Was machen Medizinerinnen und Mediziner, wenn sie bei einem Patienten bzw. einer Patientin einen Befund erheben, den sie nicht einordnen können? Oftmals beginnt für die Patient:innen eine Reise durch das Gesundheitssystem, um die Ergebnisse abklären zu lassen. Dabei spielt es selten eine Rolle, ob für den Betroffene dadurch organisatorische Probleme oder zusätzliche Fahrkosten entstehen. Diese  zusätzlichen Belastungen können vermieden werden, wenn telemedizinische Konsile stärker Einzug in die Versorgung halten.

Als telemedizinische Konsile bzw. Telekonsile werden die digitalen fachlichen Beratungen zwischen mehreren Ärztinnen und Ärzten der gleichen oder verschiedener Fachrichtungen bezeichnet. Der telemedizinische Austausch erfolgt in der Regel zu einer speziellen Patientendiagnose oder über das Behandlungsvorgehen in einem konkreten Versorgungsfall. Als zentrale Hilfsmittel werden audio-visuelle Kommunikationswege, z. B. Videokonferenzen und Apps eingesetzt. Ein zentraler Vorteil telekonsiliarischer Ansätze ist es, dass sie die benötigte Expertise in der Regel sektorenunabhängig zugänglich machen. So können Krankenhausärzt:innen ihren Kolleginnen und Kollegen in der Niederlassung unkompliziert mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Asynchrone Telekonsile bereits erfolgreich implementiert

Im Rahmen unseres Innovationsfondsprojekts TeleDermatologie setzen wir bereits zeitlich asynchrone Telekonsile ein, um die dermatologische Versorgung in ländlichen Gebieten zu sichern. Im Projekt können die teilnehmenden Hausärzte Bilder einer Hautstelle mit unklarer dermatologischer Befundlage und weitere Befundinformationen an einen Pool fachärztlicher Spezialisten übermitteln. Das hilft besonders Hausärzten, die viele Patienten mit unterschiedlichen Krankheitsbildern behandeln. Denn der Bedarf an zusätzlicher fachlicher Expertise ist für diese schwer planbar. Auf dem digitalen Weg können Anfragen und Auskünfte in zeitlich asynchroner Form optimal in den Praxisalltag integriert werden. 

Synchrone Telekonsile bieten weiteres Potential

Ein zeitlich synchrones Telekonsil ermöglicht den unmittelbaren telemedizinischen Austausch zur Befundbeurteilungen. In Form von Videokonferenzen können sich fachübergreifende Behandlerteams gemeinsam beraten und einen spezialisierten Behandlungsplan für den begutachteten Fall entwickeln. Das verbessert insbesondere die Versorgung von multimorbiden Patienten. Zeitgleich reduziert die digitale Austauschmöglichkeit natürlich ebenfalls Wegzeiten und -strecken für Ärztinnen und Patienten. Insbesondere in ländlichen Regionen, in denen es an einem dichten Facharztnetz mangelt, schafft das synchrone Telekonsil zusätzliche Versorgungsmöglichkeiten. 

In Zukunft werden die Einsatzfelder des synchronen Telekonsils über die fachübergreifende medizinische Befundung hinausgehen. In Zeiten des Fachkräftemangels könnten telemedizinisch ausgestattete Erstanlaufstellen die Hausärzte entlasten und einen Teil der medizinischen Grundversorgung übernehmen.

Telekonsiliarische Patientenverbindung sinnvoll

Neben den ärztlich ausgerichteten Telekonsilen können auch Anfragen, die direkt von den Patienten an die Ärztinnen geschickt werden, ein sinnvoller Ansatz für eine bessere Versorgung sein. Mit dem Online-Hautcheck bieten die Techniker Krankenkasse und der Bundesverband der Deutschen Dermatologen den Versicherten einen direkten Zugang zu dermatologischer Versorgung. Diese können per digitaler Anwendung ihre Beschwerden schildern und Fotos der auffälligen Hautstellen hochladen. Innerhalb von 48 Stunden schätzt eine Hautärztin oder ein Hautarzt die Symptome ein und übermittelt eine Therapieempfehlung. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Onlineangebot zeigen, dass in 85 Prozent der Fälle der Weg zum Arzt bzw. zur Ärztin eingespart werden kann. 

Vorteile für Ärztinnen und Ärzte

Ein weiterer Vorteil telekonsiliarischer Behandlungsformen ist es, dass die Ärztinnen und Ärzte entlastet werden. Dies Vorteile bestehen sowohl auf der systemischen Ebene, als auch der individuellen Ebene. Wenn in einer Region beispielsweise zu wenig Behandlungskapazitäten in einem Bereich bestehen, können weniger stark beanspruchte Fachkolleginnen und -kollegen aus der Ferne dabei helfen, die Versorgungsbedarfe zu decken. Denn oftmals mangelt es nicht an Ärztinnen und Ärzten, sondern nur an der richtigen Verteilung. Der digitale Ansatz schafft somit die Möglichkeit, dass weniger Ausgelastete ihr Wissen und ihre Expertise an der richtigen Stelle zur Verfügung stellen. Wenn dabei Sektorengrenzen keine Rolle spielen, können die knapper werdenden ärztlichen Ressourcen im System effizienter genutzt werden. Neben den zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten, können Konsilleistungen auch die Work-Life-Balance verbessern. Denn sie können ortsunabhängig und in einem breiteren zeitlichen Korridor erbracht werden.

Impulse für einen breiteren Einsatz der Telekonsile

Die Anzahl der Telekonsile hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Dennoch braucht es noch einige Impulse im Land, damit Telekonsile als Instrument weitere Verbreitung finden und die medizinische Versorgung von allen Patientengruppen verbessert wird. Wir regen daher die folgenden drei Maßnahmen an:

  • digitale Technologien und potentielle Anwendungsmöglichkeiten stärker in ärztliche Fort- und Weiterbildungsangebote integrieren
  • landesweit alle Bevölkerungsgruppen stärker unterstützen, digitale Gesundheitskompetenz aufzubauen
  • telemedizinische Vernetzung landeseigener Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen vorantreiben