Stoßwellentherapie bei orthopädischen Erkrankungen
Es klingt modern und simpel: Präzise ausgerichtete Druckwellen sollen schmerzhafte Ablagerungen an den Gelenken zerstören. Seit Jahren wird diese Technik erfolgreich bei Nierensteinen eingesetzt. Doch wie wirksam ist die Stoßwellentherapie bei orthopädischen Erkrankungen?
Orthopädische Volkskrankheiten wie Kalkschulter, Fersensporn und Tennisellenbogen machen Betroffenen das Leben schwer. Die extremen Schmerzen können über Wochen oder Monate anhalten und Bewegungen massiv einschränken. Wenig tröstlich ist da die Erkenntnis, dass diese Fehl- und Überlastungsschäden mit der Zeit meist von selbst heilen.
Die Standardtherapie hält vor allem Schmerzmittel, Kortison, Salben und Physiotherapie bereit. Helfen diese Maßnahmen nicht, kann eine Operation erwogen werden. Davor steht jedoch häufig die Frage im Raum, wie sinnvoll eine Stoßwellentherapie ist. Da unklar ist, ob die Stoßwellentherapie bewährten Therapien überlegen ist, ist sie nur bei bestimmten Voraussetzungen eine Kassenleistung, für die Diagnose Fersenschmerz bei Fasciitis plantaris. Bei anderen Diagnosen muss sie als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) selbst bezahlt werden.
Was sind Stoßwellen?
Stoßwellen sind mechanisch-akustische Druckimpulse. Sie zeichnen sich durch einen schnellen Druckanstieg und eine kurze Impulsdauer aus. Sie entstehen zum Beispiel, wenn ein Flugzeug die Schallmauer durchbricht und ein lauter Knall ertönt.
Die Behandlung mit Stoßwellen
In der Medizin werden Stoßwellen elektromagnetisch mithilfe eines speziellen Geräts, der Schallsonde, erzeugt und auf die betreffende Körperstelle gerichtet. Die Wellen durchdringen Haut und elastisches Gewebe wie Muskeln und Fett, ohne sie zu verletzen. Ihre Energie setzen sie erst frei, wenn sie auf festen Widerstand treffen. So zertrümmern sie etwa Verkalkungen oder Nierensteine.
Neben diesen sogenannten fokussierten Stoßwellen werden gelegentlich auch radiale Wellen eingesetzt. Sie sind energieärmer und breiten sich flächig aus. Ihnen wird nachgesagt, dass sie Gewebe stimulieren und die Durchblutung sowie den Zellstoffwechsel ankurbeln. Dies soll den Heilungsprozess unterstützen und Schmerzen lindern.
Wie erfolgreich ist die Behandlung?
In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Studien erschienen, die die Wirkung von Stoßwellen bei Tennisarm, Kalkschulter und Fersenschmerz untersuchten. Die Studienlage ist bislang uneinheitlich. Orientierung bietet der IGeL-Monitor: Er bewertet aktuelle Erkenntnisse zu individuellen Gesundheitsleistungen und informiert allgemein-verständlich über Nutzen und Schaden auf der Webseite www.igel-monitor.de.
Stoßwellentherapie bei Tennisarm
Beim Tennisarm sind die Strecksehnen des Unterarms und der Finger überlastet und durch die entstehenden Schmerzen sind Betroffene oft stark eingeschränkt. Die Stoßwellentherapie zielt darauf ab, mithilfe der mechanischen Wellen körpereigene Heilungsprozesse anzuregen. Da Studien jedoch nur von einem geringen Nutzen und fast immer von vorübergehenden Nebenwirkungen berichten, bewertet der IGeL-Monitor das Verfahren als "tendenziell negativ".
Stoßwellentherapie bei Kalkschulter
Kalkablagerungen an den Sehnenansätzen der Schulter können schmerzhaft und andauernd sein. Ähnlich wie bei Nierensteinen soll eine Behandlung mit Stoßwellen die Kalkdepots zertrümmern. Der IGeL-Monitor bewertet die Behandlung jedoch als "unklar", da es zwar Hinweise auf einen Nutzen gibt, aber nicht erforscht ist, wie hoch dieser ist und wie lang er anhält.
Stoßwellentherapie bei Fersenschmerz (Fasciitis plantaris)
Anders als beim Tennisarm und der Kalkschulter ist die Studienlage zur Wirksamkeit der Stoßwellentherapie bei der Diagnose Fersenschmerz bei Fasciitis plantaris belegt und darf daher unter bestimmten Voraussetzungen vom Arzt erbracht und über die Gesundheitskarte abgerechnet werden. Im Einzelfall wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt, ob bei Ihnen die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Gegenanzeigen
Die Stoßwellentherapie sollte nicht angewendet werden bei:
- Blutgerinnungsstörungen
- Bösartigen Tumorleiden im Focus der Stoßwellen
- Patienten mit Herzschrittmacher
- Schwangeren
Darüber hinaus dürfen Stoßwellen keine Weichteil- oder Knocheninfekte, offene Wachstumsfugen, Lungengewebe, den Darm, große Blutgefäße, Nerven, das Gehirn oder das Rückenmark durchdringen.
Kosten der Stoßwellentherapie
Die Kosten werden von den Krankenkassen nicht übernommen, da es sich um eine IGeL-Leistung handelt. Als IGeL werden die Kosten für eine Stoßwellentherapie nach der Gebührenordnung für Ärzte berechnet und richten sich nach der Anzahl der Sitzungen und dem benötigten Zeitaufwand. Auch für die Bestimmung der Behandlungsstelle per Ultraschall- oder Röntgenbild, die örtliche Betäubung und die Beratung kann der Arzt Kosten berechnen. Die Gesamtkosten einer Stoßwellentherapie können sich auf mehrere hundert Euro belaufen.
Tipps für das Gespräch mit Ihrem Arzt:
- Besprechen Sie, wie hoch die Erfolgschancen einer Stoßwellentherapie in Ihrem Fall sind. Bedenken Sie, dass sich Effekte der Stoßwellentherapie oft erst nach Wochen zeigen.
- Fragen Sie Ihren Arzt, wie der voraussichtliche Verlauf Ihrer Beschwerden sein wird, wenn Sie die Behandlung nicht durchführen lassen.
- Schließen Sie vor Beginn der Behandlung einen schriftlichen Vertrag mit Ihrem Arzt ab, der alle Leistungen, Sitzungen und Preise eindeutig regelt.