"Wir brau­chen drin­gend eine echte Reform für eine faire GKV-Finan­zie­rung"

Im vergangenen Jahr sind die Ausgaben auch bei der Techniker Krankenkasse (TK) für die medizinische Versorgung ihrer Versicherten erneut gestiegen: Allein in Niedersachsen wendete die TK im Jahr 2023 mehr als 3,2 Milliarden Euro für ihre Versicherten auf. Rund 100 Millionen mehr als im Vorjahr. Pro Kopf entspricht das für die niedersächsischen TK-Versicherten im Durchschnitt 3.471 Euro. Auch der Zehn-Jahres-Vergleich zeigt, wie sich die Kosten im Laufe der Jahre in Niedersachsen entwickelt haben.

Zehn-Jahres-Vergleich

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Die Ausgaben der gesamten GKV werden jedes Jahr größer als die Einnahmen. Dies ist ein strukturelles Defizit, das zu einer immer größer werdenden Milliardenlücke im gesamten System führt. Lösungen für dieses Dilemma seitens der Politik bleiben jedoch weiterhin aus.

Die Ausgaben der gesamten GKV wachsen jedes Jahr stärker als die Einnahmen. Sabrina Jacob, kommissarische Leiterin TK-Landesvertretung Niedersachsen

Dabei enthält der Koalitionsvertrag der Bundesregierung bereits Instrumente dem entgegenzuwirken, wie zum Beispiel die auskömmliche Finanzierung der Beiträge für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld. Doch jedwede Appelle an die Politik, diese Maßnahmenumzusetzen und damit eine Reform für eine stabile und verlässliche Finanzierung zu erarbeiten, zeigen keine Rührung. Vielmehr stehen aktuell Gesetzesvorhaben wie das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GSVG) oder das Gesunde-Herz-Gesetz (GHG) auf der Agenda, die die Beitragszahlenden noch stärker belasten werden. Auch durch den geplanten Transformationsfonds im Rahmen der Krankenhausreform sollen die Beitragszahlenden mit zusätzlichen 25 Milliarden Euro belastet werden.

Damit die Kosten jedoch nicht weiter aus dem Ruder laufen, brauchen wir dringend nachhaltige Strukturen, eine faire Finanzierung und eine echte Reform. Dazu gehört es, die stetig steigenden Ausgaben zu reduzieren und dem Wirtschaftlichkeitsgebot wieder einen höheren Stellenwert zukommen zu lassen. Für die GKV als Solidargemeinschaft sind Effizienz und Wirtschaftlichkeit kein Selbstzweck, sondern Instrumente für einen nachhaltigen Umgang mit den Beitragsgeldern oder ein besseres Versorgungsangebot.

Damit die Kosten jedoch nicht weiter aus dem Ruder laufen, brauchen wir dringend nachhaltige Strukturen, eine faire Finanzierung und eine echte Reform. Sabrina Jacob, kommissarische Leiterin TK-Landesvertretung Niedersachsen

Sabrina Jacob

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Deshalb schlagen wir unter anderem im Bereich der Hilfsmittelversorgung vor, Ausschreibungen wieder zu ermöglichen. Es hat sich bereits als bewährtes Wettbewerbsinstrument erwiesen und sollte in den dafür geeigneten Produktbereichen wieder eingeführt werden. An dieser Stelle können bei gleichbleibend hoher Versorgungsqualität bis zu 500 Millionen Euro erschlossen werden. So könnten verpflichtende Qualitätsparameter in den Versorgungsverträgen festgehalten und durch die Krankenkassen vereinbart, konsequent geprüft und bei Nichteinhaltung sanktioniert werden.

Ein weiteres Beispiel und eine wirksame Sofortmaßnahme mit dem jährlich rund sechs Milliarden Euro eingespart werden können, ist die Senkung der Umsatzsteuer für Arzneimittel auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent. Die Ausgaben der TK für Arzneimittel belaufen sich allein für Niedersachsen mittlerweile auf 622 Millionen Euro - Tendenz deutlich steigend.

Es gibt also verschiedene Beispiele, Maßnahmen und Möglichkeiten, die GKV-Finanzierung nachhaltig und fair zu gestalten und nun ist die Politik gefragt.