"Fünf Fragen an..." TK-Krankenhausexperte Jörg Manthey
Interview aus Niedersachsen
Jörg Manthey leitet den Bereich der Krankenhausstrategie bei der Techniker Krankenkasse. Im "Fünf Fragen an..." erklärt er unter anderem, worauf es bei der Umsetzung der Krankenhausreform ankommt und was die Pläne der Krankenhausplanung auf Länderebene bedeuten.
TK: Herr Manthey, worauf kommt bei der Umsetzung der Krankenhausreform an? Was sind Ihrer Ansicht nach die nächsten wichtigen Schritte?
Jörg Manthey: Die stationäre Versorgungsstruktur in Deutschland entspricht weder dem aktuellen noch dem zukünftigen Bedarf der Bevölkerung. Sie ist intransparent in Bezug auf die Qualität. Um unter den bekannten zukünftigen veränderten Bedingungen hinsichtlich der Demografie der Bevölkerung, der Entwicklung der Fachkräfte und der medizinischen Innovationen die Versorgung sicherzustellen, müssen jetzt Strukturen verändert werden. Dazu muss zunächst aufgrund von Analysen festgelegt werden, welche stationären Kapazitäten in welchem Umfang zukünftig an welchem Ort notwendig sind, um den Bedarf der Bevölkerung ausreichend zu decken. Gleichzeitig damit ist festzulegen, welche qualitativen Voraussetzungen für welche Leistung vorzuhalten sind. Diese Determinanten sollten im Sinne der Patientinnen und Patienten bundesweit einheitlich gültig sein, um Transparenz für die Bevölkerung zu schaffen.
Diese Determinanten sollten im Sinne der Patientinnen und Patienten bundesweit einheitlich gültig sein, um Transparenz für die Bevölkerung zu schaffen.
TK: Was bedeuten die Vorschläge für die Krankenhausplanung der Länder?
Manthey: Heute haben wir einen Flickenteppich. Teilweise existiert lediglich eine Rahmenplanung, in anderen Ländern wird schon etwas genauer geplant. Zukünftig sollen bundesweit einheitliche Maßstäbe angewendet werden, auf deren Grundlage die Länder dann die Planungsverantwortung haben. Die Planung umfasst die Standorte und die von diesen anzubietenden Behandlungen im Detail. So können regionale Unterschiede zum Beispiel in der Demografie oder im Behandlungsbedarf zukunftsfest und individuell in die Planung einbezogen werden. Die Planungen sind dann aber vergleichbar, ihre Inhalte sind hinsichtlich der Angebote und der Qualität transparent.
TK: Es sollen sogenannte Vorhaltekosten eingeführt werden: Was bedeutet das und sind diese aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Manthey: Vorhaltekosten sind Fixkosten, die Kliniken entstehen, weil sie bestimmte Strukturen - zum Beispiel spezielle Geräte oder erfahrenes Personal - für die Behandlung bereithalten. Bislang sind diese Kosten Teil der Fallpauschalen. Künftig sollen Krankenhäuser einen Teil ihrer Vergütung als Vorhaltekosten für notwendige Strukturen außerhalb der Logik der Fallpauschalen erhalten. Das Geld fließt dann unabhängig davon, wie intensiv die Strukturen genutzt werden. Das hilft Krankenhäusern, die zwar notwendige Strukturen bereitstellen, diese aber nicht auslasten können. Besonders für Kliniken in dünn besiedelten Regionen oder in Spezialdisziplinen war das schon länger ein Problem. Diesen Häusern soll der wirtschaftliche Druck genommen werden, Strukturen auslasten zu müssen.
Besonders für Kliniken in dünn besiedelten Regionen oder in Spezialdisziplinen war das schon länger ein Problem.
TK: Die geplante Krankenhausreform sieht vor auch sogenannte Leistungsgruppen einzuführen. In der Schweiz wurde dies bereits umgesetzt: Kann das Schweizer-Modell eine Blaupause für Deutschland sein?
Manthey: Wir sehen das Schweizer Modell durchaus als Vorbild für Deutschland.
TK: In Niedersachsen wurde bereits im letzten Jahr eine Reform der Krankenhauslandschaft beschlossen, die nun umgesetzt wird. Diese beinhaltet auch eine Anpassung der Krankenhausstrukturen. Sind verbindliche Strukturvorgaben aus Ihrer Sicht ein wesentlicher Schlüssel für ein gelingendes Reformvorhaben auf Bundesebene?
Manthey: Sie sind unabdingbar für das Gelingen der Reform. Verbindliche Vorgaben gewährleiten eine vergleichbare Qualität der Versorgung unabhängig vom Bundesland oder dem Standort der Versorgung. Das ist der entscheidende Punkt für Patientinnen und Patienten. Er muss sich darauf verlassen können, dass seine gesundheitlichen Beschwerden mit höchster Qualität adäquat behandelt werden. Dazu tragen verbindliche Vorgaben erheblich bei, diese müssen aber auch regelmäßig auf ihre Einhaltung kontrolliert werden.