PAVK - Welche Medikamente helfen bei einer Durchblutungsstörung der Beine? (4/5)
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Menschen mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) werden verschiedene Medikamente empfohlen. Diese sollen die Krankheit aufhalten, schwere Verläufe verhindern und Folgeerkrankungen vorbeugen.
Bei einer PAVK haben sich Blutgefäße (Arterien) durch Ablagerungen so verengt, dass nicht mehr genügend Blut in die Gliedmaßen fließen kann. Das passiert meist in den Beinen. Im Frühstadium bemerken Betroffene ihre Erkrankung oft nicht. Schreitet sie fort, kommt es jedoch zu krampfartigen Schmerzen - bei Bewegung oder später auch in Ruhe -, schlecht heilenden Wunden oder Geschwüren. Es kann auch vorkommen, dass Gewebe abstirbt, wenn es kaum noch durchblutet wird. Menschen mit einer PAVK haben meist auch in anderen Körperregionen Gefäßablagerungen - daher haben sie ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall .
Verschiedene Medikamente sollen die Krankheit aufhalten und Folgeschäden vorbeugen. Dazu zählen vor allem sogenannte Cholesterin-Senker und Plättchenhemmer. Diese Medikamente sind vor allem bei Menschen mit Ablagerungen an Gefäßen des Herzens - wie zum Beispiel bei einer koronaren Herzkrankheit - in hochwertigen Studien erprobt und können dann Folgeschäden vorbeugen. Aber auch Studien zur PAVK zeigen solche Effekte. Daher empfehlen Fachleute auch Menschen mit einer PAVK, diese Medikamente langfristig einzunehmen.
Bestimmte Begleiterkrankungen erhöhen das Risiko für einen schweren Verlauf der PAVK, vor allem Bluthochdruck und Diabetes . Daher ist es wichtig, diese, wenn nötig, ebenfalls mit Medikamenten zu behandeln.
Zusätzlich zu Medikamenten sind bei einer PAVK weitere Maßnahmen sinnvoll. Neben einem gesunden, rauchfreien Lebensstil zählen dazu - je nach Krankheitsstadium - ein Gehtraining und Gefäßeingriffe zur Verbesserung der Durchblutung.
Gut zu wissen:
Besonders in fortgeschrittenen Stadien kann die PAVK den Alltag sehr erschweren. Dann kann man sich zu zahlreichen Unterstützungsmöglichkeiten beraten lassen.
Wie helfen Statine?
Statine sind Medikamente, die die Menge bestimmter Blutfette - vor allem des LDL-Cholesterins - senken. Hat man zu viel LDL-Cholesterin im Blut, kann es zu Ablagerungen an den Arterienwänden kommen. Das führt zu Engstellen in den Blutgefäßen, die die Durchblutung behindern können. Statine werden meist einmal täglich als Tablette eingenommen, die genaue Dosierung hängt von den eigenen Blutwerten ab.
Statine können bei Menschen mit verengten Herzgefäßen ( koronare Herzkrankheit ) das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall wirksam verringern. Studien weisen aber darauf hin, dass auch Menschen mit PAVK durch eine Behandlung mit einem Statin Folgeschäden vorbeugen können.
Wie stark man von Statinen profitiert, hängt aber auch von persönlichen Risikofaktoren abseits der PAVK ab.
Statine können Nebenwirkungen haben, diese sind aber selten. Dazu zählen schmerzende oder müde Muskeln oder Grauer Star . Schwerwiegende Nebenwirkungen wie Muskelerkrankungen bis hin zu bleibenden Lähmungen sind äußerst selten. In Deutschland sind mehrere Wirkstoffe zugelassen, zum Beispiel Rosuvastatin, Atorvastatin, Lovastatin und Simvastatin. Wer ein Statin nicht verträgt, kann ein anderes ausprobieren. Wenn man gar keine Statine einnehmen kann oder sie allein nicht ausreichend helfen, können sogenannte PCSK9-Hemmer oder der Wirkstoff Bempedoinsäure infrage kommen. Diese senken ebenfalls das LDL-Cholesterin im Blut.
Wie schützen Plättchenhemmer?
Plättchenhemmer (Thrombozyten-Aggregationshemmer) sorgen dafür, dass die Blutplättchen nicht so leicht miteinander verklumpen und Blutgerinnsel bilden, die dann zum Beispiel einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verursachen können.
Bei Menschen mit Ablagerungen in den Herzgefäßen (KHK) schützen Plättchenhemmer vor solchen Folgen. Fachleute gehen auch für Menschen mit PAVK von dieser Wirkung aus. Denn eine PAVK wird oft von Ablagerungen in den Herzgefäßen begleitet. Ersten Studien zufolge haben Plättchenhemmer aber nur Vorteile für PAVK-Betroffene, die Beschwerden wie Schmerzen beim Gehen haben - Betroffenen, die noch schmerzfrei sind, werden sie daher nicht empfohlen.
Die am häufigsten eingesetzten Wirkstoffe sind:
- Acetylsalicylsäure (ASS): Dieser Wirkstoff ist meist in einer hohen Dosis von 500 Milligramm in Schmerzmitteln wie Aspirin enthalten. PAVK-Betroffene nehmen meist eine Tablette mit 100 Milligramm ASS pro Tag ein.
- Clopidogrel: Dieser Wirkstoff kommt meist zum Einsatz, wenn jemand ASS nicht verträgt oder wegen anderer Erkrankungen nicht einnehmen darf. Üblicherweise nimmt man dann täglich eine Tablette mit 75 Milligramm Clopidogrel.
Manchmal wird ASS zusätzlich mit dem gerinnungshemmenden Wirkstoff Rivaroxaban kombiniert, um die Wirkung zu verstärken. Allerdings ist dann auch das Risiko für Nebenwirkungen höher. Daher werden die möglichen Vor- und Nachteile einer kombinierten Behandlung für jede Betroffene und jeden Betroffenen individuell abgewogen.
Die häufigste Nebenwirkung der Gerinnungshemmer sind Blutungen, vor allem im Magen-Darm-Trakt. Denn durch die verlangsamte Blutgerinnung kann der Körper Wunden nicht so schnell schließen und Blutungen dauern länger. Selten sind die Blutungen so stark, dass sie rasch im Krankenhaus behandelt werden müssen.
Wichtig ist:
Den Notruf 112 zu rufen bei
schwarzem, glänzendem Stuhl ("Teerstuhl") oder
blutigem oder schwarz-braunem ("kaffeesatzartigem") Erbrechen.
Dies sind Anzeichen einer Blutung im Magen-Darm-Trakt.
Wann kommen durchblutungsfördernde Medikamente infrage?
In bestimmten Situationen können durchblutungsfördernde Medikamente eine Alternative zu anderen Behandlungen sein - beispielsweise, wenn ein Gehtraining aufgrund anderer Erkrankungen nicht möglich ist oder ein Gefäßeingriff zu riskant wäre.
Dann können durchblutungsfördernde Medikamente infrage kommen, um die Beschwerden zu verringern. Auch wenn ein Gehtraining nicht ausreichend hilft, können sie zusätzlich eingesetzt werden.
Studien zu zwei durchblutungsfördernden Wirkstoffen - Cilostazol und Naftidrofuryl - deuten auf leichte positive Effekte hin: In den Studien konnten Menschen mit den Medikamenten etwas weiter ohne Schmerzen gehen. Ob die Mittel auch das Risiko für Folgeerkrankungen senken, ist unklar.
Zu möglichen Nebenwirkungen beider Medikamente zählen vorübergehende Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall und Übelkeit. Cilostazol kann außerdem zu Kopfschmerzen, Schwindel und Herzbeschwerden wie Herzklopfen oder -stolpern führen.
Meist nimmt man die Medikamente für 6 bis 12 Monate ein. Danach wird geschaut, ob sich die Beschwerden ausreichend gebessert haben, sodass man die Medikamente absetzen und ein Gehtraining beginnen kann. Auch während der Einnahme sollte man sich, soweit möglich, regelmäßig bewegen.
Wann sind weitere Medikamente sinnvoll?
Einige Menschen mit einer PAVK haben noch andere Erkrankungen, die die Gefäße zusätzlich schädigen können und das Risiko für einen schweren Verlauf erhöhen. Besonders wichtig ist, die folgenden Erkrankungen im Blick zu behalten:
- Bluthochdruck (Hypertonie): Menschen mit PAVK sollten ihren Blutdruck regelmäßig kontrollieren und dauerhaft erhöhte Werte vermeiden. Nicht immer sind dafür Medikamente nötig - es kann auch reichen, sich beispielsweise mehr zu bewegen, Gewicht zu reduzieren und weniger Salz zu sich zu nehmen. Falls dies nicht ausreicht, sind blutdrucksenkende Medikamente sinnvoll.
- Diabetes: Auch erhöhte Blutzuckerwerte sollten vermieden werden. Bei Diabetes Typ 2 kann es bereits helfen, sich mehr zu bewegen und abzunehmen. Oft sind jedoch Medikamente nötig, um den Blutzucker zu normalisieren. Bei Menschen mit Diabetes und PAVK werden neben Metformin auch sogenannte Flozine (SGLT-2-Hemmer) und Inkretin-Mimetika (GLP-1-Rezeptor-Agonisten) empfohlen.