Fünf Fragen an … Sozialministerin Dr. Carola Reimann
Interview aus Niedersachsen
Sozialministerin Dr. Carola Reimann im Interview zu den bisherigen Ergebnissen der Konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.Ni).
TK: Welche sind die zentralen Ergebnisse der KAP.Ni und wie werden sich diese auf die Situation der Pflege in Niedersachsen auswirken?
Sozialministerin Dr. Carola Reimann: Die Verbesserung der Situation in der Pflege ist eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels haben wir in der Pflege einen großen Handlungsdruck. Aus diesem Grund hat das Land Niedersachsen im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege in Niedersachsen (KAP.Ni) gemeinsam mit den niedersächsischen Wohlfahrtsverbänden, den Krankenkassen, den Verbänden der privaten Pflegeanbieter, den Gewerkschaften, den Vertretungen der Pflegekräfte und den Arbeitgeberverbänden eine Kooperationsvereinbarung zur Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Pflege geschlossen.
Die Ergebnisse dieser Vereinbarung beinhalten einen ganzen Maßnahmenkatalog, mit dem wir eine Reihe von Zielen verfolgen: So sollen die Leistungen in der ambulanten Pflege höher vergütet, die Tarifbindung in der Pflege gestärkt und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verbessert werden. Zudem werden innovative Ansätze zur Versorgung von Pflegebedürftigen entwickelt und umgesetzt sowie die Suche nach freien Pflegeplätzen erleichtert. Entscheidend ist dabei, dass wir uns mit den Partnerinnen und Partnern auf einen ganz konkreten Zeitplan verständigt haben, um die Maßnahmen umzusetzen und diese Ziele so schnell wie möglich zu erreichen.
TK: Wie sehen die weiteren Umsetzungsschritte bei der KAP.NI aus und wie spielen KAP.Ni und die Novellierung Nds. Pflegegesetzes zusammen?
Dr. Reimann: Die Vereinbarungen der KAP.Ni und die Novelle des Nds. Pflegegesetzes gehen Hand in Hand. Derzeit laufen verschiedene Gespräche zwischen den Akteuren der KAP.Ni zu den einzelnen beschlossenen Maßnahmen der Kooperationsvereinbarung. Im Sozialministerium haben wir mit der Auswertung der beschlossenen Maßnahmen begonnen und bereiten nun die Umsetzung dessen vor, was das Land beitragen kann. Zudem begleiten wir den gesamten Prozess sehr eng.
Mit der Novelle des Niedersächsischen Pflegegesetzes und der daraus resultierenden Landesförderung leistet auch das Land Niedersachsen einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung der Rahmenbedingungen der Pflege in Niedersachsen. In Zukunft werden Investitionen des Landes beispielsweise an eine tarifgerechte Bezahlung in den Pflegeeinrichtungen geknüpft. Darüber hinaus investiert das Land rund sieben Millionen Euro, um die Zahl der Plätze in der Kurzzeitpflege zu erhöhen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, um die Angehörigen von Pflegebedürftigen zu entlasten. Auch beim Übergang von der Behandlung im Krankenhaus in die ambulante Pflege nimmt die Kurzzeitpflege eine wichtige Rolle ein und kann mit dazu beitragen, dass pflegebedürftige Menschen möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden wohnen können.
Die Landesregierung hat dem Entwurf des neuen Pflegegesetzes bereits im Oktober zugestimmt und zur Verbandsbeteiligung freigegeben.
TK: Zum Thema Entlastungsleistungen: Pflegebedürftigen stehen 125 Euro pro Monat zu, um die Pflegenden zu entlasten. Teilweise bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern, wofür diese Leistungen eingesetzt werden dürfen. Gibt es Bestrebungen unter den Ländern, hier einheitliche Regelungen zu beschließen und wie könnten diese ausgestaltet sein, damit die Entlastungsleistungen nicht vom Wohnort des Pflegebedürftigen abhängig sind?
Dr. Reimann: Pflegebedürftige Menschen in häuslicher Pflege haben Anspruch auf den Entlastungsbeitrag von bis zu 125 € monatlich. Die Zwecke, für die der Entlastungsbetrag verwendet werden kann, sind bereits bundesgesetzlich festgelegt. Dazu gehören beispielsweise Leistungen der Tages- und Nachtpflege, der Kurzzeitpflege oder anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag (AZUA).
Länderspezifisch geregelt ist allerdings die Frage, wer unter welchen Voraussetzungen Leistungen als AZUA erbringen darf. Die Länderregelungen stimmen zwar in wesentlichen Punkten überein, weisen aber - wie zum Beispiel beim Einsatz von Einzelkräften - auch Abweichungen auf. Im Rahmen der Umsetzung der KAP.Ni in Niedersachsen prüfen wir nun, ob und unter welchen Voraussetzungen künftig im Rahmen der Nachbarschaftshilfe auch Einzelpersonen anerkannt werden können. Dies hätte zur Folge, dass diese Leistungen dann über den Entlastungsbetrag mit den Pflegekassen abgerechnet werden könnten.
TK: Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) in Pflegeeinrichtungen ist bisher noch ein relativ neues Betätigungsfeld der Krankenkassen. Was meinen Sie, wie BGM in der Pflege die Situation der Pflegekräfte verbessern kann?
Dr. Reimann: Die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Pflegeeinrichtungen ist ein unglaublich hohes Gut. Wir sind der festen Überzeugung, dass ein gutes betriebliches Gesundheitsmanagement nicht nur dazu beiträgt, die Belegschaft gesund zu halten, sondern auch der Gewinnung von gut ausgebildeten Fachkräften dient. Den Kassen stehen für das betriebliche Gesundheitsmanagement und für Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereits heute Finanzmittel zur Verfügung.
Im Rahmen der KAP.Ni haben wir verabredet, die Pflegeeinrichtungen durch die Kassen und Verbände besser darin zu unterstützen, diese Ressourcen systematisch für ihre Beschäftigten zu nutzen. Wenn es den Pflegeeinrichtungen gelingt, die Tätigkeiten und Arbeitsabläufe so zu gestalten, dass es einen guten Ausgleich zwischen den beruflichen Belastungen und den persönlichen Belangen gibt, kann gutes Pflegepersonal auch auf Dauer im Beruf gehalten werden.
Unsere Gesellschaft kann es sich nicht erlauben, auf die fachlich anspruchsvolle Arbeit der Pflegekräfte zu verzichten - daher sind wir alle dazu angehalten, die Gesundheit der Pflegekräfte zu schützen und die Rahmenbedingungen in der Pflege so zu gestalten, dass die gesundheitlichen Belange der Beschäftigten angemessen berücksichtigt werden.
TK: Frau Ministerin, Ihr Amt beansprucht Sie zeitlich sicher sehr stark. Haben Sie trotzdem Zeit für anderes und mögen Sie uns verraten, was dies ist?
Ein solches Amt ist natürlich zeitintensiv, aber ich mache meine Arbeit sehr gerne und mit großer Leidenschaft. Dabei helfen mir als Ausgleich lange Spaziergänge, um den Kopf auch mal freizukriegen, und regelmäßiges Yoga
TK: Vielen Dank!