Vorfahrt für hausärztliche Tätigkeit in Thüringen
Position aus Thüringen
Bei Medizinstudierenden wie einzelnen Vertretern und Vertreterinnen der deutschen Ärzteschaft finden sich gelegentlich wenig schmeichelhafte Vorstellungen hausärztlicher Tätigkeit: Arbeitsüberlastung, schlechte Vergütung oder hoher Regressdruck halten sich als Stichworte hartnäckig. Doch entspricht dies auch der Realität? In diesem Beitrag wirft Guido Dressel, Leiter der TK-Landesvertretung, einen Blick auf Thüringen und entdeckt dort einen außergewöhnlichen Sonderweg.
In Thüringen liegt ein roter Teppich. Ausgerollt wurde dieser, um die Rahmenbedingungen allgemeinmedizinischer Tätigkeit zu verbessern und genügend Mediziner und Medizinerinnen für die hausärztliche Praxis im Freistaat zu begeistern. Entwickelt und maßgeblich vorangetrieben wird diese Strategie seit vielen Jahren von der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (KVT). Selbstverwaltungspartner und Landespolitik unterstützen dies nachdrücklich, denn letztlich ist eine wohnortnahe ärztliche Primärversorgung die Basis für ein funktionierendes Gesundheitswesen insgesamt.
Maßnahmen und Instrumente dieser Strategie können sich sehen lassen und ragen im bundesweiten Vergleich heraus. So ist die KVT zum Beispiel die Erfinderin der Sicherstellungspraxis, mit der Versorgungslücken geschlossen und angestellte Medizinerinnen und Mediziner auf Praxisübernahmen vorbereitet werden können.
Hausärztliche Tätigkeit ist hierzulande sehr attraktiv. Dies betrifft zunächst das Honorar. Seit vielen Jahren liegen die Auszahlungsquoten nach der Honorarverteilung durch die KVT bei 100 Prozent und darüber. Abgestaffelte Vergütungen sind daher in Thüringen unbekannt. Darüber hinaus wird bei Elementen der Wirtschaftlichkeitsprüfung der oft nur erklärte Grundsatz "Beratung vor Regress" tatsächlich auch gelebt.
Ein weiteres Maßnahmenbündel gilt dem ärztlichen Nachwuchs. Mit dem sogenannten ärztescout wirbt eine weitere Thüringer Erfindung bei Medizinstudierenden für die ambulante ärztliche Tätigkeit und das neigungsorientierte Studium (JENOS) am Uniklinikum Jena (UKJ) ermöglicht Interessierten eine frühzeitige Schwerpunktsetzung in dieser Richtung. Thüringen verfügt über eine Vielzahl an Möglichkeiten zum studienbegleitenden "Hineinschnuppern" in die ärztliche Praxis und ein dichtes Netz an entsprechenden Betreuern/Mentoren. Hautnahe Einblicke in die Arbeit als Hausarzt oder -ärztin sind damit problemlos möglich. Und nicht zuletzt zeichnet sich das Institut für Allgemeinmedizin am UKJ durch eine starke regionale Verankerung und Praxisbezug aus.
Insgesamt bietet Thüringen somit hervorragende Rahmenbedingungen für die hausärztliche Tätigkeit. Dies muss gerade auch außerhalb des Landes noch viel bekannter werden.