Auf Schatzsuche in Thüringer Kitas - seelisches Wohlbefinden der Jüngsten stärken
Interview aus Thüringen
Ende März 2023 startet der erste Weiterbildungsdurchgang für Thüringer Pädagoginnen und Pädagogen, die als Schatzsuche-Referentinnen und Referenten ausgebildet werden. Danach begeben sie sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen und Bezugspersonen von Kita-Kindern auf die Reise.
Schatzsuche ist ein Eltern-Bildungsprogramm für Kindertageseinrichtungen. Das Programm wurde von der Hamburgischen Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e.V. (HAG) entwickelt, um das seelische Wohlbefinden von Kindern zu stärken. Die TK ist auch in Thüringen Kooperationspartner für das Programm.
Im Interview erklärt Theresa Möckel von der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen e.V. (Agethur) Schatzsuche und was in Thüringen geplant ist. Sie ist Ansprechpartnerin für das Eltern-Programm im Freistaat.
TK: Welche Schätze werden im Eltern-Programm von wem gesucht?
Theresa Möckel: Die Erwachsenen suchen die Schätze der Kinder bzw. werden für sie sensibilisiert. Dass sich das Programm in erster Linie gar nicht an die Kinder wendet, sondern mit den Erwachsenen zusammenarbeitet - also den Pädagoginnen und Pädagogen und den Eltern - um mit ihnen die Stärken der Kinder zu entdecken, ist etwas Besonderes.
Dabei geht es um Themen wie Resilienz und Schutzfaktoren und einen ressourcenorientierten Blick auf die kindliche Entwicklung - immer nach dem Motto "Stärken stärken - Kompetenzen unterstützen". Schätze sind all das, was Kindern hilft, seelisch gesund durch herausfordernde Situationen zu kommen. Die gibt es ja in jedem Alltag immer wieder und in den frühen Entwicklungsphasen sogar geballt.
Um Familien auch in stürmischen Zeiten gut begleiten zu können, braucht es zudem gesunde und resiliente Kita-Fachkräfte. Daher ist es ebenso wichtig, den pädagogischen Fachkräften die Möglichkeit zu eröffnen, ihren Blick auf sich selbst und ihre Ressourcen zu richten. So können sie auch in Zukunft den Kita-Alltag gestärkt und positiv gestalten, um die Entwicklung der Kinder ressourcenorientiert zu begleiten.
TK: Wieso ist es wichtig, sich bereits um das seelische Wohlbefinden der Kleinsten zu kümmern und welche Rolle spielen Kindertagesstätten dabei?
Möckel: Kinder sind selbstbildende Akteure und aktive Mitgestalter ihrer Entwicklung. Zugleich sind sie in hohem Maße auf die Unterstützung aus ihrer nahen Umwelt angewiesen, wenn sie für sie schwierige Ereignisse oder beispielsweise Entwicklungsaufgaben zu bewältigen haben. Sie benötigen einfühlsame Bezugspersonen, die sie durch herausfordernde Situationen gemäß ihres Entwicklungsstandes bzw. ihrer bereits entwickelten Bewältigungsstrategien mit Wertschätzung und Empathie begleiten.
Insbesondere Kindertageseinrichtungen bieten optimale Möglichkeiten Eltern zu erreichen und bei der Förderung des seelischen Wohlbefindens der Kinder zu unterstützen.
Immer mehr Eltern wünschen sich Hilfe bei Erziehungsfragen oder sind an aktuellen pädagogischen Erkenntnissen interessiert. Insbesondere Kindertageseinrichtungen bieten optimale Möglichkeiten Eltern zu erreichen und bei der Förderung des seelischen Wohlbefindens der Kinder zu unterstützen.
Eine empathische Entwicklungsbegleitung durch pädagogische Fachkräfte kann außerdem dabei helfen, dass Kinder die für ihre Entwicklung so wichtigen seelischen Schutzfaktoren ausbilden können. Die Pädagoginnen und Pädagogen können daher eine wichtige Unterstützung für Familien und kindliche Entwicklung sein.
TK: Was sind bzw. waren die ersten Schritte des Programms in Thüringen?
Möckel: In Thüringen wird das Programm seit Sommer 2022 koordiniert. Bevor wir mit der ersten Weiterbildungsrunde im März 2023 starten können, haben wir das Programm-Konzept auf unser Bundesland übertragen. Wir haben einzelne Weiterbildungsmodule an unsere Bedürfnisse angepasst, Referentinnen und Referenten gesucht und die Weiterbildungstage organisiert.
Außerdem musste das Programm im Freistaat erst einmal bekannt gemacht werden. Dazu wurde das Programm auf Fachtagen präsentiert, die Träger der Kitas und die Kitas selbst wurden informiert und es wurden Kooperationsgespräche mit verschiedenen Akteuren in und um das Setting Kita geführt.
Ende Januar 2023 haben wir das Programm im Rahmen einer Auftaktveranstaltung in Erfurt zirka 60 Interessierten präsentiert. Dabei gab es u.a. spannende Praxiseinblicke in eine Schatzsuche-Kita aus Berlin.
Die ersten Rückmeldungen zeigen, dass die Themen seelisches Wohlbefinden und Resilienzförderung bei Kindern in den aktuellen Zeiten gefragt sind.
TK: Wie sind die ersten Reaktionen aus Kitas oder von anderen, denen Sie das Programm vorgestellt haben?
Möckel: Viele Kitas haben bereits großes Interesse am Programm signalisiert. Die ersten Rückmeldungen zeigen, dass die Themen seelisches Wohlbefinden und Resilienzförderung bei Kindern, aber auch die Stärkung der eigenen Ressourcen von Kita-Fachkräften in den aktuellen Zeiten gefragt sind. Der erste Weiterbildungsdurchgang im Frühjahr 2023 ist bereits ausgebucht.
Dass das Thema einen besonderen Stellenwert beim Heranwachsen der Kinder einnimmt, zeigt sich auch in der Übernahme der Schirmherrschaft des Programms in Thüringen durch den Thüringer Bildungsminister Helmut Holter.
Zur Person
Theresa Möckel arbeitet seit 2016 bei der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen e.V. Für ihr Studium hatte es die gebürtige Potsdamerin nach Jena verschlagen. Dort studierte sie im Bachelor Soziologie und Psychologie. Schon damals interessierte sie sich für familiäre Sozialisationsprozesse. In ihrer Masterarbeit beschäftigte sie sich mit gesundheitlicher Ungleichheit bei Kindern und Jugendlichen.