Wirksame Gesundheitsförderung an Kitas und Schulen
Interview aus Thüringen
Ein großes Sportfest im Kindergarten: Die Jüngsten treten auf der Wiese im Sackhüpfen gegen ihre Eltern an, es gibt Tauziehen und Hindernisparcours. Alle haben Spaß und anschließend werden die schönen Fotos vom Fest in der Kita ausgehängt. Solche Veranstaltungen machen den meisten Beteiligten Freude, Gesundheitsförderung und Prävention bedeuten allerdings deutlich mehr.
Wie versteht die TK Gesundheitsförderung und Prävention in den sogenannten Lebenswelten? Welche konkreten Angebote für Kinder und Jugendliche unterstützt die TK in Thüringen? Madlen Gelfert, Beraterin für Lebenswelten bei der TK und zuständig für Sachsen, Thüringen und zum Teil Sachsen-Anhalt, erklärt es im Interview.
TK: Was sind die sogenannten Lebenswelten und wieso sind sie für Prävention und Gesundheitsförderung wichtig?
Madlen Gelfert: Unter Lebenswelten versteht man die verschiedenen Orte oder auch Lebensbereiche, an oder in denen Menschen zum Beispiel zu Hause sind, an denen sie arbeiten, lernen oder einfach einen großen Teil ihrer Zeit verbringen. Neben den Betrieben und Hochschulen sind Kindertagesstätten, Schulen und Kommunen die für uns wichtigen Lebenswelten für Gesundheitsförderung.
An diesen Orten erreicht man viele Menschen in einer gemeinsamen Umgebung, in der sie einen großen Teil ihrer Zeit verbringen. Deswegen ist es wichtig, Gesundheit in den Lebenswelten zu fördern. In jeder Lebenswelt gibt es für die einzelne Gruppe typische Verhaltensweisen, die mehr oder weniger gesundheitsförderlich sind. Daran kann man bei Bedarf gut arbeiten.
Besonders in Kitas und Schulen gilt: Was dort gelernt wird, prägt den gesamten Lebensalltag der Kinder und wirkt sich im Idealfall auch auf das Leben zuhause aus.
Wir unterstützen Kitas, Schulen und Kommunen dabei, Gesundheitsförderung bedarfsorientiert und nachhaltig zu verankern. Es ist uns besonders wichtig, die Zielgruppen aktiv in den Prozess einzubeziehen.
TK: Wie setzt die TK diese Ziele um?
Gelfert: Wir erarbeiten gemeinsam mit externen Fachleuten Material, mit dem Pädagoginnen und Pädagogen das Thema Gesundheit in all seinen Facetten in den Schul- und Kitaalltag bringen können. Solche Hilfsmittel stehen mittlerweile für alle Jahrgangsstufen auch digital zur Verfügung. Dazu bieten wir Fortbildungen an, die zeigen, wie die Materialien warum am besten genutzt werden können.
Was dort gelernt wird, prägt den gesamten Lebensalltag der Kinder und wirkt sich im Idealfall auch auf das Leben zuhause aus.
Eine solche Weiterbildung führt dazu, dass Pädagoginnen und Pädagogen sich sehr intensiv mit dem Thema Gesundheit befassen und das Material dann so anwenden können, wie es in ihrer jeweiligen Kita oder Schule gebraucht wird.
Zudem leisten wir Anschubfinanzierung, damit gesundheitsfördernde Strukturen mit Hilfe von Dritten in den Lebenswelten etabliert werden können. Dazu gehört, dass sich die Kitas, Schulen oder Kommunen auf einen Gesundheitsförderungsprozess begeben, bei dem wir sie begleiten können.
Eine Bedarfsanalyse beispielsweise gehört in jede nachhaltige Gesundheitsförderung. Außerdem gehört es dazu, die Ziele im Nachhinein zu evaluieren und zu schauen, welche gesundheitsförderlichen Veränderungen auch nach Ende der Projekte in der Einrichtung bleiben.
Die Rahmenbedingungen dafür kann man im Leitfaden Prävention nachlesen.
TK: Können Sie uns ein konkretes Beispiel aus Thüringen nennen?
Gelfert: Wir haben von 2021 bis 2023 das Programm GESUND³ an den acht Kindertageseinrichtungen des Studierendenwerks Thüringen. Es wurde vom eingetragenen Verein symbioun aus Gotha entwickelt und wird gemeinsam mit symbioun umgesetzt.
GESUND³ ist ein Rahmenkonzept, das Gesundheit fördern will, indem es in der jeweiligen Kita nachhaltige Strukturen und Kompetenzen voranbringt. Die Menschen, besonders Pädagoginnen und Pädagogen, vor Ort werden also angeleitet, das Kitaleben gesundheitsförderlicher zu gestalten. Das Programm beinhaltet Maßnahmen für alle Beteiligten in der Lebenswelt, also Kinder, Pädagoginnen und Pädagogen und die Eltern.
Eine Bedarfsanalyse beispielsweise gehört in jede nachhaltige Gesundheitsförderung.
Zu jedem Projektstart werden die Bedarfe und Möglichkeiten vor Ort analysiert. Daraus werden Maßnahmen der Gesundheitsförderung abgeleitet, zum Beispiel, ob der Schwerpunkt auf dem Thema Bewegung, Stress oder Ernährung liegen soll. Eine neue Einrichtung könnte sich zum Beispiel schwerpunktmäßig mit der Teambildung beschäftigen, in großen Kitas könnte die Kommunikation im Fokus stehen.
TK: Was war das Besondere in der Kooperation mit dem Studierendenwerk Thüringen?
Gelfert: Gesundheitsförderung in Partnerschaft mit einem aktiven Träger, der das Thema als wichtig ansieht und fördert, ist eine sehr gute Basis. So können Maßnahmen für das Personal besonders gut und langfristig umgesetzt werden. Wenn der Träger mitzieht, lassen sich Organisationsstrukturen viel leichter und nachhaltiger verändern, als wenn eine einzelne Kita etwas tun möchte.
Hier ist mir wichtig zu betonen: Gesundheitsförderung an einer einzelnen Kita kann ebenfalls sehr hilfreich und nachhaltig für die Teilnehmenden sein.
Zudem lernt in der Kooperation mit dem Studierendenwerk Thüringen der Träger gleich mit und es können bleibende Strukturen entstehen. Die neuen Erkenntnisse zur Gesundheitsförderung können zum Beispiel bei Entscheidungen über neue Technik und Raumkonzepte einfließen.
Die acht Kitas des Studierendenwerks Thüringen in Jena, Erfurt, Ilmenau, Nordhausen und Weimar vernetzen sich untereinander. Es gab einen digitalen Fachtag, bei dem alle 112 Pädagoginnen und Pädagogen einbezogen waren. Dafür wurde einer der Weiterbildungstage der Kitas genutzt. Die Schwerpunktthemen des Fachtags waren Stressbewältigung und Resilienzförderung für die Pädagoginnen und Pädagogen.
TK: Welche andere Präventionsprogramme für Kitas und Schulen unterstützt die TK?
Gelfert: Für Sekundarschulen ist das IPSY-Programm unbedingt zu nennen. Es fördert die sogenannten Lebenskompetenzen, zu denen unter anderem Problemlösefähigkeit, Stressbewältigung, Selbstwahrnehmung, kritisches und kreatives Denken und ein guter Umgang mit Emotionen gehören. Dadurch wirkt es suchtpräventiv.
Weitere Angebote für gesunde Kitas und gesunde Schulen finden Interessierte zum Beispiel auf unseren Internetseiten. Oder Sie melden sich einfach bei mir.
Im Portal Medienuniversum stellen wir Pädagoginnen und Pädagogen Zusatzwissen und Material zur Verfügung, um die Medienkompetenz von Grundschulkindern zu stärken.
Für Sekundarschulen bieten wir das Programm " Gemeinsam klasse sein " zur Prävention von Mobbing und Cybermobbing an. In Thüringen wird es seit dem Sommer 2021 gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport umgesetzt.
Thüringer Schulen möchte ich zudem das Portal KOBAGS ans Herz legen. Dort sind Angebote zur Gesundheitsförderung an Thüringer Schulen unabhängig vom Anbieter zusammengefasst.