Pflegekräfte brauchen Pflege
Artikel aus Berlin/Brandenburg
Die TK unterstützt in Berlin und Brandenburg 36 Projekte für die Gesundheit der Mitarbeitenden in Pflegeeinrichtungen.
Sie kümmern sich um alte, um kranke und demente Menschen. Im Schichtdienst, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Doch um sich selbst kümmern sich viele Pflegekräfte viel zu wenig. Zeitmangel und Stress, eine schwindende Zahl an Fachkräften bei gleichzeitig wachsender Verantwortung bringen Mitarbeitende nicht selten an die Grenzen ihrer körperlichen wie psychischen Belastung.
Die Folgen bekommen alle Pflegeeinrichtungen zu spüren: Auf Krankmeldungen folgen Kündigungen, der Personalmangel verschärft sich - und das verstärkt wiederum den Druck, der ohnehin schon auf den verbliebenen Kolleginnen und Kollegen lastet.
Für die TK in Berlin und Brandenburg ist klar: Die Pflege braucht mehr Pflege. Allein im Jahr 2023 hat die TK deshalb 36 Projekte in Berliner und Brandenburger Pflegeeinrichtungen gefördert, mit denen die Gesundheit der Mitarbeitenden gestärkt werden soll. Und die hoffentlich dabei helfen, die Freude an diesem so herausfordernden wie sinnstiftenden Beruf zu erhalten oder neu zu wecken.
"Funktionierende Teams sind überaus wichtig"
Judith Bellin ist BGM-Managerin von Agaplesion und kennt die Probleme. Allein in Berlin hat sie mit Hilfe der TK an sechs Pflegeeinrichtungen Projekte gestartet, die die Gesundheit der Pflegekräfte stärken und das Arbeitsklima verbessern sollen. "Viele Mitarbeitende haben das Gefühl, immer mehr leisten zu müssen. Das führt auch zu Konflikten in den Teams", beschreibt sie die Problemlage.
"Für die Arbeit und das Wohlbefinden aller sind funktionierende Teams jedoch überaus wichtig. Wir haben uns deshalb geschulte Teamberaterinnen und Teamberater gesucht, die regelmäßig während der Arbeitszeit mit den Teams darüber beraten, welche Schwierigkeiten es gibt und wie man die Zusammenarbeit verbessern kann." Die Breite an Themen ist groß. Bellin: "Das geht von Dienstplänen über Arbeitsabläufe und Strukturen, unklare Zuständigkeiten und empfundene Ungerechtigkeiten."
Gemeinsam werde dann nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. So seien in einem Fall zum Beispiel Verantwortlichkeiten klarer definiert worden. In einer anderen Einrichtung wurde gemeinsam ein Pausenraum als Rückzugsort gestaltet, den viele Mitarbeitende vermissten.
"Das Wissen, wertgeschätzt und gehört zu werden, vor allem aber die Möglichkeit, selbst etwas verändern zu können, sind ganz entscheidend für die Zufriedenheit der Kolleginnen und Kollegen", beschreibt Judith Bellin ihre bisherigen Erfahrungen mit den Projekten. Gesundheitskurse, etwa zum Thema Rücken, sowie regelmäßige Hinweise auf Präventionskurse der Krankenkassen ergänzen ihre Arbeit für die Gesundheit der Beschäftigten bei Agaplesion.
"Sehr viele Pflegekräfte machen ihre Arbeit mit Herz und aus vollster Überzeugung"
Teamentwicklung ist auch Kern der Arbeit von Nina Meyer. Die Psychologin von Trivention leitet Kurse für Mitarbeitende an Pflegeeinrichtungen. "coachforcare" nennt sich das Programm, an dem - unterstützt von der TK - allein in Berlin und Brandenburg 16 Seniorenzentren teilnehmen. "Die Kommunikation unter Mitarbeitenden, aber auch zwischen Leitung und Mitarbeitenden ist oft problematisch", sagt sie. "Die Beschäftigten haben das Gefühl: Da oben wird was entschieden und ich muss es ausbaden. Hier setzen wir an."
In vielen vertraulichen Gesprächen klärt sie zunächst, wo es mögliche Verletzungen oder Missverständnisse gibt. Meyer: "Die Wahrnehmung ist oftmals sehr unterschiedlich, weil der eine nicht weiß, was der oder die andere denkt, fühlt oder sagen will."
Gemeinsam mit Leitung und Mitarbeitenden werde dann geklärt, an welchem Problem man vorrangig arbeiten wolle: "Wir legen Ziele fest und erstellen je nach Bedarf Fortbildungspläne, in denen es um ganz unterschiedliche Themen gehen kann. Das reicht von Stressmanagement über Gewaltprävention bis zum Umgang mit kulturellen Unterschieden, Sprachproblemen, sexueller Belästigung, Fehlern oder auch Lob."
Gerade mangelnde Wertschätzung, so Nina Meyers Beobachtung, raube vielen Pflegekräften die Freude an der Arbeit. "Gleichzeitig fällt es aber auch ganz vielen Menschen schwer, lobende Worte anzunehmen", so die Psychologin.
Dass Anerkennung für die eigene Arbeit ein großer Motivator ist, weiß sie selbst nur zu gut. "Ich freue mich sehr, wenn ich Mitarbeitenden im Laufe des Projekts helfen konnte, ihre Freude am Beruf wiederzuentdecken", sagt Nina Meyer. Sie ist sich sicher: "Sehr viele Pflegekräfte machen die Arbeit mit Herz und aus vollster Überzeugung - wenn die Umstände stimmen."
Die TK unterstützt Gesundheitsförderung in der Pflege
Eine Voraussetzung für gute Pflege ist die Gesundheit der Pflegenden. Die TK bietet Einrichtungen deshalb vielfältige Unterstützung an. Einen Überblick und Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf unserer Website zur Gesunden Pflege .
Unsere Ideen für Verbesserungen in der Pflege haben wir in einem Positionspapier zusammengefasst: