Cannabis-Medikamente bei COPD
Cannabis darf seit dem 1. April 2024 zu medizinischen Zwecken auf einem normalen Rezept verordnet werden, denn der Besitz ist jetzt in Deutschland für Erwachsene offiziell erlaubt. Aber was so einfach klingt, kann bei COPD zu Problemen führen. Eine aktuelle Studie aus Kanada wies nach, dass eine zu hohe Dosierung von medizinischem Cannabis zu einer Übersterblichkeit bei COPD führen kann. Der Kontakt mit Cannabis kann außerdem zu allergischen Reaktionen führen. Verursacht wird diese Allergie durch Cannabis selbst oder als Kreuzreaktion mit Nahrungsallergenen in Obst und Gemüse.
Immer häufiger wird medizinisches Cannabis bei COPD verordnet, um Ängste, Muskelverspannungen und Schlafstörungen zu reduzieren. Diese Wirkung geht vor allem auf den Inhaltsstoff Cannabidiol, kurz CBD zurück. Die Rezeptoren, an denen CBD andockt, liegen nicht im Zentralnervensystem, sondern beispielsweise im körpereigenen Immunsystem. Aus diesem Grund wirkt CBD nicht rauschhaft, sondern beruhigend, entspannend und entzündungshemmend.
In zugelassenem medizinischen Cannabis wird CBD oft mit dem Inhaltsstoff Tetrahydrocannabinol (THC) kombiniert, der für die psychoaktive Wirkung verantwortlich ist, Appetit steigernd wirkt und gegen Übelkeit hilft.
Wichtig zu wissen: Gesetzlich dürfen diese Medikamente bei schwerwiegenden Erkrankungen verordnet werden oder wenn die normale Therapie nicht ausreicht. Neben Fertigarzneimitteln dürfen seit 2017 auch standardisierte Cannabis-Extrakte, getrocknete Cannabis-Blüten oder synthetisch hergestellte Präparate (Dronabinol und Nabilon) zum Einsatz kommen.
Wenn Cannabis zum Problem wird
Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin warnt in ihrem Positionspapier schon seit einigen Jahren, dass die regelmäßige Inhalation von Cannabis zu einer chronischen Bronchitis führen kann. Aber nicht nur die Inhalation, sondern auch die medizinische Behandlung mit Cannabis sollte bei Menschen mit COPD besonders vorsichtig gehandhabt werden.
Eine aktuelle kanadische Studie zeigte auf, dass bei einer höheren Dosierung von Cannabis das Risiko zu sterben um das Dreifache im Vergleich zu Nicht-Anwendern von Cannabis erhöht war.
Ergebnisse: In der Studie aus Vancouver kam es bei der hochdosierten Therapie mit über 1,5 mg Nabilon pro Tag dreimal so häufig zu Todesfällen wie bei Betroffenen ohne Cannabis-Therapie. In der Gruppe mit niedrigdosierten Cannabinoiden, also weniger als 1,5 mg pro Tag, stieg das Sterberisiko und die Wahrscheinlichkeit stationär behandelt werden zu müssen dennoch deutlich an. Dieser Wirkstoff entspricht dem in Deutschland häufig verordneten Dronabinol/THC.
Fazit: Fachleute raten, medizinisches Cannabis bei COPD nur mit größter Vorsicht einzusetzen. Aktuell fehlen medizinische Studien, die sich beispielsweise nur mit der Wirkung von CBD bei Lungenerkrankungen auseinandersetzen. Möglicherweise können aber Erkenntnisse aus der neuesten Forschung bald für neue COPD-Medikamente nutzbar sein.
Forschungsupdate: Körpereigenes Cannabis
Die wenigsten Menschen wissen, dass unser Körper über ein Cannabis-System verfügt. Diese sogenannten Endocannabinoide werden aus Omega-6-Fettsäuren hergestellt und funktionieren über zwei Rezeptoren, an denen auch die Hanfpflanze andockt. Der CB1-Rezeptor ist zuständig für Schmerzlinderung und Appetitsteigerung, während der CB2- Rezeptor u.a. Entzündungsprozesse hemmt.
Ein Forschungsteam der Universität Bochum fand jetzt in einer Studie heraus, dass das körpereigene Endocannabinoid Anandamid die Bronchien weit stellen kann und sich möglicherweise zukünftig als ein neues Inhalationsmedikament für chronische Lungenerkrankungen (Asthma) eignet. Dieser neu entdeckte Wirkmechanismus funktioniert aber nur für "körpereigenes Cannabis", nicht für synthetisches oder pflanzliches Cannabis.
Zu selten erkannt: Allergische Reaktion gegen Cannabis
Ob als Joint geraucht oder als Medikament eingenommen, kann Cannabis in jeder Form den Körper sensibilisieren und zu einer allergischen Reaktion führen. Dabei kann es von leichten Symptomen bis zu bedrohlichen Zuständen kommen. Diese 'anaphylaktische Reaktion' tritt vor allem beim Verzehr von Hanfsamen, Haschischrauchen oder Marihuana-Tee trinken auf.
Wer nach dem Kontakt mit Cannabis allergisch reagiert, sollte sich auf eine Cannabis-Allergie testen lassen. Zu den Symptomen zählen meist ein nessselförmiger Hautausschlag (Urtikaria), eine laufende Nase und juckende Augen (Rhinokonjunktivitis), aber auch Luftnot und Husten. Plötzliche Bauchschmerzen und Durchfall, möglicherweise mit Hautausschlag und Luftnot sprechen nach dem Verzehr cannabishaltiger Lebensmittel ebenfalls für eine allergische Reaktion.
Das "Cannabis-Fruit & Vegetable-Syndrom"
Hinter einer allergischen Reaktion auf bestimmte Obst- und Gemüsesorten kann sich eine Cannabis-Allergie verbergen. Denn aus einer IgE-vermittelten Cannabis-Allergie entwickelt sich häufig eine Kreuzallergie. Dabei kommt es beispielsweise durch den Verzehr von Pfirsichen, Äpfeln, Nüssen, Tomaten und manchmal auch Zitrusfrüchten zu einer allergischen Reaktion. Verstärkt ausgelöst wird diese Kreuzreaktion häufig durch die Einnahme bestimmter Schmerzmittel vom NSAR-Typ (u.a. Ibuprofen) und körperliche Belastung.
Das bedeutet für Sie: Viele Menschen trauen sich nicht zuzugeben, dass sie Cannabis nutzen und möglicherweise süchtig danach sind. Um eine Allergie wirksam behandeln zu können, muss sie aber als solche erkannt werden. Trauen Sie sich also und sprechen Sie den Konsum von Cannabis offen an, nur so kann die Diagnose korrekt gestellt werden. Da es bislang keine Therapie gegen eine Cannabis-Allergie gibt, gilt die konsequente Vermeidung des Allergens und möglicher Kreuzallergene als einzig wirksame Maßnahme. Fällt der Verzicht schwer, sollten Sie sich professionelle Hilfe suchen und sich beraten lassen. Dies ist keine Schande, sondern der einzige Weg beschwerdefrei zu werden.