Zur Sache: Digital-Gesetz und Gesundheitsdatennutzungsgesetz
Interview aus Hamburg
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet viele Chancen, die Versorgung für Patientinnen und Patienten zu verbessern und die Arbeit für die Ärzteschaft zu erleichtern. Zwei Gesetze sollen dies voranbringen - das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz - DigiG) und das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz - GNDG).
Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg, hat sich beide Gesetze angeschaut. Im Interview sie einen Überblick und erläutert, welche Inhalte aus Sicht der TK zu begrüßen sind und was noch fehlt.
TK: Das Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) sind nun bekannt und treten nach Verkündung beziehungsweise am 1. Januar 2025 in Kraft. Hat sich das Warten gelohnt?
Maren Puttfarcken: Es ist enorm wichtig, dass mit dem Digitalgesetz und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz endlich wieder Dynamik in die Digitalisierung des Gesundheitswesens kommt! Natürlich gibt es die elektronische Patientenakte (ePA) und das E-Rezept, aber bisher werden beide leider kaum genutzt. Damit sich das ändert, brauchen wir auf jeden Fall mehr Nutzerfreundlichkeit und einen erkennbaren, echten Mehrwehrt für die Patientinnen und Patienten - und auch für die Ärzteschaft. Zum Beispiel sollen künftig in der Medikationsliste der ePA alle verordneten Arzneimittel aufgeführt werden. Eine Übersicht von der auch die Ärztinnen und Ärzte bei der Behandlung profitieren. Klar ist auch: Die ePA bringt nur dann etwas, wenn die Akte auch wirklich gefüllt wird. Im Gesetz ist nun verankert, dass Patientinnen und Patienten ihre Daten beim Arztbesuch automatisch in die ePA geladen bekommen. Wir müssen den Schub für die Digitalisierung auf jeden Fall nutzen und die Änderungen, die in den Gesetzen beschlossen wurden, zügig in die Praxis überführen.
Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz stand bereits im Koalitionsvertrag der Ampel und wird nun endlich umgesetzt. Die Pandemie hat wie ein Brennglas aufgezeigt, dass Deutschland bei der Nutzung von Gesundheitsdaten hinterherhinkt. Ein großes Problem ist, dass die Krankenkassen die entscheidenden Daten der ambulanten Leistungserbringer erst sechs bis neun Monate, nachdem die Versicherten bei der Ärztin oder beim Arzt waren, über die Abrechnungsdaten bekommen. Das GDNG reduziert den Zeitraum immerhin auf nur noch bis zu vier Monate. Wenn wir aber wirklich auf dynamische Entwicklungen reagieren wollen, brauchen wir direkt die Diagnosedaten und am besten tagesaktuell - für eine bessere Gesundheit unserer Versicherten.
Dass das E-Rezept endlich in die Apps der Krankenkassen eingebunden werden kann, ist eine sehr sinnvolle Neuerung.
TK: Welche Aspekte der Gesetze möchten Sie besonders hervorheben?
Puttfarcken: Ziel des Digital-Gesetzes ist die Weiterentwicklung und Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens mit der ePA als zentralem Baustein. Dazu sollen alle gesetzlich Versicherten ab Anfang 2025 die ePA erhalten, es sei denn, sie widersprechen über ein sogenanntes Opt-Out Verfahren. Damit werden die Hürden für die ePA gesenkt! Der mühsame und wenig nutzerfreundliche Prozess zum Anlegen einer Akte entfällt. Unsere Nachbarländer machen es vor: Je einfacher der Zugang zu digitalen Lösungen, desto eher werden sie genutzt. Leichter Zugang ist ebenfalls das Stichwort beim E-Rezept. Wirklich digital ist das E-Rezept erst mit einer Einlösung unabhängig von der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und zwar per App. Dass das E-Rezept endlich in die Apps der Krankenkassen eingebunden werden kann, ist eine sehr sinnvolle Neuerung. Das ist für viele komfortabler, weil sie diese Apps bereits auf dem Smartphone installiert haben. Das Digital-Gesetz sieht außerdem vor, dass Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) auf Medizinprodukte höherer Risikoklassen erweitert werden und die Preisgestaltung stärker an Erfolgskriterien gebunden sein soll. Damit soll auch ein transparenter Qualitätswettbewerb zwischen den DiGA etabliert werden. Auch die Videosprechstunden sollen laut Referentenentwurf breiter eingesetzt und leichter genutzt werden können. Das ist nur konsequent: Ob eine Videosprechstunde angebracht ist, sollte je Behandlungsfall entschieden werden und nicht, ob die Ärztin oder der Arzt noch ein "Online-Kontingent" hat.
Mit dem GDNG verfolgt die Koalition das Ziel, die vorhandenen Gesundheitsdaten besser miteinander zu verknüpfen und nutzbar zu machen. Forschung, gesundheitliche Versorgung und Innovationen werden hiervon profitieren - und damit wir alle. Die bessere Nutzung der Daten führt alles in allem zu deutlich mehr Patientensicherheit.
Alles in allem geben die beiden Gesetze der Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland einen kräftigen Schub. Gesundheitsdaten nutzen, Qualität erhöhen und Effizienzen heben - das sind auf jeden Fall sehr gute Chancen, die wir nun ergreifen sollten!