Seit 2024: Änderungen bei der Berechnung von Entgeltersatzleistungen für Grenzgänger:innen
Bei Grenzgänger:innen sowie Mehrstaater:innen wird bei der Berechnung von Krankengeld und Mutterschaftsgeld teilweise ein fiktiver Steuerwert abgezogen. Lesen Sie hier, welche Änderungen es 2024 gibt und was Arbeitgeber tun können, um Fehlberechnungen zu vermeiden.
Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf Entgeltersatzleistungen ihrer Krankenkasse, wenn sie krankheitsbedingt länger ausfallen oder sich im Mutterschutz befinden. Das gilt auch für alle Grenzgänger:innen und für Mehrstaater:innen, die in Deutschland versichert sind.
Arbeitgeber ermittelt Nettogehalt
Zur Berechnung dieser Entgeltersatzleistungen übermitteln Arbeitgeber alle erforderlichen Daten (insbesondere Brutto- und Netto-Arbeitsentgelt) an die Krankenkasse.
Arbeitgeber bestimmen hierfür das Netto-Arbeitsentgelt nach den üblichen arbeitsrechtlichen Vorgaben. Das bedeutet konkret: Vom Brutto-Arbeitsentgelt werden Lohnsteuer und SV-Beiträge sowie gegebenenfalls Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag abgezogen.
Nettogehalt bei Grenzgänger:innen - Berechnung mit fiktivem Steuerabzug
Für alle, die nicht in Deutschland einkommensteuerpflichtig sind, gilt: Hier werden Steuern berücksichtigt, die bei einer Steuerpflicht in Deutschland anfallen würden. Es ist also ein fiktiver Steuerabzug.
Ersatzleistung liegt unterm Nettogehalt?
Aufgrund des fiktiven Steuerabzugs kann es sein, dass die Ersatzleistung unter dem tatsächlichen Netto-Arbeitsentgelt liegt. In diesem Fall können Beschäftigte einen Antrag auf Neuberechnung bei ihrer Krankenkasse stellen.
Dadurch wird Folgendes sichergestellt: Der Betrag der Sozialleistung (die der Beschäftigungsstaat zahlt) wird auf Grundlage der tatsächlichen Besteuerung im Wohnstaat berechnet. Somit also nicht auf Grundlage einer fiktiven Besteuerung.
Vereinfachung in Kraft getreten
Seit dem 1. Januar 2024 müssen Versicherte keinen Extra-Antrag auf Neuberechnung mehr stellen. Hierfür gibt es inzwischen einen digitalen Datenaustausch zu Entgeltersatzleistungen zwischen Arbeitgebern und Krankenkassen.
Das bedeutet konkret:
- Voraussetzung: In einem Doppelbesteuerungsabkommen ist geregelt, dass Einkünfte von Beschäftigten im Wohnsitzland versteuert werden und dort ebenfalls die Entgeltersatzleistungen besteuert werden (zum Beispiel in Frankreich).
- Folge: Sie als Arbeitgeber übermitteln elektronisch das fiktive Netto-Arbeitsentgelt ohne den Abzug fiktiver Steuern und des Solidaritätszuschlags.
So ist es in der Version 12 der Verfahrensbeschreibung zum Datenaustausch (DA) verankert.
Für Zeiten bis zum 31. Dezember 2023 müssen sich betroffene Mitarbeitende direkt bei ihrer Krankenkasse melden, um eine Neuberechnung zu beantragen.
In Frankreich lebende Versicherte
Aktuell scheinen nur in Frankreich lebende Versicherte von einem für sie ungünstigen Steuerabzug betroffen zu sein. Zu diesem Fall finden Sie bei der Arbeitskammer des Saarlandes weitere Informationen.
Fiktiver Steuerabzug bald ausgeschlossen?
Der Gesetzgeber bereitet aktuell eine Rechtsänderung vor, um fiktive Steuerabzüge auch bei Entgeltersatzleistungen der Krankenkassen auszuschließen.
Das Bundessozialgericht hat bereits bei anderen Entgeltersatzleistungen pauschalisierte Abzüge ausgeschlossen: Bei der Berechnung von Kurzarbeiter- sowie Arbeitslosengeld sind seit dem 1. Januar 2023 keine fiktiven Steuerabzüge für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag mehr erlaubt (Bundessozialgericht, Urteile vom 03.11.2021, B 11 AL 6/21 R und 22.09.2022, B 11 AL 34/21 R). Die Rechtsgrundlage dafür ist § 153 Abs. 4 SGB III .
Was Sie tun können: Infos zu Doppelbesteuerungsabkommen einholen
In den zwischenstaatlichen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist geregelt, in welchen Ländern Grenzgänger:innen ihre Einkünfte versteuern müssen. Übersichten zum Doppelbesteuerungsabkommen finden Sie auch beim Bundesfinanzministerium.
Doppelbelastungen vermeiden
So können Sie als Arbeitgeber Doppelbelastungen von Beschäftigten vermeiden, bis die Rechtsänderung zu fiktiven Steuerabzügen gültig ist: Bei der Berechnung des Netto-Arbeitsentgelts berücksichtigen Sie ausschließlich die Sozialversicherungsbeiträge Ihrer Beschäftigten. Steuern und den Solidaritätszuschlag ziehen Sie nicht ab.
Informieren Sie Ihre Beschäftigten
Am besten informieren Sie Ihre Beschäftigten darüber, wie Entgeltersatzleistungen berechnet werden und welche Auswirkungen dies auf die Höhe des Netto-Arbeitsentgelts haben kann.