Hannover, 15. August 2024. Es ist eine der größten Herausforderungen unseres Gesundheitssystems: Die Gestaltung einer hochwertigen und zukunftssicheren Pflege. Die jährlich steigende Anzahl der Pflegebedürftigen in Niedersachsen, laut Vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes erwartet Niedersachsen bis 2035 621.000 Pflegebedürftige, steht einer begrenzten Anzahl an Fach- und Hilfskräften sowie pflegenden Angehörigen gegenüber.

Dazu steigen die Fehlzeiten bei den beruflich Pflegenden. Ein Blick in die Zahlen der Arbeitsunfähigkeiten zeigt: Im vergangenen Jahr fehlten bei der TK-versicherte Pflegekräfte in Niedersachsen durchschnittlich rund 31 Tage - so lang wie nie zuvor. Die TK in Niedersachsen hat daher Vorschläge für die Zukunft der Pflege in einem Positionspapier ausgearbeitet. 

"Die angekündigte und längst überfällige Pflegereform muss dringend angegangen werden. Neben der Schaffung attraktiverer Arbeitsbedingungen braucht es konkrete Handlungsansätze für eine nachhaltige Finanzierung und digitale Lösungen, um bürokratische Hürden abzubauen", mahnt Sabrina Jacob, kommissarische Leiterin der TK-Landesvertretung Niedersachsen.

Online-Pflegeportal schaffen

Durch die bundesweite Gesetzgebung aber auch in der Konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.NI) wurden und werden bereits wichtige Impulse gesetzt, die es weiter fortzuführen und zu gestalten gilt. Menschen, die pflegebedürftig werden, benötigen schnelle und unbürokratische Hilfe. Viele Informationen, etwa zu freien Pflegeplätzen, sind allerdings noch immer nicht leicht zu finden. "Häufig ist die Suche nach freien Pflegeplätzen mit zahlreichen Anrufen und langen Wartelisten verbunden", erklärt Sabrina Jacob. Die TK befürwortet deshalb die Einrichtung eines bundesweiten Online-Portals, auf dem digital, tagesaktuell und transparent freie Plätze verschiedener Einrichtungen dargestellt werden.

Einbindung der Pflege in die Telematik-Infrastruktur

Persönliche Informationen rund um die Gesundheit von Pflegebedürftigen liegen den Betroffenen, den Angehörigen oder den Pflegekräften zwar vor, jedoch häufig nicht ausreichend strukturiert oder an einem Ort zu finden. Individuelle Pflegesituationen sind aktuell daher nur erschwert zu beurteilen oder zu planen. "Mit der elektronischen Patientenakte können wichtige medizinische Informationen über Diagnosen oder Behandlungsberichte der Betroffenen gebündelt an einem Ort und für die Beteiligten übersichtlich bereitgestellt werden. Die gesetzgeberische Verpflichtung des Anschlusses von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an die Telematik-Infrastruktur durch das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) muss nun engagiert durchgesetzt werden", meint Jacob.

Berufsbild Pflege stärken

Sowohl die psychischen als auch die körperlichen Belastungen von Pflegekräften sind hoch: Bei den Fehltagen von bei der TK versicherten Beschäftigten in der Kranken- und Altenpflege liegt Niedersachsen mit 4,2 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Hauptursachen für die Krankschreibungen sind Rückenprobleme und psychische Erkrankungen. "Die hohe Belastung des Arbeitsalltags führt früher oder später zu Krankschreibungen. Hier müssen auch die Arbeitgeber tätig werden und beispielsweise neue Organisations- und Arbeitsformen erproben und weiterentwickeln", so Sabrina Jacob.

Nachhaltige Finanzierung

Mit dem demografischen Wandel steigt auch die Anzahl der Leistungsempfängerinnen und -empfänger in der sozialen Pflegeversicherung. "Die zunehmend älter werdende Bevölkerung führt zu einem Ungleichgewicht in Bezug auf die Anzahl der verfügbaren Pflegekräfte und folglich zu weiteren Lohn- und Kostensteigerungen", erklärt die kommissarische Leiterin. Aufgrund dieser finanziellen Risiken wurde der Pflegevorsorgefonds als Stütze und Abfederung möglicher Beitragssteigerungen eingeführt. Jacob ergänzt: "Der Pflegevorsorgefond darf nicht nochmals zweckentfremdet werden, um kurzfristig den Bundeshaushalt zu stabilisieren. Weiterhin dürfen auch keine weiteren Belastungen auf die Beitragszahlenden zukommen. Die Bundesregierung muss ihre Koalitionsversprechen einhalten und eine nachhaltige Finanzierung vorlegen."

Hinweis an die Redaktion

Die TK in Niedersachsen hat weitere Vorschläge für die Ausgestaltung einer zukunftssicheren Pflege ein  Positionspapier verfasst.

Für die aktuelle Auswertung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hat die TK ihre rund 457.000 versicherten Erwerbspersonen in Niedersachsen betrachtet. Dazu zählen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sowie Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld I.

Die TK unterstützt im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags Beschäftigte und Führungskräfte in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern dabei, gesundheitsfördernde Maßnahmen und Strukturen im Betrieb zu schaffen. Weitere Informationen hierzu gibt es im  TK-Lebensweltenportal "Gesunde Pflege" .

Die Ergebnisse der Vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes prognostizieren in Niedersachsen eine Zunahme von 14 Prozent bis 2035 bei den Pflegebedürftigen gegenüber 2021.