"Telemedizin funktioniert nur da, wo auch die Übertragung klappt!"
Interview aus Bremen
Wie kann die stationäre Versorgung in Bremen auf sichere Beine gestellt werden? Wie lösen wir den Pflegenotstand? Und wie steht es um die Digitalisierung im Gesundheitswesen? Antworten hierzu und auf weitere gesundheitspolitische Fragen liefert Thore Schäck, Spitzenkandidat der FDP in Bremen.
TK: Die Pandemie hat die Gesundheitspolitik ins Zentrum des Interesses schnellen lassen, nun sind im letzten Jahr weitere Krisen in anderen Politikbereichen hinzugekommen, die die Menschen bewegen. Welchen Stellenwert hat die Gesundheitspolitik in Ihrem Wahlprogramm für die nächste Legislaturperiode?
Thore Schäck: Gesundheit ist ein Grundbedürfnis von uns Menschen - entsprechend wichtig ist uns Freien Demokraten dieses Thema. Auch haben wir in der Stadt Bremen städtische Kliniken, die auf der einen Seite sehr gute medizinische Arbeit leisten und auf der anderen Seite den Haushalt belasten. Ein Punkt, der uns nicht ruhig sein lassen kann.
TK: Das Thema stationäre Versorgung und die damit zusammenhängende Krankenhausreform sind zurzeit ein viel diskutiertes Thema im Land. Wie stellen Sie sicher, dass Bremen und Bremerhaven im stationären Bereich gut und bedarfsgerecht aufgestellt sind?
Schäck: Hier muss Bremen endlich seine Hausaufgaben machen. Der Landeskrankenhausplan ist überfällig, auf dessen Basis die Versorgungsaufträge an die Kliniken gegeben werden. Nun gilt es bei der Planung die künftige Struktur zu berücksichtigen. Wir brauchen eine Klinik der Maximalversorgung in Bremen, beispielsweise das Klinikum Mitte, und in Bremerhaven mit dem Klinikum Reinkenheide. Die anderen Klinikstandorte müssen dahin entwickelt werden, dass sie die lokale und regionale Versorgung sicherstellen.
Der Landeskrankenhausplan ist überfällig, auf dessen Basis die Versorgungsaufträge an die Kliniken gegeben werden. Nun gilt es bei der Planung die künftige Struktur zu berücksichtigen.
TK: Eine kleinräumige Planung allein bringt noch keine Ärztinnen und Ärzte nach Bremen. Was sind Ihre Ansätze für die zukünftige Gestaltung der ambulanten Versorgung? Und wie kann die Versorgung noch besser sektorenübergreifend gedacht werden?
Schäck: Ärztinnen und Ärzte wollen zunehmend in Medizinischen Versorgungszentren arbeiten. Diese sind eine sinnvolle Ergänzung des ambulanten Angebots. Dies ist privat auszubauen, nur da wo das nicht gelingt, sollten die Städte subsidiär tätig werden. Auch müssen Bremen und Bremerhaven attraktiv für Ärztinnen und Ärzte bleiben. Hier ist die Kassenärztliche Vereinigung gefordert, Übernahmen von Arztsitzen zu begleiten. Auch sind die Kliniken gefordert, sich weiter in der Ausbildung von Fachärztinnen und -ärzten zu engagieren, weil diese vielfach am Ort bleiben, wenn sie sich niederlassen.
TK: Was tun Sie, um zu verhindern, dass Fachkräfte aus Pflegeberufen aussteigen und um zu erreichen, dass sich mehr Menschen für den Pflegeberuf entscheiden - sowohl in der Krankenpflege als auch in der stationären und ambulanten Langzeitpflege?
Schäck: Wir werden für attraktive Arbeitsbedingungen sorgen. Das fängt bei flexiblen Arbeitszeiten und flexibler Kinderbetreuung an, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Und wir werden für ausreichend Personal sorgen, indem wir Pflegerinnen und Pflegern Hilfskräfte an die Seite stellen, sodass in einem sinnvollen Personalmix die Aufgaben bewältigt werden können.
TK: Ein weiteres Thema, das in der Gesundheitspolitik bewegt, ist die Digitalisierung. Digitale Angebote in der Versorgung werden von immer mehr Menschen nachgefragt. Was kann das Land im Bereich der Digitalisierung des Gesundheitswesens tun und was möchten Sie bewegen?
Schäck: Digitalisierung erfordert zunächst den Ausbau der Netze, damit sie funktioniert und jede Klinik und jede Praxis angeschlossen werden und jeder Zuhause dies nutzen kann. Nur dann lassen sich die medizinischen Vorteile nutzen. Telemedizin funktioniert nur da, wo auch die Übertragung klappt!
Auch wollen wir die Kliniken so ausgestattet wissen, dass sie durch Digitalisierung von Bürokratie entlastet werden.
Digitalisierung erfordert zunächst den Ausbau der Netze, damit sie funktioniert und jede Klinik und jede Praxis angeschlossen werden und jeder Zuhause dies nutzen kann.
TK: Woran erkennen wir am Ende der neuen Legislatur die erfolgreiche Handschrift der FDP in der Gesundheitspolitik im Land Bremen?
Schäck: Bisher zeigt die Stadt Bremen immer und immer wieder, dass sie keine städtischen Kliniken wirtschaftlich betreiben kann. Am Ende der Legislatur sollte Bremen von Bremerhaven gelernt haben, wie das geht und seinen Kliniksektor neu aufgestellt und dabei die frei-gemeinnützigen und städtischen Kliniken angemessen finanziell mit Investitionsmitteln, die staatlich zu tragen sind, unterstützt haben. Wir werden den Kliniksektor auf das richtige Maß angepasst haben, und es wird eine breitere ambulante Versorgung geben. In den Kliniken arbeiten dann mehr Hebammen und erste Physician Assistants, wie sie in Bremerhaven an der Hochschule ausgebildet werden, um Ärztinnen und Ärzte zu entlasten. Und es arbeiten in dem Bereich ausreichend Menschen aus verschiedenen Professionen, die wir ausgebildet, zur Rückkehr in den Beruf bewegt oder als ausländische Fachkräfte gewonnen haben. Dabei werden wir darauf achten, dass in allen Ortsteilen eine angemessene Versorgung mit Kinderärztinnen und -ärzten sowie Hausärztinnen und -ärzten sichergestellt wird.
Die Gesundheitsämter werden wir ausreichend modernisiert haben, und dort arbeiten ausreichend Menschen. Insgesamt werden wir den Sektor resilienter aufstellen, damit er nicht wieder von Pandemien getroffen werden kann, sondern auf sie vorbereitet ist.
Und wir werden die Psychiatriereform weiter vorangebracht haben, damit Menschen hier wohnortnah ambulant begleitet werden können. Auch wollen wir, dass hier das Angebot an Therapieplätzen steigt, damit Menschen nicht monatelang auf eine Behandlung ihrer psychischen Erkrankungen warten müssen.