"Prävention und Gesundheitsförderung stärken!"
Interview aus Berlin/Brandenburg
Gesundheit darf keine Frage des sozialen Status sein, meint der Geschäftsführer von Gesundheit Berlin-Brandenburg, Stefan Pospiech.
TK: Herr Pospiech, welches ist das größte Problem, mit dem Sie und Ihre Mitglieder im Moment zu tun haben?
Stefan Pospiech: Auch wenn die Armutsquote in Brandenburg mit 14,8 Prozent leicht unter dem Bundesdurchschnitt liegt, so ist dies ein besorgniserregender Wert. Der Zusammenhang von Armut und Gesundheit ist gut belegt. Er zeigt sich in den Gesundheitsdaten des Landes Brandenburg unter anderem in der Zahngesundheit, dem Bewegungsverhalten oder der Betroffenheit von Übergewicht.
TK: Welchen gesundheitspolitischen Auftrag haben Sie an die neue Landesregierung?
Pospiech: Das Präventionsgesetz von 2015 und der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) 2021 bieten einen guten Rahmen dafür, bestehende Strukturen und Prozesse der Prävention und Gesundheitsförderung in Brandenburg auszubauen, damit gesunde Lebensbedingungen und gerechte Gesundheitschancen für alle gestärkt werden. Sollte 2024 das geplante Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz kommen, wäre die Etablierung von Gesundheitsregionen nach §140b SGB V ein wichtiger Impuls zur Sicherstellung einer vernetzten, sektorenübergreifenden und koordinierten Gesundheitsförderung und Versorgung.
Mit dem Landtagsbeschluss "Kindeswohl im Blick. Kindergesundheit schützen" hat der Landtag auf die gesundheitlichen Folgen der Corona-Pandemie reagiert. Die darin enthaltenen Ziele - etwa die personelle Stärkung des ÖGD, die bessere regionale Vernetzung und die Stärkung gesundheitsbezogener Landesprogramme - sollten für die neue Landesregierung handlungsleitend sein. Dies geht nicht ohne die notwendigen Haushaltsmittel und den politischen Willen, in die soziale und gesundheitliche Infrastruktur sowie präventive Maßnahmen zu investieren.
TK: Wie soll die Gesundheitsversorgung von morgen finanziert werden?
Pospiech: Die solidarische Beitragsfinanzierung der GKV sollte gestärkt werden. Reformen, die den versicherungs- und beitragspflichtigen Personenkreis sowie andere Einkommen und Einkommensarten einschließen, sollten (wieder) auf die politische Agenda. Zudem ist die Ökonomisierung der gesundheitlichen Versorgung kritisch zu betrachten, damit Renditen aus solidarisch finanzierten Leistungen nicht privatisiert werden. Gesundheit liegt in der Verantwortung aller Politikbereiche. Dieser Gedanke sollte besser im politischen Handeln verankert werden.
Zur Person
Stefan Pospiech wurde 1974 geboren. Der Diplom-Politologe und examinierte Kranken- und Gesundheitspfleger ist seit 2004 bei Gesundheit Berlin-Brandenburg tätig: Jahrelang arbeitete er dort als Fachreferent für Gesundheitspolitik und Gesundheit im Alter, leitete den Kongress Armut und Gesundheit. 2012 übernahm Stefan Pospiech die Geschäftsführung von Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V.