#Chefinsache zur Reform der Notfallversorgung
Interview aus Mecklenburg-Vorpommern
In der #Chefinsache analysiert die Leiterin der TK-Landesvertretung M-V, Manon Austenat-Wied, die gesundheitspolitischen Pläne der Expertenkommission zur Reform der Notfallversorgung.
TK: Frau Austenat-Wied, die "Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung" hat am 13. Februar ihre vierte Stellungnahme veröffentlicht. Darin offenbaren die Expertinnen und Experten weitreichende Pläne zur Aktualisierung der Notfallversorgung. Sind die Reformpläne aus ihrer Sicht der richtige Weg, um die Versorgungssituation der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern?
Manon Austenat-Wied: Aus meiner Sicht ist es richtig, dass im Rahmen der Krankenhausreform auch das Thema Notfallversorgung angegangen wird. Gerade vernetzte Notfallzentren und koordinierende Leitstellen sind wichtig für eine schnellere und bessere Notfallversorgung. Damit dies gelingen kann, müssen diese Einrichtungen sinnvoll in die bestehende Struktur integriert werden. Die handelnden Personen zusammenzubringen und durch digitale Hilfsmittel zu unterstützen, ist der richtige Ansatz.
TK: Kann eine gemeinsame Leitstelle zur Steuerung der Versorgung funktionieren?
Austenat-Wied: Eine standardisierte, wissenschaftlich valide, softwaregestützte und qualitätsgesicherte Ersteinschätzung durch medizinisch qualifizierte Fachkräfte ist Grundvoraussetzung, damit eine effiziente Notfallsteuerung gelingt. Die Patientinnen und Patienten können so schnell und kompetent die notwendige Hilfe erhalten. Bislang existiert ein derartiges Instrument aber noch nicht. Es ist wichtig, dieses zügig auf den Weg zu bringen. Die Integration telemedizinischer Leistungen ist außerdem ein wichtiges Instrument, um ortsunabhängig in optimaler Qualität versorgen zu können. Allerdings braucht es dazu noch Vergütungsregelungen, um die im Empfehlungspapier skizzierten Versorgungslösungen umzusetzen.
TK: Welche Auswirkungen hätten Integrierte Notfallzentren (INZ) auf die Versorgungslage im Land?
Austenat-Wied: Ein wichtiger Baustein für eine bedarfsgerechte Notfallversorgung ist die Einrichtung von integrierten Notfallzentren. Diese sollten in Krankenhäusern eingerichtet werden, die den Kriterien der vom G-BA beschlossenen Notfallstufen entsprechen. Auch Krankenhäuser des neuen Level ln sollten einbezogen werden. Gerade in einem Flächenland mit einer relativ großen Distanz zwischen den einzelnen Standorten ist das wichtig. Die Einbeziehung der rund um die Uhr geöffneten MVZ sollte nur dann erfolgen, wenn das Krankenhausplanungsgremium feststellt, dass der Bedarf dafür nicht durch die Krankenhäuser gedeckt werden kann. Zudem würde so verhindert, das unwirtschaftliche parallele Angebote entstehen.
TK: Die Qualifikations- und Finanzierungsaspekte haben wir bisher noch nicht thematisiert. Wie betrachten Sie die Vorschläge des Gremiums dazu?
Austenat-Wied: Die vorgeschlagene Qualifizierung für Fachärzte und Fachärztinnen im Bereich Notfallmedizin ist sinnvoll. Allerdings sollte nicht nur die so qualifizierte Personengruppe ein INZ leiten dürfen. Gleichsam entsteht in der Ärzteschaft der INZ eine Qualifikationsgefälle. Denn ein Teil der Fachärzte (jene aus dem stationären Sektor) in der Notfallmedizin müsste sich erst dahingehend qualifizieren, während für andere Facharztgruppen (z. B. Innere Medizin) im Bereitschaftsdienst dies nicht notwendig wäre. Eine regelhafte Weiterbildung sollte für alle im INZ tätigen Medizinerinnen und Mediziner gelten.
Eine zentrale Frage, ob die Reform erfolgreich gelingen kann, ist die Frage der Finanzierung. Damit nicht Jahrzehnte ins Land gehen, sollte auf die bestehenden finanziellen Strukturen aufgesetzt werden. Damit wäre der Mittelfluss kurzfristig realisierbar und sichergestellt. Dabei ist eine Unterteilung in Vorhaltepauschale und leistungsabhängige Pauschalen, differenziert je nach Schweregrad, optimal für die solide Finanzierung in M-V geeignet. Denn fernab der Patientenbetreuung gibt es anfallende Kosten und gleichzeitig variieren die Versorgungskosten je nach Grad der gesundheitlichen Beeinflussung.