Glücksspielsucht
Wer exzessiv in Casinos oder im Wettbüro zockt, verliert in der Regel nicht nur ein Vermögen: Es drohen soziale Isolation, Jobverlust, Beschaffungskriminalität und sogar Suizid. Mediziner bezeichnen diese nicht-stoffliche Form der Suchterkrankung als pathologisches Glücksspiel oder auch Gambling Disorder.
Der Reiz des Geldes
Bar jeder Vernunft geben etwa 38 Prozent der Deutschen jeden Monat Geld für Glücksspiele aus. Die Motive hinter dem Verlustgeschäft sind so zahlreich wie seine Formen: Einmal das große Los ziehen und nie wieder Geldsorgen - diesen Traum verkaufen Lotterien vom Eurojackpot bis zur regionalen Sofortlotterie mit Rubbellosen. Für viele Spieler haben die Glückszahlen eine persönliche Bedeutung.
Andere steigern mit Wetteinsätzen den Nervenkitzel bei der Live-Übertragung von Sportevents. Mit dem richtigen Tipp versuchen sie im Wettbüro, vermeintliches Insiderwissen zu Geld zu machen. Sie setzen einen selbst gewählten Betrag auf den Ausgang eines Wettkampfs oder Spiels und erhalten dafür ein Ticket. Ein Buchmacher legt die Quote fest: Sie bestimmt die Gewinnsumme und den Betrag, der an den Wettunternehmer geht. Online-Sportwetten sind marktführend, die Spieler wetten auch per App.
Das glamouröse Image der Casinos zieht viele an den Roulettetisch oder zum Poker. Wer sich an die Kleiderordnung hält, kann sich hier wie James Bond fühlen. Zum sogenannten "Großen Spiel" zählen auch Black Jack und Baccarat. Spielotheken oder Spielhallen gründen ihr Geschäft ausschließlich auf Geldspielautomaten, die unter anderem auch in Kneipen oder in Imbisshallen stehen. Vertreiben sich Spieler an diesen Automaten die Zeit, sind sie schnell versucht, weiterzuspielen und so einen Verlust wettzumachen.
Keinen Sinn mehr für Zeit und Raum
Das höchste Suchtpotenzial haben Geldspielautomaten, gefolgt von Poker und Online-Poker, Sportwetten, anderen Spielen im Casino und Lotteriespielen. Wie hoch das Risiko ist, von einem Spiel abhängig zu werden, hängt besonders davon ab, wie viel Geld die Spieler einsetzen.
Eine Rolle spielt auch, wie schnell das Spiel abläuft, wie hoch die Frequenz von Beinahe-Gewinnen ist und wie leicht das Spiel zugänglich ist. Glücksspiele vermitteln den Eindruck, die Spieler hätten die Kontrolle über den Ausgang. Wenn pathologische Spieler gewinnen, fühlen sie sich bestätigt und euphorisch. Viele wissen beim Spielen nicht mehr, ob Tag oder Nacht ist oder wo sie sich befinden.
Was beim Spielen im Gehirn passiert
Das riskante Spiel löst Reize aus, die zu einem erhöhten Ausstoß des Glückshormons Dopamin führen. Der Stoff verknüpft Ereignisse mit Emotionen wie Freude oder Stolz und wirkt so motivierend. Besonders gefährdet sind Menschen, die ihre Emotionen schlecht kontrollieren können oder deren Hirnstoffwechsel wenig Dopamin produziert.
Das Spielen hilft kurzzeitig, negative Emotionen abzubauen. Doch das Belohnungszentrum im Gehirn des Spielers wird konditioniert : Auf Kosten anderer Gedanken und Emotionen fixiert es sich ausschließlich auf die Reize des Spiels. Verspüren Betroffene negative Emotionen, verlangt ihr Gehirn nach einem weiteren Spiel als vermeintlicher Lösung.
Bald wecken schon schwache Reize das Verlangen, zu spielen. Auf Dauer schüttet das Gehirn hierbei jedoch immer weniger Dopamin aus. Betroffene erhöhen dann die Spielzeit oder den Einsatz, um das Glücksgefühl erneut zu erleben. Langfristig gerät dabei der Dopamin-Haushalt des Gehirns in ein Ungleichgewicht. In der Folge erleben Betroffene Angst- und Spannungszustände.
Hier finden Sie Rat und Hilfe
- Einen Selbsttest in Bezug auf Spielsucht bietet die Website www.check-dein-spiel.de. Außerdem finden Sie hier unter anderem Selbsthilfegruppen und ein vierwöchiges Online-Programm mit dem Ziel, das Spielen aufzugeben.
- Beratungsstellen in Ihrer Nähe, Selbsthilfegruppen und Fachkliniken für pathologisches Glücksspiel finden Sie auf der Website www.spielsucht-therapie.de.
- Die kostenlose Telefonberatung des Bundesamts für gesundheitliche Aufklärung erreichen Sie unter 0800 137 27 00, Beratung in türkischer Sprache unter 0800 326 47 62.
- Eine digitale Suchtberatung für Betroffene und Angehörige finden Sie auf DigiSucht.
- Tipps und Tricks rund um den Umgang mit Schulden finden Sie auf www.schuldenhelpline.de und auf www.forum-schuldnerberatung.de
- Als Angehörige von Spielenden finden Sie Hilfe auf der Website www.bke.de. Familien- und Erziehungsberatungsstellen sowie Beratungsstellen für Konflikte in Ehe und Familie listet die Website www.dajeb.de auf.
Die Spielsucht überwinden
Im Rahmen einer Therapie - meist einer kognitiven Verhaltenstherapie - lernen Betroffene die Ursachen und die Funktion ihres Spielverhaltens kennen. In Einzeltherapie und in Gesprächsgruppen wird in der Regel ein neuer Umgang mit inneren und äußeren Konflikten erlernt. Das kann ambulant geschehen, beispielsweise in einer Suchtberatungsstelle, einer Tagesklink oder einer psychotherapeutischen Praxis, oder stationär. Experten empfehlen zudem, langfristig eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Der Aufenthalt in einer Fachklinik dauert meist acht bis zwölf Wochen und beginnt mit einer Entzugsphase. Die TK berät Sie bei Ihrem Antrag zur Kostenübernahme unter 0800 285 85 85.
Rat für Angehörige und Partner
Sorge um die Beziehung und die Familie, Scham, aber auch Wut und Ohnmacht belasten oft Angehörige von Spielenden. Experten raten im Umgang mit pathologischen Spielern :
- Sprechen Sie ehrlich und konkret über problematisches Verhalten und Ihre Gefühle. Verweisen Sie auf Hilfsangebote von Beratungsstellen, statt Vorwürfe zu machen.
- Ermutigen Sie Kinder, offen über ihre Emotionen zu sprechen, wenn sie sich einsam fühlen oder wegen finanzieller Not Einschränkungen hinnehmen müssen.
- Schützen Sie Ihre Finanzen. Statt Ihrem Partner Geld zu geben, entziehen Sie ihm die Vollmacht für Ihr Konto oder eröffnen Sie ein eigenes.
- Nur der Spielende selbst kann sein Verhalten ändern. Entlasten Sie sich, indem Sie sich Nahestehenden anvertrauen. Tauschen Sie sich in einer Selbsthilfegruppe aus.