In einem ersten Schritt sollen die Krankenhäuser in Hamburg mittels digitaler Schnittstellen miteinander verbunden werden. Insgesamt stehen für diesen Strukturaufbau knapp 19 Millionen Euro zur Verfügung. Die Hälfte der Gelder stammt aus dem Krankenhausstrukturfonds II beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), der von den Krankenkassen aus Mitteln des Gesundheitsfonds gespeist wird. Die andere Hälfte steuert das Land Hamburg aus Investitionsmitteln bei.

Im Interview berichtet Tim Angerer, Staatsrat für Gesundheit, über die sektorenübergreifende Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern, wie die "ePA für alle" einbezogen wird und welche Ziele H³ weiterverfolgt.

TK: Herr Staatsrat Angerer, der Health Harbor Hamburg - H³ ist seit 2019 das Vorzeigeprojekt für sektorenübergreifende Zusammenarbeit für ein digitales Gesundheitssystem. Welchen Stellenwert nimmt H³ in der Hamburger Digitalstrategie ein?

Tim Angerer: In der Digitalisierung des Gesundheitswesens nimmt Hamburg eine Vorreiterrolle ein. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Verfügbarkeit von Gesundheitsinformationen in der Versorgung. Diese gelingt nur durch eine effiziente Vernetzung der Gesundheitseinrichtungen. In der H³-Initiative ist es uns gelungen, die wichtigsten Akteure, wie die Ärztekammer, die Kassenärztliche Vereinigung, Krankenhäuser und Krankenkassen, für dieses Ziel zusammenzubringen. Diese Vernetzung trägt wesentlich dazu bei, die Behandlung besser zu koordinieren, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Behandlern zu optimieren und einen schnelleren Zugriff auf medizinische Informationen zum Wohle der Patientinnen und Patienten zu ermöglichen. Das beginnt bei ganz praktischen Möglichkeiten wie der digitalen Terminvergabe bis hin zum digitalen Austausch von radiologischen Bildern. Gemeinsam legen wir Ziele und Themenschwerpunkte fest, bei denen die Digitalisierung das Versorgungsgeschehen unterstützt. Die Digitalisierung kann nicht isoliert betrachtet und durch die einzelnen Versorgungseinrichtungen im Alleingang vorangetrieben werden. Hier bedarf es eines kooperativen Miteinanders der Leistungserbringer. Die H³-Initiative bietet hierfür den passenden Rahmen und stellt die erforderlichen Ressourcen bereit. 

Tim Angerer

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Staatsrat für Gesundheit und Arbeit der Hamburger Sozialbehörde

In der H³-Initiative ist es uns gelungen, die wichtigsten Akteure, wie die Ärztekammer, die Kassenärztliche Vereinigung, Krankenhäuser und Krankenkassen, zusammenzubringen. Tim Angerer, Staatsrat für Gesundheit

TK: In H³ werden vier sogenannte Use Cases abgedeckt. Einer davon ist die Anbindung an die elektronische Patientenakte (ePA). Wie bringt sich H³ hier ein?

Angerer: Die "elektronische Patientenakte für alle" befindet sich seit Beginn des Jahres in drei ausgewählten Regionen Deutschlands, darunter auch Hamburg, in der realen Erprobung. Sie stellt einen Meilenstein in der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens dar. Sie ist eine patientengeführte Akte, die den Versicherten Zugriff und Kontrolle über die eigenen Gesundheitsdaten ermöglicht. Alle relevanten Daten, wie Diagnosen, Befunde und Medikationsinformationen, sind an einem Ort gespeichert und für die Behandlerinnen und Behandler zugänglich, was wiederum eine schnellere und effizientere Versorgung ermöglich und dabei die Behandlungssicherheit erhöht. Die Implementierung einer solchen Innovation ist natürlich mit zahlreichen technischen und prozessbezogenen Herausforderungen verbunden, die gerade in den komplexen Organisationsstrukturen von Krankenhäusern viele Fragen aufwerfen. Die Krankenhäuser der H³-Initiative haben sich in einem ihrer Use Cases dieser Herausforderung angenommen und eine Handreichung erstellt, die anhand von konkreten Praxisbeispielen und Erfahrungen auch Krankenhäusern bundesweit eine Hilfestellung bei der Implementierung der ePA bieten kann. Zu nennen sind hier beispielsweise Vorlagen für ein Betriebs- und Strategiekonzept oder ein IT-Architekturbild, das die Komponenten der technischen Infrastruktur zeigt, die im Zuge der ePA-Implementierung als Blaupause herangezogen werden können. Die Sozialbehörde hat hier bei der Veröffentlichung unterstützt. Perspektivisch wollen die Krankenhäuser auch strukturierte Daten, also Daten, die in einem standardisierten und technisch lesbaren Format vorliegen, mit der ePA austauschen. Durch die Nutzung unterschiedlicher IT-Systeme in Praxen, Kliniken und Apotheken und dem Fehlen einheitlicher Standards wird der Datenaustausch bisher noch erschwert, das heißt, dass Datenformate untereinander nicht kompatibel sind, nicht ohne Weiteres übertragen werden können und oftmals eine manuelle, zeitaufwendige Nachbearbeitung erforderlich ist. Voraussetzung für einen strukturierten Datenaustausch ist jedoch eine funktionierende ePA.

TK: Wie steht es um die anderen Use Cases? Was ist im Projekt H³ als nächstes geplant?

Angerer: Ein weiterer Anwendungsfall der H³-Initiative ist der Aufbau eines teleradiologischen Netzwerks. Wenn von Patientinnen und Patienten im Rahmen einer Untersuchung beispielsweise Röntgenbilder oder MRT-Aufnahmen angefertigt wurden, sind diese oft auch für weitere Behandlerinnen und Behandler relevant, beispielsweise wenn eine Wiedervorstellung in einem anderen Krankenhaus erfolgt. Mithilfe eines solchen Netzwerks können berechtigte Versorgungseinrichtungen auf digitalem Wege auf die Bilder zugreifen. Bildbefunde können somit unmittelbar einrichtungsübergreifend und datenschutzkonform bereitgestellt und eingesehen werden, ohne diese aufwendig auf CDs oder per Post übersenden zu müssen. Das teleradiologische Netzwerk, das die 21 Krankenhäuser nun aufbauen, bietet perspektivisch auch die Anschlussmöglichkeit für ambulante Einrichtungen, wie radiologische Großpraxen. Die technische und organisatorische Umsetzung eines solches Netzwerks ist komplex und ressourcenintensiv. Die für die H³-Initiative bereitgestellten Fördermittel ermöglichen den Aufbau und legen ein wichtiges Fundament für die weitere Digitalisierung der Gesundheitsversorgung in Hamburg.  

Hintergrund

Unter der Schirmherrschaft der Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) arbeitet eine kleine Projektgruppe aus stationären Leistungserbringern und zwei Krankenkassen an der Umsetzung des Projekts "H³ - Health Harbor Hamburg" als Teil der Hamburger Digitalstrategie. Der Initiative haben sich darüber hinaus insgesamt 21 Hamburger Plankrankenhäuser, die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH), die Ärztekammer Hamburg und die Hamburger Krankenhausgesellschaft angeschlossen. Das Projekt ist aus der sektorenübergreifenden Landeskonferenz Versorgung zum Thema Digitalisierung heraus entstanden und soll die verschiedenen Akteure im Hamburger Gesundheitswesen über die Sektorengrenzen hinweg besser miteinander vernetzen.