Wann Sie wirklich Antibiotika nehmen müssen
Antibiotika sind manchmal nötig, um unser Immunsystem bei der Bekämpfung von bakteriellen Infektionen zu unterstützen. Doch Antibiotikum ist nicht gleich Antibiotikum: Es gibt breitgefächerte Präparate, die gegen viele Bakterienarten wirken, sowie spezialisierte, die auf ganz bestimmte Bakterienstämme abzielen. Wann welche Antibiotika eingesetzt werden und wie genau sie eigentlich ihre Wirkung entfalten, erfahren Sie in diesem Artikel.
Sie gelten als Meilenstein der Medizin: Antibiotika. Die Entdeckung von Penicillin im Jahr 1928 rettete im Laufe der Zeit unzählige Menschenleben. Bis heute zählen Antibiotika zu den wichtigsten Werkzeugen der modernen Medizin. Sie helfen dabei, schwere Infektionen wie Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen zu behandeln und sind unverzichtbar bei Operationen wie zum Beispiel am Magen-Darm-Trakt oder bei Organtransplantationen.
Wie Antibiotika wirken
Das Immunsystem kommt ständig mit Bakterien in Kontakt. Viele davon sind harmlos oder sogar nützlich, manche hingegen können Krankheiten verursachen. Meist gelingt es, schädliche Erreger abzuwehren, sodass erst gar keine Infektion entsteht. Antibiotika werden erst dann notwendig, wenn das Immunsystem die Bekämpfung der Bakterien nicht mehr allein bewältigen kann.
Um zu verstehen, wie Antibiotika wirken, hilft ein Blick auf die Lebensgrundlage von Bakterien: Sie benötigen einen funktionierenden Stoffwechsel und vermehren sich durch die sogenannte Zellteilung. Antibiotische Wirkstoffe können Bakterien deshalb auf viele unterschiedliche Arten bekämpfen: Einige Antibiotika greifen beispielsweise lebenswichtige Strukturen wie etwa Zellwände an. Andere Wirkgruppen zielen wiederum auf den Prozess der Zellteilung ab. Sie stören dabei zum Beispiel den Stoffwechsel oder das Erbgut der Bakterien.
Mehr Informationen: Im Artikel "Mit Antibiotika richtig umgehen" erfahren Sie, was bei der Einnahme von Antibiotika zu beachten ist.
Achtung: Zwecklos bei Viren!
Antibiotika helfen nur gegen Bakterien, nicht aber gegen Viren. Der Grund dafür ist, dass Bakterien und Viren sich grundlegend voneinander unterscheiden. Bakterien sind eigenständige Lebewesen mit einem Stoffwechsel und einer Zellstruktur. Hier können Antibiotika "andocken" und ihre Wirkung entfalten. Viren hingegen bieten Antibiotika keine Angriffsfläche, denn sie sind kleine Partikel, die menschliche Zellen als Wirt benötigen, um sich zu vermehren.
Wichtig zu wissen: Nahezu 90 Prozent aller Erkältungskrankheiten mit den typischen Symptomen wie Schnupfen, Husten und Halsschmerzen werden durch Viren hervorgerufen. Antibiotika sind dann nicht nur wirkungslos, sondern können unerwünschte Nebenwirkungen auslösen und Antibiotikaresistenzen fördern.
Antibiotikaresistenzen
Manchmal gelingt es Bakterienstämmen, unempfindlich gegenüber einem oder sogar mehreren antibiotischen Wirkstoffen zu werden. Bei der Behandlung von Infektionen müssen Ärzte und Ärztinnen dann auf andere Wirkstoffe zurückgreifen. Zu den Gründen für die Entstehung von Antibiotikaresistenzen zählt unter anderem der häufige Einsatz von Antibiotika, insbesondere sogenannter Breitband-Antibiotika.
Lesen Sie im Artikel "Wie entstehen Resistenzen gegenüber Antibiotika" mehr über Antibiotikaresistenzen und was Sie selbst dagegen tun können.
Was sind Breitband-Antibiotika?
Breitband-Antibiotika sind Antibiotika, die gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Bakterienarten wirken. Im medizinischen Kontext werden Sie auch Breitspektrumantibiotika genannt. Sie kommen besonders dann zum Einsatz, wenn eine schnelle Behandlung notwendig ist, aber der Erreger noch unbekannt ist. Das kann zum Beispiel bei einer Blutvergiftung (Sepsis) der Fall sein.
"Wenn das Laborergebnis noch nicht feststeht, sollten Breitbandantibiotika nur in einer Akutphase eingesetzt werden", sagt Petra Rudnick, Allgemeinärztin im TK-Ärztezentrum. "Sobald der Erreger bekannt ist, sollte so schnell wie möglich auf die gezielte Antibiotikatherapie umgestellt werden. Das erhöht den Behandlungserfolg und reduziert unerwünschte Nebenwirkungen."
Auch nützliche Bakterien sind betroffen
Beim Einsatz von Antibiotika lässt sich meist nicht vermeiden, dass auch nützliche Bakterien abgetötet werden, die natürlicherweise im Körper vorkommen. Das kann zum Beispiel die Darmflora, Scheidenflora, Mundflora oder Hautflora aus dem Gleichgewicht bringen. Manchmal sind Beschwerden wie Durchfall, Bauchschmerzen, Pilzinfektionen oder allergische Reaktionen die Folge. Für den Antibiotikaeinsatz gilt deshalb grundsätzlich: So oft wie nötig, aber so selten wie möglich.
Wann Antibiotika notwendig sind
Wann der Einsatz von Antibiotika notwendig ist, liegt im Ermessen Ihres Arztes oder Ihrer Ärztin. Grundsätzlich helfen Antibiotika jedoch nur, wenn eine bakterielle Infektion die Ursache der Erkrankung ist. Infektionen, die häufig durch Bakterien ausgelöst werden, sind zum Beispiel:
- Mandelentzündung (Tonsillitis)
- Blasenentzündung (Zystitis)
- Lungenentzündung (Pneumonie)
- Hirnhautentzündung (Meningitis)
Manchmal werden Antibiotika auch eingesetzt, wenn zwar keine akute Erkrankung vorliegt, jedoch eine erhöhte Infektionsgefahr besteht. Das kann beispielsweise bei operativen Eingriffen oder offenen Wunden, etwa durch Tierbisse oder andere Verletzungen, der Fall sein.