Alkoholabhängigkeit - schleichende Sucht (1/5)
Artikelserie
Gemeinsam zu feiern und anzustoßen gehört für viele zu einer geselligen Runde dazu. Doch 2,5 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholkrank und die Dunkelziffer ist hoch. Zwar schleichen sich die Trinkgewohnheiten oft unbemerkt ein, doch die Volkskrankheit verläuft meist in charakteristischen Phasen.
Alkoholkonsum mit der anfänglich entspannenden Wirkung hat Schattenseiten: In psychiatrischen Kliniken werden jährlich etwa 200.000 Personen mit der Diagnose Alkoholabhängigkeit behandelt. Jeden Tag verlieren etwa 200 Menschen in Deutschland ihr Leben als direkte oder indirekte Folge von Alkoholkonsum.
Es gibt keinen risikofreien Konsum
Geschätzt 2,5 Millionen Deutsche trinken mehr als eine sogenannte risikoarme Menge. Risikofrei ist der Alkoholkonsum nie, er geht immer mit Gefahren einher. Von einem schädlichen Gebrauch sprechen Fachleute, wenn Menschen regelmäßig zu viel trinken und dabei körperliche oder psychische Schäden durch den Alkoholkonsum in Kauf nehmen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert eine risikoarme Menge des Zellgifts Alkohol wie folgt: Bei Männern sind es maximal 24 Gramm Reinalkohol am Tag - das entspricht etwa zwei Gläsern Bier je 0,3 Liter - an höchstens 5 Tagen in der Woche. Bei Frauen liegt der Wert bei nur 12 Gramm Reinalkohol. Da ihr Flüssigkeitsgehalt im Körper niedriger ist als bei Männern, führt die gleiche Menge Alkohol bei Frauen zu einer höheren Alkoholkonzentration im Blut.
Der Krankheitsverlauf
Eine Alkoholabhängigkeit entwickelt sich in der Regel sehr individuell. Fachleute definieren bei dem Krankheitsverlauf jedoch vier Phasen:
Voralkoholische Phase
Eine Person trinkt zunächst gelegentlich, dann fast täglich. Sie versucht, mithilfe des Alkohols Stress abzubauen und negative Emotionen oder Gedanken zu vertreiben, was anfangs meist auch funktioniert. Die Phase kann Monate bis Jahre andauern. Fast unmerklich kommt es dabei zu einer Toleranzentwicklung: Der oder die Betroffene benötigt immer mehr Alkohol, um zu entspannen oder sich gut zu fühlen.
Anfangsphase (Prodromalphase)
Der Konsum steigert sich. Die Konsumentin oder der Konsument trinkt immer wieder heimlich, zum Teil schon morgens. Typisch für diese Phase ist außerdem, sich Vorräte anzulegen und auch heimlich zu trinken. Die betroffene Person nimmt wahr, dass ihr Trinkverhalten von der Norm abweicht, und entwickelt Schuldgefühle, gegen die sie wiederum anzutrinken versucht. Auch Gesprächen über den eigenen Konsum versuchen die meisten Betroffenen aus dem Weg zu gehen.
Kritische Phase
Der oder die Erkrankte ist nicht mehr in der Lage, Beginn, Menge und Ende des Trinkens frei zu bestimmen. Zunehmend entgleitet Trinkenden die Kontrolle über das eigene Leben: Vereinbarungen werden nicht mehr eingehalten und es wird immer schwieriger, die Arbeitsanforderungen zu bewältigen. Der Alkoholkonsum lässt sich nun nicht mehr verheimlichen. Das führt häufig zu Streit im familiären Umfeld oder in der Partnerschaft und auch zu Problemen im Arbeitsleben. Abstinenzvorhaben scheitern oft mehrfach, was zu Selbstvorwürfen und Selbstmitleid führen kann. Ein Teufelskreis hat sich fest etabliert. Weitere Merkmale sind:
- deutliche körperliche Entzugssymptome im nüchternen Zustand
- Vernachlässigung anderer Interessen und sozialer Kontakte
Chronische Phase
Häufig ist eine Alkoholikerin oder ein Alkoholiker tagelang betrunken und konsumiert bereits am Morgen, um die Entzugserscheinungen zu dämpfen und einfache Tätigkeiten erledigen zu können. Körper und Gesundheit werden immer mehr vernachlässigt, es kommt zu Zusammenbrüchen und Klinikeinweisungen. Die betroffene Person baut auch mental ab: Gedächtnisleistung sowie Kritik- und Urteilsfähigkeit reduzieren sich. Die Alkoholerkrankung zeigt sich oft durch körperliche Schäden, wie zum Beispiel eine Leberzirrhose oder Nervenschäden ( Polyneuropathie ).
Machen Sie sich Gedanken über Ihren Alkoholkonsum? Finden Sie mit einem Online-Selbsttest heraus, ob Ihr Trinkverhalten womöglich die Kriterien für eine Alkoholabhängigkeit erfüllt. Auch Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt sowie Suchtberatungsstellen sind geeignete Anlaufstellen, wenn Sie etwas gegen Ihren Alkoholkonsum unternehmen möchten.