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Dr. Malte Rubach
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Low Fat, Low Carb, keine Milch, kein Weizen - ständig kommen neue Diäten auf den Markt. Wie kommt das eigentlich?

Das ist ein riesiger Markt, auf dem sich viele Akteure tummeln, die vor allem Geld verdienen wollen. Manchmal haben sie auch das Ziel, spezielle Nahrungsmittel zu vertreiben. Diätbücher werben zum Beispiel ja meist damit, dass ihr Konzept besonders einfach ist. Aber oft sind die Autorinnen und Autoren gar keine ausgewiesenen Expertinnen und Experten, sondern fachfremde Personen mit einer bisweilen zweifelhaften Selbsterkenntnis. Leider sind aber auch Ärztinnen und Ärzte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darunter, die es besser wissen müssten. Seriöse Wissenschaft ist da viel skeptischer, die sagt meist: Eigentlich kannst du nicht behaupten, ich kenne die beste Ernährung für alle. Aber das hört natürlich niemand gern.

Unser Gehirn liebt Neues. Deshalb sind die Menschen so interessiert an neuen Diäten und Ernährungsformen und an den Versprechungen, die diese machen. Dr. Malte Rubach

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Dr. Malte Rubach, Ernährungswissenschaftler und Buchautor
Das ist das eine. Die andere Seite ist, dass wir so gemacht sind: Unser Gehirn liebt Neues. Deshalb sind die Menschen so interessiert an neuen Diäten und Ernährungsformen und an den Versprechungen, die diese machen. Nach dem Motto "Diesmal muss es funktionieren!"

Was ist denn dran an Diäten wie Low Carb oder am Verzicht etwa auf Milch oder Weizen?

Da muss man genau hinschauen. Es gibt Sinnvolles und weniger Sinnvolles. Wenn man abnehmen will, kann Low Carb eine gute Orientierung sein - wenn es gemäßigt ist. Die Vertreterinnen und Vertreter einer gemäßigten Low-Carb-Kost sagen zum Beispiel: Vermeidet zuckerhaltige Produkte, esst möglichst eiweißreiche Kost mit guten Fetten und mit Gemüse, und wenn ihr Nudeln oder Reis esst, dann Vollkornnudeln oder Vollkornreis. Das kann man schon abwechslungsreich gestalten. Damit berücksichtigt man eine ganze Reihe der gängigen Regeln zur gesunden Ernährung , wie sie auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt. Wenn man aber so gut wie gar keine Kohlenhydrate isst, zum Beispiel bei der Atkins-Diät, wird es auf Dauer gefährlich.

Wenn Sie weder abnehmen wollen noch krank sind, dann brauchen Sie auch keine Diät. Dr. Malte Rubach

Auf Lebensmittel wie Milch oder Weizen zu verzichten, ist dagegen Unfug, wenn man nicht gerade eine Allergie oder Unverträglichkeit hat. Und das sollte man erst einmal testen lassen. Eine generelle Unverträglichkeit dagegen gibt es nicht. Im Gegenteil, Milch und Fleisch sind zum Beispiel die nährstoffdichtesten Lebensmittel, die es überhaupt gibt. Gar kein Fleisch zu essen, kann zwar aus Umwelt- oder Tierschutzgründen für manche Menschen sinnvoll sein, die gesundheitlichen Gründe werden meiner Meinung nach aber überschätzt. Es kommt auf die Menge an. Und auf die Vielfalt.

Woran kann ich erkennen, welche Diät sinnvoll für mich wäre?
Erst einmal wichtig: Wenn Sie weder abnehmen wollen noch krank sind, dann brauchen Sie auch keine Diät.

Wenn Sie abnehmen wollen, kommt es auf ein paar einfache Dinge an: Nehmen Sie durch die Diät weniger Kalorien zu sich, als Sie verbrauchen? Bekommen Sie trotzdem alle notwendigen Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente, die Sie täglich brauchen? Und haben Sie gute Aussichten, mit dieser Diät Ihr hoffentlich irgendwann erreichtes Wunschgewicht auch zu halten? Wenn das gegeben ist, dann kann die Diät nicht so schlecht sein.

Wenn Ihnen Diäten aber schnelle Erfolge oder gar eine Revolution versprechen, hinterfragen Sie sie besser doppelt und dreifach! Oder wenn Sie die Wirkungsweise nicht nachvollziehen können, wenn Nahrungsergänzungsmittel damit vertrieben werden sollen oder wenn wissenschaftlich fundierte Information zu der Diät fehlen. Das ist leider sehr oft der Fall. Aktuell gibt es zum Beispiel einen Hype für DNA-Diäten. Die versprechen eine personalisierte Ernährung, obwohl es gar keine Daten dazu gibt.

Ich wäre auch misstrauisch, wenn Diäten von Prominenten beworben werden, die damit ganz stark abgenommen haben wollen. Bevor man sich irgendeine Trend-Diät antut, sollte man besser eine gute Ernährungsberatung nutzen. Davon haben Sie in jedem Fall mehr als von zweifelhaften Diäten. Leider sind "Ernährungsberaterin oder Ernährungsberater" in Deutschland keine geschützten Berufsbezeichnungen - man kann sich einfach so nennen. Aber nur zertifizierte Ernährungsberatende dürfen mit der Krankenkasse abrechnen. Ich empfehle, zuallererst nach einer solchen Zertifizierung zu fragen. Wenn die Antwort "Nein" lautet, dann sind Sie womöglich an der falschen Adresse.

Der Trick, mit dem die meisten Diäten arbeiten - sie machen es sich einfach: Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben dann das Gefühl: Ich muss auf ein, zwei Sachen achten, und dann weiß ich ganz genau, was ich essen darf.

Kann es sein, dass die Konsumierenden einfach überfordert sind?
Ja, sicher. Sie müssen sich angeblich zwischen so vielen unterschiedlichen Ernährungsstilen und Lebensmitteln entscheiden, und das am besten sofort. Allein in meinem Buch habe ich über 70 Diäten und Ernährungsweisen bewertet - und es gibt noch sehr viel mehr. Und dann stehen die Konsumentinnen und Konsumenten im Supermarkt vor 20.000 bis 30.000 Produkten, wenn sie bei einem "Vollsortimenter" sind. Dort ist die kognitive Distanz dann schlicht zu groß, um die richtige Entscheidung zu treffen, so dass Ihr Gehirn Ihnen einen einfachen Impuls gibt: Sie greifen, ohne groß zu überlegen, zum nächstbesten Produkt. Und das ist oft zufällig das Fertigprodukt auf Augenhöhe im Supermarktregal. Das ist genau der Trick, mit dem die meisten Diäten arbeiten. Sie machen es sich einfach. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben dann das Gefühl: Ich muss auf ein, zwei Sache achten, und dann weiß ich ganz genau, was ich essen darf.

Was ist daran falsch?

Nahrungsmittel wie Milch oder Fleisch zu verteufeln, die sich seit Jahrtausenden bewährt haben und uns erst unsere heutige Lebenserwartung beschert haben, ist Unsinn. Wenn es nur eine richtige Ernährungsform gäbe, dann wären alle Kulturen, die ihr nicht folgen, längst ausgestorben.

Es kommt auf die gesamte Lebensweise an, nicht auf ein bestimmtes Lebensmittel oder Superfoods.

Überhaupt macht es keinen Sinn, immer wahlweise mit den Eskimos, den Okinawa-Insulanerinnen und -Insulanern oder Adventisten anzukommen, als hätte man die Formel des ewigen Lebens in Mitteleuropa gefunden. Wir müssen doch nur mal nach Frankreich schauen. Die Franzosen essen mehr Fleisch als die Deutschen. Trotzdem gibt es dort weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es kommt also auf die gesamte Lebensweise an, nicht nur auf ein bestimmtes Lebensmittel oder Superfoods.

Für Gesunde geht es deshalb nicht darum, einzelne Nahrungsmittel wegzulassen oder im Übermaß zu essen. Sie können von allem essen, nur nicht zu viel.

Was ist aus Ihrer Sicht das Wichtigste?

Das Wichtigste ist, auf sich selber und seinen Körper zu achten. Vertrage ich irgendetwas nicht? Habe ich Verdauungsbeschwerden oder eine Allergie? Dann lassen Sie am besten einen Test machen. Aber wenn Sie von diesen Dingen nicht betroffen sind, können Sie alles essen, was Sie wollen und was Ihnen schmeckt, ohne dass Sie sich von einem Dogma beeinflussen lassen müssen. Nur nicht zu viel. Bei der Menge sollten Sie aufpassen, aber beim "Was" können Sie davon ausgehen, dass Sie nichts ausschließen müssen.

Bei der Menge sollten Sie aufpassen, aber beim "Was" können Sie davon ausgehen, dass Sie nichts ausschließen müssen.

Wer allerdings stark übergewichtig ist oder eine ernährungsbedingte Krankheit hatte, sollte sich den Rat bei einer Expertin oder einem Experten holen. Aber dann lieber gleich eine sinnvolle Ernährungsberatung und nicht irgendeine Diät, die gerade aktuell ist. Vor allem ist ein ärztlicher Check-Up wichtig, bevor Sie loslegen. Denn ein bisschen Übergewicht zu haben, heißt nicht, dass Sie krank sind. Aber es könnte sein, dass eine Hungerkur Ihnen ernsthaft schadet, wenn Ihr Stoffwechsel gestört ist und Sie nichts davon wissen.

Haben Sie denn selbst Tipps für die Auswahl der Nahrungsmittel?

Klar. Kochen Sie selbst mit frischen Zutaten! Gehen Sie nur mit einem Einkaufszettel einkaufen und halten Sie sich daran. So essen Sie gute Nahrungsmittel statt billige Fette, zugesetzten Zucker und zu viel Salz, wie sie zum Beispiel oft in stark verarbeiteten Lebensmitteln zu finden sind. Auch wenn das am Anfang etwas Mühe kostet, "die Übung macht den Meister" und zahlt sich auf lange Sicht aus. Zudem macht es vor allem mehr Spaß, als vor dem Essen nur Dosen und Tüten zu öffnen.

Kochen Sie selbst mit frischen Zutaten! Dr. Malte Rubach

Wählen Sie Nahrungsmittel, die Sie satt machen. Bei der Sättigung kommt es vor allem auf das Volumen an. Dabei können Sie sich an der Energiedichte orientieren. Gemüse hat zum Beispiel eine niedrige Energiedichte. Davon können Sie eine große Menge essen und fühlen sich satt, ohne viele Kalorien zu sich zu nehmen.

Und lassen Sie sich Zeit beim Essen. Denn Ihr Körper braucht ein paar Minuten, um zu merken, dass Sie gegessen haben und satt sind. Der Blutzuckerspiegel muss erst einmal angestiegen sein, der Magen muss sich gedehnt haben. Also lieber langsam und genussvoll essen und gründlich kauen statt ständig Fast Food zu essen und Softdrinks in sich hineinzuschütten.

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