Wie sich die Uni mit der TK für ihre Beschäftigten einsetzt
Interview aus Saarland
Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) wird für Arbeitgeber immer wichtiger. Das hat auch die Universität des Saarlandes (UdS) erkannt und kooperiert in diesem Bereich seit 2017 mit der Techniker Krankenkasse. Frau Dr. Birgit Michel-Dittgen, Projektleitern des BGM an der UdS, schildert uns im Interview Details des Projekts.
TK: Die Universität des Saarlandes kooperiert seit 2017 mit uns als Techniker Krankenkasse im Bereich Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Wie kam es dazu und warum haben Sie sich ausgerechnet für die TK entschieden?
Dr. Birgit Michel-Dittgen: Im Grunde haben wir uns erstmal dazu entschieden, überhaupt ein Betriebliches Gesundheitsmanagement einzuführen. Wir haben in der Zeit vor der Kooperation an der Universität des Saarlandes in sehr großem Maße umstrukturiert und dabei ist an vielen Stellen eine gewisse Unsicherheit aufgetreten. Daher haben wir als Abteilung Personalentwicklung mit vielen Einblicken in die Unternehmensstruktur einige Bedarfe gesehen. So war zu erkennen, dass an manchen Stellen die Belastung für die Mitarbeitenden ziemlich hoch war. Gleichzeitig haben sich die Führungskräfte gewünscht, eine Fürsorgeverantwortung übernehmen zu können. Das war dann der Impuls auch wirklich ein BGM einzuführen.
Wir haben uns schließlich auf die Suche nach einem Kooperationspartner gemacht und haben uns über die Option gefreut, dass die Krankenkassen bei diesem Thema eine Begleitung anbieten. Wir hatten dann Kontakt zur Techniker Krankenkasse und hatten den Eindruck, eine fachlich sehr gute und kompetente Kooperationspartnerin gefunden zu haben - auch weil die TK gerade im Hochschulsektor sehr aktiv ist.
TK: Die Kooperation wurde bereits drei Mal verlängert. Die Partnerschaft scheint erfolgreich zu sein. Wie wurde und wird das Projekt von Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgenommen?
Dr. Michel-Dittgen: Bis wir mit einem neuen Projekt alle Einheiten durchdrungen haben, also die Angebote und deren Nutzen sichtbar gemacht haben, dauert es eine Weile. Und davor stand ja noch das Bilden der Strukturen auf dem Plan, die es für ein funktionierendes BGM braucht, beispielsweise auf die Bildung des BGM-Steuerkreises. Zusätzlich haben wir bei Führungskräften und Stakeholdern im System für Verständnis und Bewusstsein für dieses Thema werben müssen. Erst danach sind wir wirklich operativ tätig geworden.
Wir merken in den letzten Jahren aber auch massiv, beispielsweise durch Befragungen, dass mit dieser Bewusstseinsveränderung das BGM wesentlich stärker in den Fokus gerückt ist.
Ab diesem Zeitpunkt waren die Angebote für Mitarbeitende sichtbar und dann wurde es auch relativ schnell gut angenommen. Beispielsweise hatten wir sehr gute Rückmeldungen auf den Gesundheitstag. Wir merken in den letzten Jahren aber auch massiv, beispielsweise durch Befragungen, dass mit dieser Bewusstseinsveränderung das BGM wesentlich stärker in den Fokus gerückt ist. Und ich finde, im vergangenen Jahr ist die Nachfrage noch einmal deutlich gestiegen. Die Akzeptanz ist mittlerweile sehr gut, doch ein kleines Aber gibt es auch: Manche Personalgruppen erreichen wir deutlich besser als andere - etwa wegen bestimmter Personalstrukturen. Also wir haben schon noch einen Weg vor uns.
TK: Haben Sie konkrete Analysemethoden, um den Prozess zu evaluieren? Wenn ja, welche sind das und wie funktionieren diese im Einzelnen?
Dr. Michel-Dittgen: Wir setzen Mitarbeitenden-Befragungen ein, die wir bis jetzt aber immer auf bestimmte Organisationsbereiche begrenzt haben. Nichtsdestotrotz ist das für uns sehr hilfreich und wir sehen im Laufe der fast fünf Jahre auch Verbesserungen. Qualitativ aussagekräftiger sind aber sicher die lokalen Maßnahmen, wie beispielsweise unsere Teamwerkstätten. In diesen wird in geschlossenen Bereichen der Ist-Zustand analysiert und Handlungsschritte abgeleitet.
2023 werden wir außerdem erstmals den umfangreichen Bielefelder Fragebogen einsetzen und das dann organisationsweit. Das ist eine Methode, die von der Universität Bielefeld explizit zur Erfassung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz entwickelt wurde und häufig im Rahmen des BGM an Hochschulen eingesetzt wird. Das ist dann eine tolle Möglichkeit für uns, gezielt dort zu evaluieren, wo wir schon in geschlossenen Bereichen im BGM tätig sind.
TK: Können Sie dafür beispielhaft Ergebnisse nennen?
Dr. Michel-Dittgen: Ja, wir haben beispielsweise in einigen Einheiten bereits zwei Befragungen durchgeführt und sehen da schon Verbesserungen. Wir merken es aber vor allem in der Evaluation eines BGM-Zyklus innerhalb einer geschlossenen Gruppe. Nach einer Informationsveranstaltung und den angesprochenen Teamwerkstätten geht es in die Umsetzungsphase. Nach dieser wird dann besprochen, wie sich der Zustand geändert hat und wo es eventuell noch Handlungsbedarf gibt. Das ist für die Einheit effektiver als eine Befragung, die nicht ganz auf diese Ebene heruntergebrochen werden kann. Dabei sehen wir deutliche Erfolge. Ein weiteres Indiz ist die steigende Nachfrage, weil sich die Maßnahmen unter den Mitarbeitenden herumsprechen.
TK: Gibt es weitere Veränderungen, die Sie wahrnehmen, beispielsweise in der Unternehmenskultur?
Dr. Michel-Dittgen: Ja schon, auch wenn die Unternehmenskultur natürlich ein sehr weiter Begriff ist. Aber ich finde, das kann man immer an kleinen Indikatoren festmachen. Insgesamt hat man das Gefühl, dass der Zusammenhang zwischen Arbeitsbelastung und Gesundheitserleben vielen bewusster ist.
Insgesamt hat man das Gefühl, dass der Zusammenhang zwischen Arbeitsbelastung und Gesundheitserleben vielen bewusster ist.
Wir merken zum Beispiel an den Prozessen des betrieblichen Eingliederungsmanagements, dass diese offener und lösungsorientierter verlaufen. Außerdem sehen wir, dass Führungskräfte diese Angebote immer stärker in Anspruch nehmen, um das Thema proaktiv anzugehen und nicht erst zu handeln, wenn ein Problem entstanden oder bekannt ist. Ein weiterer Aspekt ist, dass man schon bei der Einrichtung neuer Einheiten auf das Miteinander, die Gesunderhaltung und die Arbeitsbelastung achtet. Ich denke, da sind wir auf einem guten Weg.
TK: Welche Maßnahme ist denn gerade jetzt in der Umsetzung und welche sind besonders erfolgreich beziehungsweise beliebt?
Dr. Michel-Dittgen: Wir haben im Grunde drei Handlungsebenen, die parallel laufen. Das sind beispielsweise offene, niedrigschwellige Angebote, wie Gesundheitstage oder eine Schritte-Challenge, bei der die Mitarbeitenden dazu aufgerufen waren, täglich ihre Schritte zu sammeln. Da sehen wir über die Jahre, dass wir erfolgreich sind, weil die Inanspruchnahme deutlich steigt.
Der zweite Strang sind spezielle Angebote für bestimmte Gruppen, beispielsweise für die Kolleginnen und Kollegen in den Sekretariaten oder über 50. Da fragen wir im Vorfeld Themen ab, die diese Gruppen besonders umtreiben, und bieten entsprechende Maßnahmen an.
Die dritte Linie sind die oben genannten BGM-Zyklen in geschlossenen Gruppen, also etwa Dezernate oder Abteilungen. Da starten wir dann entsprechend einen kompletten Prozess und das ist dann auch alles etwas langfristiger angelegt. Dabei sehen wir in allen drei Strängen eine gute Resonanz.
TK: Zum Abschluss noch ein kleiner Blick in die Zukunft. Wann würden Sie sagen, dass Sie mit dem BGM der Universität des Saarlandes wirklich zufrieden sind?
Dr. Michel-Dittgen: Also wir sind zufrieden mit dem Status quo und können froh sein, mit dem, was wir bis jetzt erreicht haben. Gerade wenn man sieht, wie lange wir das Thema erst aktiv angehen. Auf einer Skala von eins bis zehn sind wir bei einer Zehn, wenn wir sagen können, alle unsere Mitarbeitenden kennen die Angebote und haben im besten Fall schon an einem teilgenommen. Und wenn wir es geschafft haben, die Themen Gesundheitsförderung und gesunde Arbeit universitätsweit gut zu platzieren, sodass das Thema in allen Prozessen mitgedacht wird.
Zur Person:
Dr. Birgit Michel-Dittgen ist Leiterin der Personalentwicklung und des Betrieblichen Gesundheitsmanagements an der Universität des Saarlandes. Zusätzlich ist sie als Trainerin und Dozentin sowie Systemische Beraterin, Therapeutin und Supervisorin für verschiedene Organisationen in Deutschland, Luxemburg und der Schweiz tätig.