Der neue Gesundheitsminister hat im Saarland viel vor
Interview aus Saarland
Dr. Magnus Jung hat mit den Ressorts Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit viele wichtige Themen in seinem neuen Aufgabenfeld als Minister. Wo er die Schwerpunkte seiner Arbeit in den kommenden fünf Jahren sieht, beantwortet er im Interview. Wichtige Punkte sind dabei die Pflege, die Krankenhausstruktur und die Digitalisierung.
TK: Sehr geehrter Herr Dr. Jung, Sie sind seit 26. April 2022 offiziell als Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit im Amt. Wie war Ihr Start ins neue Amt?
Dr. Magnus Jung: Wir sind im Haus und in der Öffentlichkeit sehr freundlich und mit vielen Hoffnungen aufgenommen worden. Die vielen guten Worte und Wünsche haben mich berührt. Sie geben mir viel Kraft für meine zukünftigen Aufgaben als Minister. Ich freue mich auf die zahlreichen spannenden Themengebiete die das Ressort bereithält. Mir ist es wichtig, einen Gestaltungsanspruch für eine aktive Sozial- und Gesundheitspolitik in allen Bereichen zu beweisen.
TK: Im Gesundheitswesen gibt es bundesweit, aber auch im Saarland, viele offene Baustellen. Welche Themen wollen Sie zuerst angehen und wie sieht ihr Fahrplan für die laufende Legislaturperiode aus?
Dr. Jung: Unsere Arbeit wird sich in der Legislaturperiode insbesondere auf die Bereiche Pflegenotstand, Krankenhausplanung, Armutsbekämpfung und Arbeitsmarktpolitik konzentrieren. In diesen Bereichen sehen wir die größten Handlungsbedarfe.
Im Saarland fehlen aktuell beispielsweise momentan rund 1.000 Pflegekräfte, bis Ende des Jahrzehnts sind es Hochrechnungen zufolge bereits 4.000 dringend benötigte Pflegekräfte. Mit einer saarländischen Konzertierten Aktion Pflege möchten wir die Pflege stärken und den Pflegenotstand bekämpfen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir mit allen Akteuren wie den Trägergesellschaften, den Pflegeschulen, den Gewerkschaften und mit Pflegekräften selbst in den Dialog treten. Ich bin davon überzeugt, dass wir die Pflege im Saarland nur gemeinsam zukunftsfähig gestalten können.
Weiteres Ziel ist die offensive Bekämpfung von Armut und eine zunächst Halbierung der Armut im Land innerhalb der nächsten fünf Jahre. Dabei sollen bewährte Ansätze zur Armutsbekämpfung im Saarland fortgesetzt, noch nicht zielgerichtete Ansätze geändert sowie neue, fundierte Ansätze begonnen werden. Insbesondere möchten wir ein quartiersbezogenes und ressortübergreifendes Konzept zur Reduzierung von Armut erarbeiten. Zusätzlich soll die Umsetzung der Kindergrundsicherung im Saarland vorangetrieben werden.
TK: Die Ambulantisierung im deutschen Gesundheitswesen schreitet weiter voran. Welche Chancen sehen Sie in dieser Entwicklung und welche Auswirkungen wird das auf die Versorgungsstrukturen im Saarland haben?
Übergeordnetes Ziel ist es dabei für uns, das Saarland zu einem Standort mit modernem, bedarfsgerechtem und leistungsfähigem Gesundheitssystem weiterzuentwickeln.
Dr. Jung: Die Ambulantisierung der Medizin wird ein wesentlicher Teil der Strukturveränderungen in der Gesundheitsversorgung sein. Der technische und medizinische Fortschritt ermöglicht es, mehr Patienten ambulant versorgen zu können. Übergeordnetes Ziel ist es dabei für uns, das Saarland zu einem Standort mit modernem, bedarfsgerechtem und leistungsfähigem Gesundheitssystem weiterzuentwickeln. Dafür muss zum einen die Krankenhauslandschaft aktiv weiterentwickelt werden. Mit Blick auf den demographischen Wandel ist es zum anderen aber auch von zentraler Bedeutung, die Gesundheitsversorgung in der Stadt und auf dem Land langfristig sicherzustellen. Ambulante medizinische Versorgungszentren können hier beispielsweise das bestehende Angebot ergänzen. Im Vordergrund steht in diesem Zusammenhang das Ziel einer effektiven, bedarfsorientierten Patientensteuerung.
TK: Auch die Digitalisierung wird im Gesundheitswesen immer wichtiger. Wie wollen Sie gemeinsam mit den anderen Playern die digitale Transformation gestalten?
Dr. Jung: Zentrales Ziel ist ein digitales Gesundheitssystem, das durch innovative Diagnostik, hohe Versorgungsqualität, Patientensicherheit, Nutzung von Präventivmedizin und vernetzte Gesundheitsdienstleister geprägt ist. Im Hinblick auf den demografischen Wandel spielt dabei der Einsatz telemedizinischer Diagnose- und Beratungsinstrumente eine wichtige Rolle. Daneben hat im Bereich der Pflege auch der Einsatz von Smart-Home-Anwendungen großes Potential, um die Pflege im eigenen Zuhause zu erleichtern. Die Landesregierung möchte sich außerdem für den Einsatz elektronischer Gesundheitsakten einsetzen, die alle persönlichen Befunde und Verschreibungen, Laborergebnisse etc. von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten umfassen, um die beste Diagnose und Nachsorge zu ermöglichen.
TK: Eine Frage zum Abschluss. Wie sollte aus Ihrer Sicht die medizinische Versorgung im Saarland in fünf Jahren aussehen?
Dr. Jung: Die Medizin der Zukunft muss höchste Qualität bei maximaler Patientensicherheit bieten können. Dabei ist eine flexible und moderne Organisation von großer Bedeutung. Die Medizin muss aber auch einen guten Arbeitsplatz für alle Bereiche darstellen - von der ärztlichen Versorgung über die Pflege bis zur Therapie.
Zur Person
Dr. Magnus Jung gehört seit 2009 dem saarländischen Landtag an. Der SPD-Politiker war von 2014 bis 2022 stellvertretender Fraktionsvorsitzender und war in der vergangenen Legislaturperiode als gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion auch Vorsitzender des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Seit 26. April 2022 ist er als Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit vereidigt.