Erfolgreiche Kombination aus Heimatkunde und Prävention
Interview aus Sachsen
"Bewegung im Stadtteil" ist ein Dresdner Projekt, was im Rahmen des Programms "Gesunde Kommune" von der Techniker Krankenkasse gefördert wurde. Im Mittelpunkt stehen Stadtteilspaziergänge; Dresdner Bürgerinnen und Bürgern stellen ihren Nachbarinnen und Nachbarn sowie Gästen auf diese Art ihren Stadtteil vor.
Willkommene Synergieeffekte sind die Förderung von Bewegung und kognitiver Aktivität, aber auch soziale Teilhabe. Bislang sind im Stadtgebiet von Dresden bereits neun Rundgänge dieser Art entstanden und in kleinen Broschüren veröffentlicht worden. Das Projekt läuft jetzt nach der Anschubfinanzierung weiter. Darüber sprachen wir mit Dr. Kristin Klaudia Kaufmann, Bürgermeisterin und Beigeordnete für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen in Dresden.
TK: Wie geht es mit dem Projekt "Bewegung im Stadtteil" jetzt weiter?
Dr. Kristin Klaudia Kaufmann: Das Interesse ist unglaublich groß, was die Rundgänge, aber auch das Gestalten der Routen und das Erarbeiten der dazugehörigen Broschüren betrifft. Mit vergleichsweise wenig Aufwand kann man sehr viel erreichen: die Freude an der Bewegung, an der Begegnung, am Wohnquartier und gegebenenfalls auch für andere Nachbarschaften. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die wir unbedingt weiterschreiben wollen. Die TK hat uns durch ihre Unterstützung die Chance gegeben, das Projekt ein bisschen größer zu denken und das wird in der Zukunft mithilfe anderer Finanzierungsmöglichkeit hoffentlich weitergehen. Wir prüfen dazu gerade verschiedene Fördermittel. Wir wollen in den nächsten Jahren weiterhin Multiplikatorenschulungen durchführen, wo das Knowhow weitergegeben wird, wie man Rundgänge und Broschüren erarbeitet. Es geht auch um regelmäßige Austauschtreffen der Multiplikatoren untereinander.
Das ist eine Erfolgsgeschichte, die wir unbedingt weiterschreiben wollen.
TK: Gibt es schon konkrete neue Broschüren in Aussicht?
Dr. Kaufmann: Momentan arbeiten wir an zwei neuen Stadtteilbroschüren, die noch nicht veröffentlicht sind: Blasewitz und Gruna. Diese sind ganz neu und werden gerade von Seniorengruppen, die sich aus der Multiplikatorenschulung des vergangenen Jahres zusammengetan haben, erarbeitet. Es gibt auch schon erste Vorbereitungen für zwei weitere Stadtteile, Löbtau und Rochwitz. Die Broschüre für einen Stadtrundgang im Stadtteil Prohlis soll noch dieses Jahr veröffentlicht werden, die ist bald fertig.
TK: Im Rahmen dieses Vorzeige-Projektes wurde ein Kompetenzforum durchgeführt, bei dem verschiedene Kommunen teilgenommen haben und die Inhalte kennenlernen konnten. Gibt es bereits andernorts Nachahmer?
Dr. Kaufmann: Ja, wir haben das Projekt schon in verschiedene Städte getragen und die adaptieren diese Idee. Beispielsweise in Nürnberg, Altenburg, Stützengrün oder Meißen wurden teilweise auch schon Broschüren entwickelt. Momentan sind unsere Fokusgruppen Seniorinnen und Senioren sowie gehbehinderte Menschen. Wir wollen auf neue Zielgruppen fokussieren und beispielsweise auch Kundinnen und Kunden des Jobcenters und Pflegebedürftige erreichen. Neben Qualifikationsdefiziten, sind es oft körperliche und psychosomatische Probleme, die ein Großteil der Menschen im Jobcenter hat. Hier setzen wir an. Wir wollen die Menschen wieder aktivieren, quasi proaktiv sich mit Themen ihrer Mobilität, ihrer Gesundheit und der eigenen Achtsamkeit auseinanderzusetzen. Sie sollen durch gesundheitsfördernde Bewegung wieder neue Energien freisetzen, Selbstvertrauen gewinnen und zu sich sagen können: ich packe diesen Job, der mir angeboten wird. Ich bin zuversichtlich, dass solche Angebote abseits der gewöhnlichen Fortbildungskurse und Weiterbildungsmaßnahmen Erfolg haben.
TK: Welche Bedeutung hat für Sie persönlich dieses Projekt für die Stadt Dresden?
Wir wollen die Menschen wieder aktivieren.
Dr. Kaufmann: Das Projekt liegt mir sehr am Herzen. Ich bin selbst mit meiner Familie viel unterwegs, wir gehen gerne wandern und joggen. Unter Coronabedingungen haben ganz viele Menschen das Spazierengehen und Erkunden der eigenen Nachbarschaften für sich entdeckt. Man sieht, was es für schöne interessante Dinge vor der Haustür kennenzulernen gibt und kommt dann gegebenenfalls auch mit Nachbarinnen und Nachbarn ins Gespräch. Eine Kombination aus Heimatkunde und Prävention. Unterm Strich ist das ein niederschwelliges Angebot, das Spaß macht, verbindet, aktiviert, in Bewegung bringt, Kontakte zu Dritten verschafft und insofern mit wenig Aufwand ganz viel Nutzen stiftet.