Hannover, 10. Juli 2024. Seit Oktober 2020 können ärztliche und psychotherapeutische Praxen ihren Patientinnen und Patienten Apps auf Rezept verordnen. Bis Ende 2023 haben Versicherte der Techniker Krankenkasse (TK) aus Niedersachsen 12.128 Freischaltcodes eingelöst, mit denen sie Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) nutzen können. Innerhalb der letzten zwölf Monate hat sich die absolute Zahl der bei der TK eingelösten Freischaltcodes von rund 76.000 auf 147.000 bundesweit nahezu verdoppelt.

Steigende Nachfrage, viele Apps jedoch ohne Wirksamkeit

"Apps auf Rezept sind für die Patientinnen und Patienten ein richtiger und wichtiger Schritt in der Digitalisierung und wir erkennen auch, dass die Nachfrage von DiGA steigt" erklärt Sabrina Jacob, kommissarische Leiterin der TK-Landesvertretung Niedersachsen. Die TK sieht bei der Ausgestaltung dieses dynamisch wachsenden Versorgungsbereichs jedoch weiterhin Optimierungsbedarf. Der Großteil der DiGA legt zum Start noch keine Studie zum Nutzennachweis vor. Die Apps werden zunächst für ein Jahr zur Erprobung in das Verzeichnis erstattungsfähiger DiGA aufgenommen. "Zwei Drittel der bisher erhältlichen Apps konnten ihre Wirksamkeit innerhalb des ersten Jahres nicht nachweisen", so Jacob weiter. Einigen Herstellern gelang dies auch nicht während der verlängerten Erprobungsphase.

Freie Festlegung der Preise auf Herstellerseite

Die Kosten für DiGA steigen kontinuierlich an, wie der DiGA-Report der TK zeigt. Lag der Durchschnittspreis für eine DiGA im Jahr 2020 noch bei 418 Euro, so waren es 2023 bereits 628 Euro. "Problematisch ist, dass Hersteller im ersten Erstattungsjahr die Preise frei festlegen können. Dies führt dazu, dass die Versichertengemeinschaft für Anwendungen zahlt, deren Nutzen nicht ausreichend nachgewiesen ist", sagt Jacob.
Zwar könnten die Kassen zurückfordern, was überhöht gezahlt wurde, jedoch bleiben sie im Falle von Insolvenzen auf einem Teil der Rückforderungen sitzen. Allein die offenen Rückzahlungen aufgrund von Insolvenzen belaufen sich mittlerweile auf 2,6 Millionen Euro zulasten der TK, wie aus weiteren Auswertungen des aktuellen DiGA-Reports hervorgeht.

Wer nutzt Apps auf Rezept?

Mehr als zwei Drittel der Nutzer sind Frauen. Den größten Teil der Verordnungen (67,8 Prozent) erhalten Versicherte zwischen 30 und 60 Jahren. Das Durchschnittsalter der DiGA-Nutzerinnen und -Nutzer liegt bei 45 Jahren. Am häufigsten verschrieben werden Apps für die psychische Gesundheit, gegen Übergewicht und Diabetes sowie gegen Rücken- und Knieschmerzen. Folgeverordnungen bleiben jedoch die Ausnahme: Seit Versorgungsstart haben rund 15 Prozent der DiGA-Nutzerinnen und -Nutzer eine App ein weiteres Mal genutzt.

Hintergrund

Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten die Kosten ausschließlich für Apps, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft wurden und im DiGA-Verzeichnis des BfArM  gelistet sind. Der von der Techniker Krankenkasse (TK), dem Forschungsinstitut Vandage und der Universität Bielefeld gemeinsam herausgegebene DiGA-Report ist unter  tk.de abrufbar.