Digitalisierungsstrategien von Kliniken
Interview aus Niedersachsen
Mit der Novellierung des NKHG und dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) ist derzeit viel Bewegung in der Frage um die zukünftige Aufstellung und Ausrichtung der Krankenhäuser. Dabei steht gerade in Niedersachsen das Thema der Patientensicherheit besonders im Fokus.
Auch die Digitalisierungsstrategien von Kliniken sind ein wichtiger Parameter für deren Zukunftsfähigkeit. Das spiegelt sich auch im Masterplan Digitalisierung der Landesregierung wider.
Zu den beiden Themen befragten wir Claudia Schröder.
TK: Frau Schröder, was ist das Ziel der Novellierung des Krankenhausgesetzes?
Claudia Schröder: Im Oktober 2018 hat der Niedersächsische Landtag die Novelle des Krankenhausgesetzes (NKHG) einstimmig verabschiedet. Das Gesetz tritt zum 1. Januar 2019 in Kraft. Diese Novellierung stand und steht ganz im Zeichen der Patientensicherheit.
Das novellierte NKHG sieht ein ganzes Maßnahmenbündel vor, um zukünftig eine Wiederholung der schrecklichen Mordserie, wie sie sich in Delmenhorst und Oldenburg ereignet hat, zu verhindern. Insbesondere setzt das Gesetz darauf, das ärztliche und pflegerische Krankenhauspersonal konkret zu unterstützen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Krankenhaus zu befördern. Gleichzeitig soll eine Fehlerkultur etabliert werden. Das Risiko von Medikationsfehlern - ob aus Versehen oder vorsätzlich- kann so deutlich gesenkt, Gefährdungsmuster können frühzeitig erkannt werden.
TK: Welche Maßnahmen sind das konkret?
Schröder: Erstens: Jedes Krankenhaus muss ein anonymes Fehlermeldesystem einführen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können hier anonym Verdachtsmomente melden, die Krankenhäuser sind verpflichtet diese Meldungen auszuwerten und bei gravierenden Meldungen dem Gesundheitsministerium unverzüglich zu berichten.
Zweitens: Jedes Krankenhaus muss Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen durchführen, damit Unregelmäßigkeiten durch unerwartet schwere Krankheitsverläufe oder unerwartete Todesfälle frühestmöglich wahrgenommen und geprüft werden.
Drittens: Jedes Krankenhaus muss eine Arzneimittelkommission einrichten, die die krankenhausinterne Arzneimittelliste führt und das Personal bei der Arzneimitteltherapiesicherheit berät und unterstützt.
Viertens: Jedes Krankenhaus muss Stationsapothekerinnen oder Stationsapotheker in ausreichender Zahl (bis spätestens 01.01.2022) als Beratungspersonen für die Stationen einsetzen.
Fünftens: Jedes Krankenhaus muss einen Plan zur Unterstützung bei berufsbezogenen Belastungen für das mit der Patientenversorgung beschäftigte Personal erstellen, um der hohen Dauerbelastung im beruflichen Alltag präventiv entgegenzuwirken.
TK: Wie wird die Umsetzung der Maßnahmen begleitet und sichergestellt?
Schröder: Erstmalig wird mit dem novellierten NKHG eine Krankenhausaufsicht normiert, die sich auf die Einhaltung und Umsetzung dieser konkreten Maßnahmen erstreckt. Zu diesem Zweck ist eine entsprechende Auskunftspflicht der Krankenhäuser in das Gesetz aufgenommen worden.
Daneben hat der Niedersächsische Landtag auch das Bestattungsgesetz novelliert, damit durch eine erweiterte Leichenschau unnatürliche Todesursachen besser erkannt werden.
TK: Nach der Novellierung ist vor der Novellierung - wie geht es 2019 weiter?
Schröder: Der Niedersächsische Landtag beabsichtig eine Enquetekommission "Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen - für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung" einzusetzen. Darüber hinaus werden auf Bundesebene Empfehlungen zu planungsrelevanten Qualitätsindikatoren erarbeitet, die es auf Länderebene umzusetzen gilt. Es gilt daher in 2019 die nächste Novellierung des NKHG mit dem Schwerpunkt "Qualität der Patientenversorgung" vorzubereiten und die Ergebnisse der Enquetekommission sowie die Empfehlungen auf Bundesebene umzusetzen.
TK: Zum Schluss noch eine Frage zur Digitalisierung, welche Impulse werden hier gesetzt?
Schröder: Die Digitalisierung wird zukünftig einen wichtigen Beitrag bei der Sicherung einer flächendeckenden hochwertigen Gesundheitsversorgung in Niedersachsen leisten. Notwendig ist eine übergreifende digitale Transformation des stationären und ambulanten Gesundheitssektors. Dabei gilt es vorhandene technische Verfahren zu vernetzen, erfolgreiche Ansätze der Digitalisierung schnellstmöglich flächendeckend auszubauen und weitere innovative Modellvorhaben zu fördern. Mit dem Masterplan Digitalisierung wird das Gesundheitsministerium unter anderem verschiedenen Telemedizinische Projekte sowie den flächendeckenden Ausbau eines webbasierten Notfallmanagementsystems in den Krankenhäusern fördern.
TK: Vielen Dank, Frau Schröder.
Zur Person
Claudia Schröder wurde am 14. Mai 1960 in Offenburg geboren und hat zwei Kinder.
Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Hannover war sie zunächst tätig als Rechtsanwältin und seit Anfang 1990 als Juristin in der Landessozialverwaltung in Niedersachsen, zuletzt als Präsidentin des Landessozialamtes.
Anfang 2012 erfolgte der Wechsel in das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Hier als Ministerialdirigentin zunächst mit der Leitung der Abteilung Soziales und Pflege betraut, seit November 2015 Abteilungsleiterin Gesundheit und Prävention.