Wie können Gesundheitsdaten sinnvoll eingesetzt werden? Wo liegen die Chancen der Künstlichen Intelligenz (KI) und wo ihre Gefahren? Und was können wir von unseren Nachbarn in Dänemark in puncto Digitalisierung noch lernen? Alles Fragen, die auf der Gesundheitspolitischen Jahrestagung der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein am 26. September unter dem Titel "Heilen mit Daten" diskutiert wurden. Dabei richtete sich der Blick vor allem auf das Nachbarland Dänemark - bekanntermaßen ein Vorreiter in der Digitalisierung. 


Wir erleben aktuell, dass digitale Anwendungen zunehmend in die Versorgung gelangen.
Sören Schmidt-Bodenstein, Leiter der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein 

In der Landeshauptstadt begrüßte Sören Schmidt-Bodenstein, Leiter der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein, die rund 120 geladenen Gäste. "Wir erleben aktuell, dass digitale Anwendungen zunehmend in die Versorgung gelangen", betonte er. Einen Ausgangspunkt für die Veranstaltung bildeten dabei die Entwürfe zum Digitalgesetz und Gesundheitsdatennutzungsgesetz des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG).

Auch der Staatssekretär des schleswig-holsteinischen Ministeriums für Justiz und Gesundheit, Dr. Oliver Grundei, hob hervor, dass das BMG mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz wichtige Schritte auf dem Weg zur Digitalisierung im Gesundheitswesen unternehme. Datenschutz und Datensicherheit müssten seiner Ansicht nach zur angemessenen Anwendung gelangen. Dabei sollten die Vorteile der Datennutzung eine besondere Aufmerksamkeit bekommen, so der Staatssekretär. Als wichtiger Standort für Biotechnologie sowie Medizinforschung und -technik habe Schleswig-Holstein bereits ein Sondervermögen eingerichtet, das innovative Projekte für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz fördere. Zudem plane das Land zwölf neue KI-Professuren in Hochschulen ein, drei davon speziell im Gebiet der Gesundheits- und Medizinanwendung.

Blick nach Dänemark

Doch wie gestaltet sich der medizinische Alltag mit fortschreitender Digitalisierung konkret? Olaf Meyer, Commercial Advisor Health Industry der KGL. Botschaft Dänemark, nahm die Gäste mit auf eine Patientenreise durch Dänemark: Von elektronischen Überweisungen über digitale Gesundheitsakten bis hin zu Rezepten - der medizinische Alltag ist beinahe völlig digitalisiert. "99 Prozent der Rezepte werden in Dänemark elektronisch ausgestellt", so Meyer. Was die Datennutzung im Gesundheitswesen betreffe, seien die Däninnen und Dänen pragmatisch: Wenn die Vorteile überwiegten, dann rücke der Datenschutz eben etwas nach hinten. 


Der beste Ort, um krank zu werden, ist Dänemark.
Helle Jack, Ärztin in Dänemark   

Digitalisierung entlastet 

Über die Unterschiede im medizinischen Alltag von Hausärztinnen und Hausärzten klärten die in Dänemark praktizierende Ärztin Helle Jack und der deutsche Allgemeinmediziner und Vorsitzende der Hausärzteverbandes Schleswig-Holstein, Dr. Jens Lassen, auf. "Der beste Ort, um krank zu werden, ist Dänemark", stellte Jack fest und verwies auf die schnelle digitale Abrufbarkeit von medizinischen Daten sowie die Rolle der Telemedizin. Auch der deutsche Hausarzt Lassen nutze in seiner Praxis in Leck bereits verfügbare digitale Anwendungen wie das eRezept. Er betonte, dass die Praxen digitale Lösungen dringend bräuchten, um entlastet zu werden. Digitale Anwendungen würden derzeit aber wie Bananenware in die ärztliche Praxis geliefert, um dort zu reifen. Gebraucht würden aber praktikable und ausgereifte Lösungen. 

Neue Wege gehen und Kundenerlebnisse schaffen 

Im Mittelpunkt der Digitalisierung sieht Daniel Cardinal, Leiter des Geschäftsbereichs Versorgungsinnovation der Techniker Krankenkasse (TK), besonders die Menschen: "Wir müssen lernen, Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt der Gestaltungsprozesse zu stellen." In seiner Vision eines digitalisierten Versorgungsmanagements stehe vor allem ein nachhaltiges und digitales Kundenerlebnis. Cardinal warb dafür, die Menschen auf ihrer Gesundheitsreise, da wo es notwendig sei, zu begleiten und zu unterstützen - bedarfsorientiert, daten- und evidenzbasiert. Wie das aussehen kann, zeigten TK-Angebote wie die Apps TK-Coach und TK-Doc.

Ein Projekt des Universitätsklinikums S.-H., Campus Lübeck, zu den Möglichkeiten eines innovativen und digitalisierten Versorgungsmanagements präsentierte anschließend Dr. Sebastian Wolfrum, Leiter der Interdisziplinären Notaufnahme. Hier optimiert ein Assistenzsystem die Prozesse in der Notaufnahme und soll so in Zukunft für ein höheres Maß an Patientensicherheit sorgen. Wolfrum verstehe die Vorbehalte gegen den Einsatz von KI im Gesundheitswesen, für ihn überwiegten dennoch die Vorteile: "Auch wenn Kritikerinnen und Kritiker der Meinung sind, dass ein System keine Diagnosestellung übernehmen kann, so kann es dennoch Vorschläge machen." 

Auch Prof. Beatrice Podtschaske, Professorin des Instituts für eHealth und Management im Gesundheitswesen der Hochschule Flensburg, hob die Chancen, Potenziale und Möglichkeiten von KI hervor. Für sie stehe die Optimierung von Leistung und Wohlbefinden von Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten im Fokus. Auch wenn die Qualität der Daten aktuell noch nicht ausreichend sei, stehe für Podtschaske fest: "Künstliche Intelligenz kann uns helfen, mit weniger Händen mehr zu tun!"