TK: Herr Holsten, Sie sind ganz frisch zum gesundheitspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch! Welche Themen brennen Ihnen in der niedersächsischen Gesundheitspolitik besonders auf den Nägeln?

Eike Holsten: Vielen Dank für die Glückwünsche. Ich freue mich sehr über das Vertrauen meiner Fraktionskollegen. Bei den brennenden Themen sind der Hausarztmangel, die Hebammenversorgung und die fortschreitende Digitalisierung zu nennen. Aber die Liste lässt sich beliebig lang fortführen. Die steigende Lebenserwartung, dank medizinischen Forstschritts, ist ein Segen für unsere Gesellschaft. Hohes Alter bringt aber auch zunehmende Herausforderungen im Bereich der Pflege. Worunter das System heute schon ächzt, wird es sich in Zukunft ohne Reformen und Investitionen in Infrastruktur nicht mehr leisten können. Und der Blick auf die pflegenden Angehörigen, die bald vier Fünftel der Pflegearbeit im Land übernehmen, kommt mir viel zu kurz. 

Worunter das System heute schon ächzt, wird es sich in Zukunft ohne Reformen und Investitionen in Infrastruktur nicht mehr leisten können. Eike Holsten, CDU-MdL Niedersachsen

Außerdem sehen wir nicht, dass das Land bei der Gesundheitsvorsorge seinen Teil leistet. Die reine Verstetigung der Mittel für Träger der Wohlfahrtspflege, über die vergangenen Jahre, sorgt für ein Ausbluten vieler Angebote. Zum Beispiel im Bereich des Drogenkonsums, Stichwort Cannabis, oder bei psychischen Erkrankungen wird uns das bei den Kosten im Gesundheitswesen bitter einholen. 

Daneben liegt der Fokus unserer Fraktion auf dem Kinderschutz. Von Kinderschutzambulanzen, über effektiven Datenaustausch bis hin zu Präventionsprogrammen ist hier vieles machbar, was bislang zu zögerlich angepackt wurde. Da brauchen wir verstärkten Druck auf die Regierung. 

Und natürlich haben wir in der vergangenen Wahlperiode, im Nachgang der Enquetekommission zur Gesundheitsversorgung, ein modernes Krankenhausgesetz beschlossen. Übrigens mit breiter Akzeptanz aller Beteiligter. Dessen Umsetzung ist mit Hinweis auf das kommende Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) gebremst worden. Beide Reformen werden uns diese Wahlperiode sehr fordern.

Eike Hols­ten, MdL

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Gesundheitspolitischer Sprecher (CDU) im niedersächsischen Landtag

TK: Im Bundestag wurde die Krankenhausreform schon beschlossen, am 22. November tagt der Bundesrat. Wie geht es aus Ihrer Sicht mit der Reform weiter?

Holsten: Noch vor über einem Jahr sind die Länder mit Geld und Mitbestimmung in Richtung Reform gelockt worden. Diese beiden und viele weitere Versprechen wurden gebrochen. Keine gute Ausgangslage für Ende November. Wir fordern unsere Landesregierung auf, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um die Forderungen der Länder - unter anderem zur Planungshoheit, Übergangsfinanzierung und Entbürokratisierung - zu verhandeln. 

Ich halte aber ein komplettes Scheitern der Reform, vor dem Hintergrund der Berliner Kulisse, nicht mehr für ausgeschlossen. Ebenso ist denkbar, dass wenn es noch Geld über ein Vorschaltgesetz geben sollte, ausreichend Länder einknicken und diese verkorkste Reform mitmachen. So interpretiere ich zum Beispiel die Aussagen unseres Gesundheitsministers in diesen Tagen. Einem solchen Versprechen auf ausreichend Geldmittel, aus dem Mund von Lauterbach, würde ich aber nicht von jetzt bis gleich trauen wollen.

Zur Umsetzung der Reform muss das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) noch eine Rechtsverordnung erlassen, der die Länder im Bundesrat zustimmen müssen. Der Zeitplan sieht vor, dass die Verordnung im II. Quartal 2025 kommt. Nachdem die Bundesregierung zerbrochen ist, stelle ich mir die Frage, wie es damit weitergehen soll. Dazu wird der Bund eine Antwort liefern müssen, bevor im Bundesrat über das Gesetz entschieden werden kann.

TK: Ein wesentlicher Aspekt soll die Steigerung der Versorgungsqualität sein. Ist die Krankenhausreform aus Ihrer Sicht das richtige Mittel, um die Versorgung der Menschen im Land zu verbessern? 

Holsten: Ich halte die Sorgen für berechtigt, dass uns Ländern absehbar der notwendige Spielraum fehlt, eigene Planungen umzusetzen. Ob kleine ländliche Krankenhäuser erhalten werden können, dort wo es notwendig ist, kann heute niemand vorhersagen. Die Ausnahmemöglichkeiten sind hier nach wie vor nicht ausreichend. Diese Reform ist nicht nur wegen der mangelnden Auswirkungsanalyse ein totaler Blindflug, sondern eben auch, weil zu viel in spätere Rechtsverordnungen und in Richtung Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ausgelagert wird.

TK: Kommen wir noch zu einem anderen Thema: Ab 15. Januar 2025 wird die elektronische Patientenakte (ePA) sukzessiv für alle gesetzlich Versicherten ausgerollt. Was versprechen Sie sich von der Einführung?

Holsten: Die elektronische Patientenakte ist ein wirksames Instrument, um unser Gesundheitssystem zu modernisieren und die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern. Unter Unionsführung wurde hierfür im Bund der Grundstein gelegt, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen zu beschleunigen. Durch die Speicherung der Befundberichte, Arztbriefe, Operationsberichte und Medikationsliste können Praxen, Krankenhäuser und Apotheken unkompliziert auf alle wichtigen Gesundheitsinformationen zugreifen. Dadurch können Ärztinnen und Ärzte schneller die bestmöglichen Behandlungen durchführen und Mehrfachuntersuchungen werden vermieden. In Notfällen kann die elektronische Patientenakte sogar dazu beitragen, Menschenleben zu retten. 

In Notfällen kann die elektronische Patientenakte sogar dazu beitragen, Menschenleben zu retten. Eike Holsten, CDU-MdL

TK: Nach einer langen Sitzungswoche in Hannover: Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie wieder nach Hause in Ihren Landkreis kommen?

Holsten: Meine drei Kinder sind mit vier, neun und zwölf Jahren zum Glück noch in einem Alter, in dem sie sich auf ihren Vater freuen, wenn er nach Hause kommt. Mit denen ins Schwimmbad oder mit einem Brettspiel an den Küchentisch, darauf freue ich mich.

Zur Person

Eike Holsten, Jahrgang 1983, ist seit 2017 Mitglied des Niedersächsischen Landtags. Er vertritt den Wahlkreis Rotenburg-Verden. Als Mitglied im Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung koordiniert er die Arbeit der CDU-Fraktion in diesen Bereichen als deren Sprecher. Im Ehrenamt ist Holsten kommunalpolitisch im Kreistag Rotenburg (Wümme), als Vorsitzender der Mehrheitsgruppe und im Stadtrat Rotenburg aktiv. Seit November 2021 ist er Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) in Niedersachsen. Holsten hat an der Universität Bremen Politikwissenschaften studiert und vor seinem Einzug in den Landtag als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für zwei Bundestagsabgeordnete gearbeitet. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. 

Weitere Informationen

Mehr zum aktuellen Thema der Krankenhausreform: Sabrina Jacob, kommissarische Leiterin der TK-Landesvertretung Niedersachsen, in einem Kommentar