Schluss mit dem Grübeln
Oft geht es gerade dann los, wenn wir zur Ruhe kommen wollen: das Grübeln. Abends im Bett springt das Gedankenkarussell an und steht meist so schnell nicht mehr still. Gerade in Zeiten von Corona und gefährlicher politischer Weltlage kommen viele aus dem Grübeln gar nicht mehr heraus. Meist sind es aber die eigenen vermeintlichen Unzulänglichkeiten, alltägliche Sorgen oder Konflikte mit anderen, die wir uns wieder und wieder vorhalten. An Schlaf ist dann nicht mehr zu denken. Was tun?
Warum befallen uns unsere Sorgen gerade dann, wenn wir uns doch eigentlich erholen wollen? "Tagsüber sind wir abgelenkter. Unsere To-do-Listen halten uns beschäftigt. Abends nimmt dann die äußere ‚Geräuschkulisse‘ allmählich ab und wir sind wieder mehr auf uns selbst und unser Inneres zurückgeworfen", erklärt Diplompsychologin Bona Lea Schwab.
Um sich selbst kreisen
Beim Grübeln geraten wir in eine negative Form des Nachdenkens. "Wir verlieren uns in einer Denkschleife, die sich vor allem um unangenehme Emotionen, schlechte Bewertungen einer Situation und belastende Selbsteinschätzungen dreht", sagt Schwab.
"Grübeln macht passiv und verursacht Gefühle wie Traurigkeit, Wut oder Ohnmacht."
Es sind die typischen "Warum"-Fragen, die das Gedankenkarussell schneller werden lassen: "Warum passiert ausgerechnet mir das? Warum muss ich mich so fühlen?" Beantworten lassen sich diese Fragen nicht. So entsteht schnell ein Teufelskreis, bei dem der Blick für den Ausweg aus der bestimmten Situation verloren geht. Eine Denkgewohnheit, die Vielgrübelnde nur schwer wieder ablegen können.
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Das Versinken in Grübeln und negativen Gedanken kann auch Symptom einer Depression sein. Wenn Sie Sorgen haben, unter einer Depression zu leiden, nutzen Sie unseren Test zum Wohlbefinden . Er wurde von der Weltgesundheitsorganisation WHO entwickelt und gibt Ihnen einen ersten Eindruck, ob Ihre Sorgen berechtigt sein könnten.
Grübeln, um Unangenehmes zu vermeiden
Für das alltägliche Grübeln sind die Konflikte oft Auslöser, Entscheidungen, die wir nicht treffen, und unangenehme Emotionen, die wir vermeiden wollen. "Wer grübelt, vermeidet den Konflikt", so Schwab. Denn das Grübeln hält den Schwebezustand aufrecht. Sich ständig zu fragen: Was bedeutet das für mich? Wohin könnte es führen? Was könnte geschehen? hilft nicht weiter. Bewegung kommt dann ins Spiel, wenn wir systematisch nach einer Lösung suchen. Wenn wir uns mit dem Wohin und dem Wie beschäftigen: Was will ich eigentlich erreichen? Ist mir mein Ziel vielleicht noch nicht bewusst? Was brauche ich, um dort hinzukommen? Was könnte der erste Schritt sein?
Selbstmotivation
Raus aus dem Grübelzirkel
Grübeln wird, wie alles, was wir oft tun, eine Gewohnheit. Deshalb rät Schwab zunächst zu einer Bestandsaufnahme. Wie oft grüble ich? Zu welchen Zeiten? Was unterscheidet die Situation von grübelfreien Momenten? Gibt es Auslöser für mein Grübeln? "Allein diese Beschäftigung eröffnet eine neue Ebene, mit einem ‚Draufblick‘ und mehr Abstand zu den Gedanken, mit denen wir sonst schnell zu verschmelzen drohen", erklärt Schwab.
Achtsam das Grübeln beenden
Auch bewusste Ablenkung, zum Beispiel mittels einer To-do-Liste, kann helfen. Oder der "Gedanken-Stopp". Dabei sagen Sie sich selbst laut oder innerlich "Stopp", wenn Sie merken, dass Sie dabei sind, zu grübeln, und lenken Ihre Gedanken um. Gerade vorm Einschlafen kann das nützlich sein. Wenn es bei Ihnen immer vorm Einschlafen losgeht, sagen Sie sich Stopp und lenken Ihre Gedanken um. Zum Beispiel auf schöne Bilder oder angenehme Erinnerungen.
Eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und zu ihnen zu stehen, ist einer der ersten Schritte aus dem Grübelkarussell.
Schwab empfiehlt auch, sich beim Grübeln einfach einmal vor einen Spiegel zu setzen: "Durch solche Distanzierungsübungen lernt man, das Auftreten der Gedanken besser zu kontrollieren und ihnen weniger Glauben zu schenken."
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Themenspezial
Achtsamkeit
Gedanken und Gefühle tauchen auf und vergehen wieder - wenn wir sie lassen. Sie können das selbst feststellen, wenn Sie Ihren Gedankenstrom aufmerksam beobachten. Wenn wir grübeln, lassen wir sie nicht vergehen. Stattdessen aktivieren unsere Gedanken über das, was passieren könnte oder über unsere schwierigen Gefühle wieder und wieder unser Stresssystem und Emotionen wie Angst, Hilflosigkeit oder Ärger.
Heraus aus der Grübelfalle kommen Sie, wenn Sie Ihre Gedanken und Gefühl als das sehen können, was sie sind: vorübergehende mentale Phänomene. Halten wir nicht an ihnen fest, klingen sie von selbst wieder ab.
Innerlich zurücktreten
Aber wie schafft man das? Ein erster Ansatzpunkt ist: Treten Sie innerlich einen Schritt zurück. Nehmen Sie wahr, was Sie von Moment zu Moment in Ihrem Körper empfinden und wie es sich verändert. Nehmen Sie auch wahr, welche Gedanken Sie von Moment zu Moment haben. Wenn Sie schmerzhafte Gefühle erleben, begegnen Sie sich selbst mit Mitgefühl, statt sich Vorwürfe zu machen. Eine solche Haltung können Sie durch Übung entwickeln. Zum Beispiel im Online-Kurs Meditation und Achtsamkeit oder in Kursen vor Ort.
Freundlich zu sich selbst sein
Menschen, die viel grübeln, glauben oft, dass ihnen das Grübeln hilft, ihre Probleme zu lösen und sich selbst besser kennenzulernen. Doch das stimmt nicht. Nach unangenehmen Erfahrungen, die uns zum Grübeln bringen, ist es gerade umgekehrt. "Grübeln verlängert und verstärkt die körperliche Stressreaktion und die unangenehmen Gefühle", sagt zum Beispiel die Stressforscherin und Psychologin Dr. Johanna Janson-Schmitt aus Nürnberg.
Grübeln verlängert und verstärkt die körperliche Stressreaktion und die unangenehmen Gefühle."
Wie schon andere Forschende vor ihr hat sie in ihrer Experimenten gezeigt: Selbstmitgefühl ist ein wirksamer Weg zu weniger Stress und positiveren Gefühlen - auch und vor allem, wenn man schmerzhafte Erfahrungen durchlebt hat.