Wie bewerten Rettungskräfte die geplante Reform?
Interview aus Saarland
Timm Mathis ist Geschäftsführer des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar. Im Interview berichtet er, was in der Praxis gut läuft und was nicht. Außerdem bezieht er Stellung zur geplanten Notfallreform.
TK: Sehr geehrter Herr Mathis, Sie sind als Geschäftsführer des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar mitverantwortlich für die Notfallversorgung im Saarland. Wie sehen Sie die Lage aktuell im Saarland?
Timm Mathis: Der saarländische Rettungsdienst ist, wie alle Rettungsdienste in der Bundesrepublik im bestehenden Spannungsfeld zwischen sich verändernder Kliniklandschaft und den ambulanten Versorgungstrukturen stark gefordert. Zudem belasten auch der allgemeine Fachkräftemangel und der gesellschaftliche Wandel den Rettungsdienst. Nichtsdestotrotz ist die Situation im Saarland als stabil und qualitativ hochwertig zu bezeichnen und im Bundesvergleich sicher über dem Durchschnitt.
TK: Wie bewerten Sie die kürzlich vorgestellten Eckpunkte einer Notfallreform aus dem Bundesgesundheitsministerium und wie werden diese die Situation im Saarland beeinflussen?
Mathis: Für eine Bewertung scheint es so kurz nach Veröffentlichung der Eckpunkte noch zu früh. Entscheidend wird sein, was sich konkret in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln und umsetzen lässt.
TK: Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht eine sektorenübergreifende Planung und Zusammenarbeit für die Notfallversorgung im Saarland?
Mathis: Bezogen auf die Vernetzung der 112 und der 116 117 haben wir im Saarland durchaus eine Vorreiterrolle, da eine solche bereits besteht. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Bereich der Gefahrenabwehr und Daseinsfürsorge von großer zeitlicher Dringlichkeit in der Abarbeitung geprägt ist und insoweit gemeinsame Gesundheitsleitstellen nach unserer Einschätzung dem nicht Rechnung tragen können.
Soweit es in der klinischen und ambulanten Landschaft Ergänzungen gibt, wäre dies aus Sicht des Rettungsdienstes insoweit wünschenswert, als dass je nach konkreter Umsetzung die Transportwege kürzer werden könnten bzw. die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Ersuchen ggf. auch ohne Inanspruchnahme des Rettungsdienstes neue Anlaufpunkte bekommen. Eine tiefergehende Bewertung erscheint aber wie oben angedeutet noch zu früh.
TK: Mit der 2024 gestarteten App Saarretter werden registrierte qualifizierte Ersthelfer, die sich in der Nähe eines medizinischen Notfalls befinden, alarmiert, um Erste Hilfe zu leisten. Wie wird die App bisher angenommen und welchen Effekt erhoffen Sie sich durch die Einführung?
Mathis: Wir können derzeit auf die ersten Wochen sehr zufrieden schauen: So konnten zwischenzeitlich bereits 1.200 Helferinnen und Helfer registriert werden und erste Alarmierungen stattfinden. Die Resonanz ist sehr positiv und wir erhoffen uns noch mehr Potentiale realisieren zu können. Unser Ziel ist es ein möglichst dichtes Netz von Helferinnen und Helfern zu schaffen, um in den Fällen eines Herz-Kreislauf-Stillstandes ergänzend zum Rettungsdienst alle Möglichkeiten zur schnellstmöglichen Reanimation auszuschöpfen. Sollte dadurch nachweislich nur ein Leben gerettet werden können, wäre dies schon ein durchgreifender Gewinn.