Regionale Versorgung: "Die Weichen jetzt klug stellen"
Artikel aus Niedersachsen
Teile Niedersachsens laufen Gefahr zu einer unterversorgten Region zu werden. Nachhaltig lösen lässt sich das Thema nur, wenn Politik und Akteure zu zeitgemäßen Lösungen kommen und Althergebrachtes überwinden. Ein Kommentar von Dirk Engelmann.
Die Botschaft ist angekommen: Teile Niedersachsens laufen in der kommenden Dekade Gefahr, zu einer unterversorgten Region zu werden. Die Sorge ist nicht neu, doch die Brisanz hat das Thema nach oben auf die Agenda der Landespolitik gesetzt: Gut so! Nachhaltig lösen lässt sich das Thema nur, wenn Politik und Akteure zu zeitgemäßen Lösungen kommen und Althergebrachtes überwinden.
Wichtig wird es sein, gute Leitplanken zu definieren, entlang derer eine regional passgerechte Versorgung entwickelt werden kann:
Neue Versorgungsangebote und -strukturen müssen wirtschaftlich tragfähig und bedarfsnotwendig sein. Das gilt zuvorderst für den guten Ansatz, regionale Versorgungszentren zu schaffen, um Versorgung sicher zu stellen. Regionale Versorgungszentren machen dort Sinn, wo bisherige, bedarfsnotwendige Leistungen wegzufallen drohen. Sei es durch Praxisschließung oder Verlegung sowie durch Entwicklungen im stationären Sektor. Konzeptionell sollte dabei die Notfallversorgung und ein multiprofessionelles Versorgungsangebot mitgedacht werden - wenn sinnvoll auch mit stationären Teilbereichen. Wichtig bleibt, dass die regionalen Versorgungszentren wirtschaftlich auch langfristig auf eigener, tragfähiger Grundlage stehen.
Zukunftsfähig können Versorgungstrukturen nur sein, wenn sie sektorenübergreifend ausgerichtet sind und dazu konsequent digital konzeptioniert werden. Digitale Versorgungsmöglichkeiten müssen konsequent genutzt werden. Das flächendeckende Angebot gerade an fach- oder spezialfachärztlichen Angeboten wird nur über digitale Lösungen zu ermöglichen sein. Daher muss folgende Devise bei der regionalen Versorgung gelten: Wo immer möglich und sinnvoll sollten digitale Versorgungslösungen konsequent zum Einsatz kommen. Auch der Einsatz der ePA, des eRezepts und weiterer digitaler Anwendungen sollte selbstverständlicher und integraler Bestandteil werden.
Aus bestehenden regionalen Versorgungsprojekten müssen die richtigen Lehren gezogen werden. Vielfach sind wettbewerbliche Lösungen denen der kommunalen, regionalen Steuerung in der Praxis überlegen. Gerade hat die Innovationsfonds-Evaluation des vielfach beachteten Projekts INTEGRAL (gesundes Kinzigtal) gezeigt, dass dies - anders als von der Trägergesellschaft behauptet - in der Versorgung keinen nennenswerten Mehrwert für die Patientinnen und Patienten gebracht hat. Auch der wirtschaftliche Erfolg ist vielfach in der Diskussion. Deshalb sind Versorgungslösungen, die sich im Wettbewerb um Qualität durchsetzen, meist nachhaltiger und daher vorzuziehen.
Um Missverständnisse vorzubeugen: Kommunalpolitisches Engagement bei der Gestaltung der Versorgung vor Ort ist begrüßenswert und notwendig. Mittel- und langfristig müssen die unter kommunaler Mitwirkung gefundenen regionalen Versorgungslösungen aber den vorgenannten drei Prinzipien entsprechen, denn mit der Trias bedarfsnotwendig, digital und wettbewerbsfähig sind aus unserer Sicht die Leitplanken gut beschrieben, innerhalb derer sich eine qualitativ hochwertige, nachhaltige Gesundheitsversorgung für Niedersachsen entwickeln lässt. In diese Richtung müssen die Weichen jetzt gestellt werden.