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Autsch! Gerade will man den Koffer ins Auto hieven, da fährt plötzlich ein stechender Schmerz in den Rücken. Bandscheibenvorfall. Was tun? Viele Betroffene haben Angst vor einer Operation. Schließlich birgt so ein Eingriff immer Risiken - besonders an einer so komplexen Konstruktion wie der Wirbelsäule. Auch ist eine Operation in vielen Fällen gar nicht nötig. Die gute Nachricht: Durch minimalinvasive Techniken kann heute schonend operiert werden. Wer sich trotzdem ungern unters Messer legt, hat die Möglichkeit, Schäden an Wirbeln und Bandscheiben durch innovative Prothesen zu korrigieren. 

Was passiert bei einem Bandscheibenvorfall?

Bei einem Bandscheibenvorfall reißt der äußere Ring der Bandscheibe und Gewebe tritt aus. Wenn das gegen die Nerven im Rückenmarkskanal drückt, können starke Schmerzen entstehen, zuweilen treten sogar neurologische Ausfälle auf. Die kranke Bandscheibe verliert außerdem ihre Funktion als Stoßdämpfer zwischen den Wirbeln. Bei Lähmungserscheinungen wird dem Patienten in der Regel eine rasche Operation empfohlen. Andernfalls sollten die Beschwerden konservativ therapiert werden: mit einem Mix aus ausreichender Schmerzbekämpfung und möglichst frühzeitiger Aufnahme von Bewegung. Auch eine osteopathische Behandlung  kann eine Option sein.

Erst, wenn die Schmerzen nicht nachlassen oder doch noch Lähmungserscheinungen auftreten, rückt die Bandscheibenoperation in den Fokus: Dabei wird die betroffene Bandscheibe teilweise oder komplett entfernt. Die betreffenden Wirbel werden versteift, manchmal wird auch eine künstliche Bandscheibe eingesetzt.

Werden Bandscheibenvorfälle vorschnell operiert?

Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2017 hat sich die Zahl der operativen Eingriffe an der Wirbelsäule von 2007 bis 2015 um 71 Prozent erhöht. Damit zählt  diese Operation zu den am häufigsten durchgeführten Eingriffen in Deutschland. Was dabei auffällt, sind die großen regionalen Unterschiede: In manchen Kreisen wird bis zu 13 Mal häufiger operiert als in anderen. Aus medizinischer Sicht lassen sich die Unterschiede kaum erklären. 

Vor der Entscheidung: eine zweite Meinung einholen

Die Techniker bietet TK-Versicherten die Möglichkeit, sich vor einer Operation eine zweite ärztliche Meinung einzuholen. Eine Auswertung der Zweitmeinung vor Eingriffen an der Wirbelsäule zeigte übrigens, dass nur eine von zehn OPs wirklich notwendig ist.

Tipp

Ist eine Operation notwendig? Das Zweitmeinungsangebot der Techniker unterstützt Sie vor Eingriffen an Rücken, Hüft-, Knie- oder Schultergelenken. Holen Sie sich eine zweite Meinung von Fachexperten ein - digital oder vor Ort

Welche Operationsverfahren gibt es?

Sollte eine Operation unumgänglich sein, stehen mehrere minimalinvasive Techniken zur Wahl, wie die Mikrochirurgie oder endoskopische Verfahren, die eine nerven- und muskelschonende Operation ermöglichen. Ein Überblick: 

Mikrochirurgie:

Dabei setzt der Neurochirurg über einen kleinen Hautschnitt ein Operationsmikroskop ein, mit dem er direkt in den Wirbelkanal schauen kann. Durch den gleichen Schnitt befreit er nun mit Spezialinstrumenten die eingeengte Nervenwurzel vom Bandscheibengewebe. 

Endoskopische (Schlüsselloch-)Chirurgie:

Das Endoskop ist ein Spezialgerät, das unter anderem mit einer Kamera ausgestattet ist. Es wird über eine kleine Hautöffnung bis zum Bandscheibenvorfall vorgeschoben. Unter Videokontrolle entfernt der Chirurg mit sehr feinen Instrumenten den Bandscheibenvorfall punktgenau. 

Weitere minimalinvasive Techniken:

Ist die Bandscheibe noch intakt, aber so geschwächt, dass sie sich vorwölbt und auf Nerven drückt, können andere Techniken angewendet werden, zum Beispiel die Chemonukleolyse. Dabei wird das Bandscheibengewebe mit einem Enzym verflüssigt und abgesaugt. Auch eine Laserabtragung ist möglich: Indem die Bandscheibe infrarotem Licht ausgesetzt wird, verkleinert sie sich. 

Offene Bandscheiben-OP:

Sie wird heute immer seltener durchgeführt, da ein größerer Hautschnitt erforderlich und das Risiko für Komplikationen höher ist.

Wirbel-Fusion und künstliche Bandscheiben

Wenn die Bandscheiben stark abnutzen, verliert die Wirbelsäule immer mehr an Stabilität. Reiben einzelne Wirbel aufeinander, können starke und chronische Schmerzen entstehen. Bei der Versteifungs-OP wird daher die kranke Bandscheibe entfernt und ein Schrauben-Stab-System eingesetzt, das die Wirbel miteinander fixiert. Diese sogenannte Fusion stabilisiert die Wirbelsäule, schränkt aber auch die Beweglichkeit der betreffenden Stelle ein.

Daher verwenden Chirurgen bei schweren Bandscheibenschäden und chronischen Schmerzen immer häufiger künstliche Bandscheiben bzw. Prothesen. Diese korrigieren den Höhenverlust zwischen den Wirbeln, stabilisieren die Wirbelsäule und verbessern ihre Beweglichkeit. Forscher auf dem Gebiet der Endoprothetik entwickeln fortwährend neue Implantate, die der ausgeklügelten Biomechanik des Körpers noch näher kommen. Bandscheiben-Prothesen machen jedoch meist weitere Eingriffe nötig, etwa weil sie verrutschen oder zu fest sitzen. 

Aus der Zukunft: Rettungsschirm für die Bandscheibe

Das Deutsche Institut für Textil- und Faserforschung hat jüngst ein Textil-Implantat für Bandscheibenvorfälle entwickelt, das sich im Inneren der Bandscheibe wie ein Schirm aufspannt und den Riss im äußeren Bandscheibenring verschließt. Das Bandscheibengewebe bleibt so erhalten. Das Implantat soll 2019 auf den Markt kommen. 

Wann wird ein Bandscheibenvorfall operiert? 

Zwingende Gründe sind funktionelle Ausfälle wie etwa Lähmungen, da die Bandscheibe hierbei eine Nervenfaser komplett unterbricht und ein Wurzeltod mit bleibenden Schäden droht. Auch das Kaudasyndrom ist ein Notfall: Dabei werden Nerven im unteren Rücken, der Cauda equina, gequetscht, was zu Inkontinenz und tauben Innenseiten der Oberschenkel führt. Derartige Notfälle sind jedoch selten. In den meisten Fällen sind nicht-operative Maßnahmen wie Krankengymnastik, Schmerzmedikation und ergänzende Anwendungen angemessen. Nur wenn die Schmerzen trotzdem anhalten, kann eine Operation sinnvoll sein.