"Fünf Fragen an ..." Claudia Schüßler
Interview aus Niedersachsen
Seit Herbst 2023 ist Claudia Schüßler sozialpolitische und gesundheitspolitische Sprecherin der SPD in Niedersachsen. Im Interview spricht sie über die Krankenhausinvestitionen in Niedersachsen, die elektronische Patientenakte und darüber, welches Thema bald näher in den gesundheitspolitischen Fokus rückt.
TK: Frau Schüßler, sie sind seit ein paar Monaten gesundheitspolitische Sprecherin der SPD. Damit kehren sie quasi zurück an eine alte Wirkungsstätte. In der letzten Legislatur waren Sie Mitglied der Enquetekommission zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung. Hat sich denn in den Themen viel geändert?
Claudia Schüßler: Als Mitglied in der Enquetekommission zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung, konnte ich mich bereits intensiv mit Gesundheitsthemen auseinandersetzen und habe mir ein gutes Wissen aufbauen können. Dass die Enquete nahezu alle Facetten der gesundheitlichen Versorgung beleuchtet hat, hilft mir für meine heutige Arbeit sehr. Die Enquete hat sich im Gesundheitsbereich bewusst die großen Themen vorgenommen, also auch jene, die uns über Jahre begleiten werden, Stichwort: Krankenhausreform oder die Herausforderungen in der Pflege. Eine ganze Reihe von Maßnahmen, wie die Novelle des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes haben wir schon parlamentarisch auf den Weg gebracht. Dennoch werden uns solche Themen natürlich damals wie heute weiter beschäftigen.
TK: Aktuell reden die meisten Menschen im Gesundheitswesen von der kommenden Reform der Krankenhäuser, die zwischen Bund und Ländern heiß diskutiert wird. Warum ist es so schwer, hier einen Konsens zu finden?
Schüßler: Die bundesweite Reform unserer Krankenhauslandschaft ist keine einfache Aufgabe, zumal sie wie so oft viele verschiedene Zuständigkeiten und Interessen berührt. Nehmen wir nur das Beispiel der dualen Finanzierung von Krankenhäusern: Das Land plant die Versorgung der Menschen mit Krankenhäusern und trägt die Kosten für Investitionen.
Dieser Verantwortung kommen wir in Niedersachsen nach und haben das mit einer spürbaren Erhöhung der Krankenhausinvestitionsförderung im Landeshaushalt zuletzt auch sehr deutlich gemacht. Für die Betriebskosten hingegen - also die "laufenden Kosten" - ist der Bund zuständig und deshalb ist die klare Erwartungshaltung der Länder an den Bund bei Fragen wie den sogenannten "Überbrückungshilfen" aus meiner Sicht absolut nachvollziehbar.
Bloß mehr Geld in das bestehende System zu geben, kann keine Lösung sein.
Großes Verständnis habe ich aber auch für die Erwartung des Bundes, dass in den Ländern die Bereitschaft aller Beteiligten da sein muss, grundlegende Strukturen auch wirklich zu ändern. Bloß mehr Geld in das bestehende System zu geben, kann keine Lösung sein. Die Krankenhauslandschaft wird sich ändern - mit oder ohne Reform. Tun wir nichts, sterben Kliniken ohne Rücksicht auf den Bedarf vor Ort. Das muss allen klar sein. Vor diesem Hintergrund begrüße ich das Vorhaben des Bundes ausdrücklich - auch wenn wir es konstruktiv und zuweilen kritisch begleiten werden, damit die Besonderheiten eines Flächenlandes wie Niedersachsen auch in Berlin verstanden und berücksichtigt werden.
TK: Wahrscheinlich wäre es einfach, wenn alle Beteiligten sich auf eine größere Effizienz im Sinne von Vernetzung und Digitalisierung verständigen, was erwarten Sie von der verpflichtenden Einführung der elektronischen Patientenakte?
Schüßler: Der elektronischen Patientenakte stehe ich grundsätzlich positiv gegenüber. Mir selbst geht es schon immer so, dass ich, wenn ich diesen "Anamnese-Bogen" bei einem neuen Arzt ausfülle, Sorge habe, etwas zu vergessen. Das kann zu Behandlungsfehlern führen, was vermeidbar wäre. Oder, im Falle einer akuten Notfallbehandlung im Krankenhaus: wäre es nicht toll, wenn dort sehr schnell alle wichtigen Daten für einen notwendigen Eingriff vorhanden wären? Natürlich müssen die Versichertendaten geschützt werden. Das sollte aber nicht den Blick auf die vielen Vorteile verstellen.
Natürlich müssen die Versichertendaten geschützt werden. Das sollte aber nicht den Blick auf die vielen Vorteile verstellen.
TK: Wir hatten eben schon darüber gesprochen, dass die Themen im Gesundheitswesen einerseits vielfältig und andererseits oft die gleichen sind. Gibt es etwas, das sie ganz besonders auf ihrer Agenda für den Rest der Legislatur haben?
Schüßler: Die Legislaturperiode ist ja noch gar nicht so alt. Dreieinhalb Jahre liegen noch vor uns. Da will ich mich nicht mit einem Thema abfinden. Viele Themen wie eben die Krankenhausreform werden uns lange begleiten. Die Pflege liegt mir sehr am Herzen und neben dem Gesundheitsbereich liegen auch der Sozialbereich, die Themen Arbeit und Gleichstellung in meiner Verantwortung und der meines Arbeitskreises. In den kommenden Wochen wollen wir einen Fokus auf die Gesundheit speziell von Frauen legen. Aus meiner Sicht besteht da noch Nachholbedarf.
In den kommenden Wochen wollen wir einen Fokus auf die Gesundheit speziell von Frauen legen.
TK: Am Ende unserer kleinen Interviews fragen wir gerne noch etwas Persönlicheres: Die Arbeit als Abgeordnete bedeutet auch, an vielen Abendterminen teilzunehmen. Wie gelingt es Ihnen einen entspannenden Ausgleich dazu zu finden?
Schüßler: Tatsächlich habe ich sowohl am Abend als auch an vielen Wochenenden Termine. Obwohl ich eigentlich gerne spontan bin, habe ich mittlerweile meinen Kalender für das gesamte Jahr "verplant". Das hat den Vorteil, dass man auch freie Abende oder auch ein Wochenende einplanen kann. Ich freue mich auf Familientage oder Wochenenden, treffe mich gerne mit Freundinnen und Freunden auch außerhalb der Politik. Ich gehe mit meinem Mann zum Tanzen, meistens Sonntag. Und spontan widme ich unserem Garten auch gerne Aufmerksamkeit.
Zur Person
Claudia Schüßler ist 1967 in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz geboren. Nach ihrem Abitur 1987 absolvierte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Diakonischen Werk Hamburg. Anschließend studierte Schüßler Rechtswissenschaften zunächst an der Universität Hamburg, ab 1989 in Hannover. Beginn der 90er unterbricht sie das Studium aufgrund der Geburt ihrer Töchter. Seit 1996 ist sie in der Kommunalpolitik aktiv und aktuell auch Mitglied der Regionsversammlung. Nach dem zweiten Juristischen Staatsexamen ist Claudia Schüßler als Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Sozialrecht tätig.
2017 und 2022 ist die SPD-Politikerin für den Wahlkreis 33 (Barsinghausen, Seelze und Gehrden) direkt in den Landtag gewählt worden und seit Herbst 2023 sozialpolitische und gesundheitspolitische Sprecherin der SPD sowie Mitglied im Fraktionsvorstand.