"Für mich ist das mehr eine Berufung als nur ein Beruf"
Interview aus Thüringen
Dziuljeta Mikutaityte erzählt, wie sie aus einem anderen Land nach Deutschland kam und ihre Berufung in der Pflege gefunden hat. Sie spricht auch darüber, mit welchen Herausforderungen sie auf diesem Weg und im Arbeitsalltag konfrontiert wird und was sie motiviert, weiterhin in der ambulanten Pflege zu arbeiten.
TK: Wie sind Sie zu Ihrem Beruf in der ambulanten Altenpflege in Deutschland gekommen? Wieso haben Sie sich genau für diesen Beruf entschieden?
Dziuljeta Mikutaityte: Schon als in noch klein war, besuchte ich gerne meine Mutter im Krankenhaus. Sie hat dort als Krankenschwester gearbeitet. Auch musste ich leider selbst als Kind gepflegt werden, denn ich lag fast drei Jahre im Krankenhaus und konnte nicht aus dem Bett aufstehen. Schon damals wusste ich, was Pflege bedeutet.
Vor bald acht Jahren bin ich aus Litauen nach Deutschland gekommen. Innerhalb von kurzer Zeit musste ich eine Entscheidung treffen, was ich in Zukunft machen werde, und habe mich dazu entschieden in die ambulante Pflege zu gehen, weil ich in Deutschland den Bedarf gesehen habe, dass so viele alte, kranke Menschen allein sind und sich nicht selbst versorgen können.
Im Dezember 2016 hatte ich einen festen Arbeitsplatz in der ambulanten Pflege in Weimar und 2017 saß ich dann schon in der Pflegeschule und bin weiterhin dabeigeblieben. Für mich ist das mehr eine Berufung als nur ein Beruf.
TK: Was hätte Ihnen den Einstieg in das Leben hier und den Beruf erleichtert?
Mikutaityte: Jetzt, nach sieben Jahren Erfahrung, kenne ich mich gut mit dem deutschen Gesundheitssystem aus. Eine große Erleichterung wäre es für mich gewesen, wenn ich schon zu Beginn einen Integrationskurs oder ähnliches hätte besuchen können oder eine verständliche Übersicht bekommen hätte, um das deutsche Gesundheitssystem kennenzulernen. Es war sehr schwierig mit noch geringen Deutschkenntnissen und ohne zu wissen, wie das Gesundheitssystem funktioniert, arbeiten zu gehen.
Zu den Hürden zählen vor allem die Überbelastung des Personals und der Mangel an Fachkräften.
TK: Welchen Herausforderungen begegnen Sie in Ihrem Beruf?
Mikutaityte: Zu den Hürden zählen vor allem die Überbelastung des Personals und der Mangel an Fachkräften. Wenn man allein für 200 Menschen zuständig ist, sie versorgt und alles dokumentieren muss ist das einfach zu viel. Dazu muss ich noch im Büro Dokumentationen schreiben, die Pflegeplanung machen, Wunden beschreiben, ärztliche Verordnungen bei Ärzten bestellen, Medikationspläne prüfen und vieles mehr. Viele Dinge, die ich machen muss, sind für Außenstehende unsichtbar, aber trotzdem sehr wichtig.
Es wäre eine große Erleichterung, wenn die Dokumentation in der Pflege vereinfacht werden würde, denn das nimmt sehr viel Zeit ein. Ab und zu muss ich nach meinem Arbeitstag noch zuhause die Dokumentation nachholen, weil ich es während der Arbeit nicht geschafft habe. Dabei arbeite ich ohnehin oft zehn und mehr Stunden. Durch das Nacharbeiten habe ich noch weniger Zeit für meine Familie, die natürlich darunter leidet. Auf Dauer kann man dann nicht mehr.
Zudem ist es eine Herausforderung täglich für alle Patienten da zu sein. Mit offenem Ohr und Herzen, einem Lächeln im Gesicht, obwohl man selbst kaputt und müde ist. Man hat auch mal Schmerzen, oder ist psychisch am Boden, von jeder Menge Überstunden und dem Fakt, dass man kein privates Leben hat. Wir dürfen aber keine Fehler machen, denn es geht hier um die Gesundheit von anderen Menschen.
Wir dürfen aber keine Fehler machen, denn es geht hier um die Gesundheit von anderen Menschen.
TK: Wie motivieren Sie sich an besonders schweren Tagen?
Mikutaityte: Für Hobbies, Sport oder Reisen, was ich eigentlich gerne mag, bleibt leider keine Zeit übrig, denn auch am Wochenende muss ich meistens arbeiten.
Was mich motiviert, ist meine Arbeit selbst. Gemeinsam mit meinen Patienten legen wir Ziele fest, wie zum Beispiel die Wundheilung. Heilt die Wunde zu, gibt mir das Kraft und Motivation weiterzumachen. Oder beispielsweise das Ziel mit einem Patienten Treppen zu laufen. Schafft er es, motiviert mich das auch. Meine Kraft steckt in meiner Arbeit, im Alltag. Denn sonst kann man diesen Beruf nicht lange ausüben. Man kann es auch so sagen, dass meine Patienten meine Motivation sind.
Man kann es auch so sagen, dass meine Patienten meine Motivation sind.
Zur Person
Dziuljeta Mikutaityte ist 2016 aus Litauen nach Deutschland gekommen. In Weimar absolvierte sie ihre Ausbildung und ist seitdem als Pflegefachkraft für ambulante Pflege tätig.