Inhalatives Kortison: Weniger kann mehr sein
Nach den aktuellen Empfehlungen der Fachgesellschaften für Lungenheilkunde soll ein Kortison-Spray bei COPD nur in bestimmten Fällen verordnet werden. Die Praxis sieht aber anders aus. Unterstützt durch die neuen Kombinationspräparate, hat sich das "inhalative Kortison" hartnäckig gehalten. Vom Verzicht auf Kortison können aber viele Betroffene profitieren, so zeigt es jetzt eine neue Studie.
Mit Blick auf Kortison in Sprayform sieht die deutsche Versorgungsrealität bei COPD laut Experten "desaströs" aus. Zu selten behandeln die beteiligten Fachleute so, wie es die neuen Leitlinien vorschreiben. In den ersten Stadien, wo kein Kortison empfohlen wird, erhalten trotzdem rund 30 Prozent der Betroffenen ein Kortison-Spray, während in den stark fortgeschrittenen Stadien deutlich zu selten auf diese Therapie zurückgegriffen wird.
Wichtig zu wissen: COPD und Asthma können bei rund 15-25 Prozent gleichzeitig vorliegen, was die Therapie erschwert. Denn wenn Asthma mit im Spiel ist, soll mit einem inhalativen Kortison behandelt werden, bei einer reinen COPD dagegen nur nach erfolgloser Therapie mit anderen Wirkstoffen und bei häufigen Verschlechterungen. Dies hat die FLAME-Studie klar bewiesen, aber noch nicht alle niedergelassenen Praxen berücksichtigen dies.
Kortison absetzen oder behalten?
Neue COPD-Studien belegen eindrucksvoll, wie optimal die Behandlung mit bronchienerweiternden Medikamenten wirkt. Dies gilt offenbar auch für eine fortgeschrittene, aber stabile Erkrankung. In diesem Fall besteht kein Grund, das erhöhte Risiko für eine Lungenentzündung durch Kortison einzugehen. Grundsätzlich raten Fachleute für Lungenheilkunde heute bei COPD bezüglich Kortison zu einer "Dropdown-Therapie". Das bedeutet, so wenig wie möglich, so viel wie nötig und im Zweifel kontrolliert absetzen oder reduzieren.
Das bedeutet für Sie: Wer ein inhalatives Kortison als Einzelpräparat oder in Kombination mit anderen Medikamenten erhält, sollte dies beim nächsten Kontrolltermin besprechen. Bei einer längeren Einnahme kann ein spezieller Biomarker im Blut bestimmt werden, der die Entscheidung erleichtert. Liegt dieser Marker (Eosinophilen-Zahl) unter 400, kann Kortison kontrolliert abgesetzt werden. Liegt die Zahl über 400 und die COPD verschlechtert sich schubweise, sollte das inhalative Kortison beibehalten werden.
Kombipräparate: Keine Sorge vor dem Absetzen
Die Medizin ist heute in der Lage genau herauszufinden, welche Menschen mit COPD von einer Dreifachkombination mit inhalativem Kortison auf eine Zweifachkombination ohne Kortison umgestellt werden können. Aktuelle Studien zeigen deutlich, dass sich die COPD durch das langsame, schrittweise Absetzen von Kortison nicht verschlechtert und - im Gegenteil - in einigen Fällen sogar verbessert. Die Lungenfunktion fiel insgesamt besser aus und es waren weniger Notfallmedikamente erforderlich.
Unser Tipp: Viele Menschen mit COPD gehen nicht regelmäßig zu einer lungenfachärztlichen Untersuchung, sondern werden beispielsweise ausschließlich beim Hausarzt oder in einer internistischen Praxis behandelt. Dies begünstigt möglicherweise die Übertherapie mit Kortison. Insofern sollten jeder mit COPD in regelmäßigen Abständen mit der Arztpraxis besprechen, ob zur Optimierung der Therapie eine pulmologische Facharztpraxis eingebunden werden muss.