Diagnostik und Therapie unter einem Dach
Interview aus Saarland
Privatdozent Dr. Julian Topaly ist Leiter des Onkologischen Zentrums am CaritasKlinikum Saarbrücken. Im Interview erklärt er, welche Vorteile das Zentrum bietet und welches Potenzial er in Gesundheitsdaten für die Onkologie sieht.
TK: Sehr geehrter Herr Privatdozent Dr. Topaly, Sie leiten seit Januar 2022 das interdisziplinäre Onkologische Zentrum am CaritasKlinikum Saarbrücken. Wie bewerten Sie Ihre ersten beiden Jahre und auf was sind Sie besonders stolz?
Priv.-Doz. Dr. med. Julian Topaly: Mein Amtsantritt fiel mittel in die Pandemie-Phase und stellte uns vor enorme Herausforderungen. Ich bin stolz darauf, dass es uns dank eines motivierten Teams trotzdem gelungen ist, die hochwertige Patientenversorgung stets aufrecht zu halten. Die Zusammenarbeit mit den internen und externen Kolleginnen und Kollegen funktioniert ausgezeichnet und ich freue mich, dass unsere Arbeit durch die stets positiven Rückmeldungen im Zertifizierungsprozess durch die Deutsche Krebsgesellschaft bestätigt wird.
TK: Wie sieht die Arbeit des Onkologischen Zentrums aus und warum ist diese so wichtig?
Priv.-Doz. Dr. med. Topaly: Unser Ziel ist es, jedem Krebs-Patienten eine individuelle und maßgeschneiderte Therapie basierend auf den neuesten Erkenntnissen anzubieten. Ein entscheidender Vorteil in unserem Onkologischen Zentrum besteht darin, dass nahezu die gesamte Diagnostik und Therapie unter einem Dach stattfindet. Das ist in dieser Form einzigartig im Saarland. Jeder Fall wird in unseren interdisziplinären Tumorkonferenzen behandelt und alle Spezialisten der Organzentren und Fachabteilungen arbeiten Hand in Hand - die Patienten profitieren also von der gesamten Expertise aller Berufsgruppen. Neben den spezialisierten Fachärzten der verschiedenen diagnostischen und therapeutischen Disziplinen wirken an der ganzheitlichen Betreuung Fachpflegekräfte, Psychoonkologen, Physiotherapeuten, Ernährungsberater, Seelsorger, Schmerztherapeuten, Onkolotsen, Sozialberater und Palliativmediziner mit.
TK: Die Erhebung und Auswertung von Gesundheitsdaten kann wichtige Informationen für die Versorgung, Diagnostik und Behandlung liefern. Welches Potenzial sehen Sie persönlich darin, gerade im Bereich Onkologie?
Priv.-Doz. Dr. med. Topaly: Die Auswertung von Gesundheitsdaten in der Routine-Versorgung ist wichtig, um einen Überblick über die Gesamtsituation zu erhalten. Nur so können bedarfsorientierte regionale Präventionsmaßnahmen erarbeitet und die bestehenden Vorsorgeprogramme angepasst und weiterentwickelt werden. Die Patientendaten werden bei uns lückenlos dokumentiert und wir arbeiten eng mit dem saarländischen Krebsregister zusammen.
TK: Wie wird sich aus Ihrer Sicht die onkologische Versorgung in den nächsten Jahren verändern? Werden teure Therapien auch weiter allen Versicherten offenstehen?
Priv.-Doz. Dr. med. Topaly: In den letzten 20 Jahren gab es einen rasanten Fortschritt in der Medizin und insbesondere in der Onkologie. Ich gehe fest davon aus, dass die Entwicklung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen in immer höherem Tempo weitergeht. Viele neu entwickelte Therapien sind leider teuer. Wir Mediziner wollen selbstverständlich jedem einzelnen Patienten die bestmögliche Therapie anbieten. Es ist jedoch Aufgabe von Politik und Gesellschaft, einen Konsens darüber herzustellen, welchen Preis wir bereit sind für die Versorgung kranker Menschen bei knapper werdenden Ressourcen zu bezahlen.
TK: Eine persönliche Frage zum Abschluss: Warum sind Sie Arzt geworden und wie kam es zur Spezialisierung auf Hämatologie und Onkologie?
Priv.-Doz. Dr. med. Topaly: Zwei meiner Großeltern waren Ärzte und meine Eltern waren Grundlagenforscher im Bereich der Biophysik, ich bin also mit einem großen Interesse an Naturwissenschaften aufgewachsen. Gleichzeitig war es mir immer ein Bedürfnis, mit Menschen zu arbeiten. So lag die Entscheidung nahe, Medizin zu studieren. Während des Medizinstudiums hat mich dann ein guter Freund für die Hämatologie und Onkologie begeistern können - und ich habe diese Wahl zu keinem Zeitpunkt bereut. Es ist in meiner Wahrnehmung eines der aktuell spannendsten Medizinbereiche, auf dem sich wahnsinnig viel tut.
Zur Person
Privatdozent Dr. Julian Topaly hat in Moskau und Heidelberg Humanmedizin studiert und anschließend am Deutschen Krebsforschungszentrum und am Uniklinikum in Heidelberg geforscht, er ist Autor zahlreicher Publikationen in medizinischen Fachzeitschriften, Kongress- und Buchbeiträge. Topaly promovierte 2002 und habilitiere 2013 an der Universität Heidelberg und lehrt dort regelmäßig als Privatdozent. Seine Facharztausbildung hat er an der Universitätsklinik Heidelberg absolviert. Nach Oberarzt-Stellen in Osnabrück und am Uniklinikum Schleswig-Holstein in Kiel, leitete er seit 2011 als Onkologe das Medizinische Versorgungszentrum im Klinikum Osnabrück. Der 48-Jährige ist Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und internistische Onkologie und besitzt die Zusatzbezeichnungen Palliativmedizin sowie Hämostaseologie und leitet seit 2022 das Onkologische Zentrum des CaritasKlinikum Saarbrücken.