freuen uns aber natürlich, dass die meisten Patientinnen und Patienten den Verhältnissen entsprechend beschwerdearm sind. Sobald Daten über einen längeren Zeitraum vorliegen, erhoffen wir uns daraus für die Zukunft zudem noch Ansatzpunkte für weitere Verbesserungen unserer Abläufe und Standards zu erhalten.
Hintergrund
Seit 2017 können Kliniken und Krankenkassen miteinander befristete Qualitätsverträge (§ 110a SGB V) schließen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat hierfür acht stationäre Leistungsbereiche für die Erprobung von Qualitätsverträgen genannt.
Den Qualitätsvertrag "PROvalue Endo" hat die TK zusammen mit ausgewählten Krankenhäusern, darunter die Helios ENDO-Klinik Hamburg, sowie dem Unternehmen Heartbeat Medical als Initiator und technischem Partner ausgearbeitet.