"Der Fachkräftemangel ist massiv spürbar"
Interview aus Berlin/Brandenburg
Andreas Kaczynski, Vorstand des Paritätischen LV Brandenburg, setzt sich dafür ein, dass der Brandenburger Pflegepakt durch das Landespflegegesetz dauerhaft abgesichert wird.
TK: Herr Kaczynski, welches ist das größte Problem, mit dem Sie und Ihre Mitglieder im Moment zu tun haben?
Andreas Kaczynski: Der Fachkräftemangel ist in allen sozialen Bereichen massiv spürbar, besonders im Pflege- und Betreuungsbereich. Ambulante Pflegedienste nehmen keine Kunden mehr an, in Seniorenwohnheimen bleiben Plätze unbelegt, mancher Träger denkt gar ans Aufgeben.
Fachkräfte aus dem Ausland könnten helfen, scheitern jedoch an den enormen bürokratischen Hürden. Und es gelingt noch viel zu wenig, bereits hier lebende, zugewanderte oder geflüchtete Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. All diese helfenden Hände in den Mühlen der Bürokratie oder durch eine fehlgesteuerte Integrationspolitik zu verlieren, können wir uns als Gesellschaft längst nicht mehr leisten!
In die Fachkraftlücke stoßen verstärkt Leasingfirmen, die mit ihren Angeboten "Rosinenpickerei" betreiben. Sie bieten ihren Mitarbeitenden "Traumbedingungen": Keine Wochenend- oder Feiertagsschichten, keine lästigen Dokumentationspflichten und bestes Gehalt. Ursprünglich als Überbrückung gedacht, ist Leasing in vielen Einrichtungen zur Dauereinrichtung geworden. Eine Entwicklung, die erheblich zur Kostenexplosion beiträgt und Gift für das Betriebsklima ist. Deshalb gehört der Leasingmarkt dringend reguliert!
TK: Welchen gesundheitspolitischen Auftrag haben Sie an die neue Landesregierung?
Kaczynski: Der Brandenburger Pflegepakt ist die wichtigste Antwort auf den Fachkräftemangel und ein echtes Erfolgsmodell. Kernelement ist ein kluges Förderprogramm, das Bedarfsplanung, Pflegeberatung, Ausbildung, die Aktivierung des Sozialraums und neue Angebotsformen zusammen denkt und entwickelt. Der Pakt muss dauerhaft über das Landespflegegesetz abgesichert und konsequent weiterentwickelt werden, etwa durch die flächendeckende Einführung von Community Health Nursing oder die Erprobung angehörigengestützter Versorgungssettings.
TK: Wie soll die Gesundheitsversorgung von morgen finanziert werden?
Kaczynski: Der Paritätische spricht sich klar für eine Pflegevollversicherung aus. Immer mehr Menschen können die Pflege nicht mehr aus der eigenen Tasche bezahlen, sind auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen. Für viele eine beschämende Situation. Sie verzichten lieber auf die notwendige Pflege, als zum Amt zu gehen. Der Bundesgesetzgeber ist gefordert, endlich wirkungsvoll Abhilfe zu schaffen. Die "Reförmchen" der letzten Jahre konnten nicht überzeugen!
Zur Person
Andreas Kaczynski, geboren 1961, ist Vorstand des Paritätischen LV Brandenburg. Der Diplom-Theologe und diplomierte Sozialarbeiter war zuvor unter anderem als Caritasdirektor des Caritasverbandes Brandenburg tätig.