So werden gesunde Strukturen im Pflegealltag gefördert
Interview aus Schleswig-Holstein
Menschen, die in der Pflege arbeiten, leisten Tag für Tag Außerordentliches - oft zulasten ihrer eigenen Gesundheit. Gesunde Pflegekräfte sind jedoch für unsere alternde Gesellschaft unverzichtbar. Im Interview berichtet Sascha Odenthal von B2Bfit, wie sie in Pflegeeinrichtungen die Gesundheit von Pflegenden und Gepflegten fördern.
TK: Herr Odenthal, als Projektberater von B2Bfit unterstützen Sie Pflegeeinrichtungen sowie Krankenhäuser dabei, gesundheitsfördernde Maßnahmen und Strukturen in den Arbeitsalltag der Mitarbeitenden zu implementieren. Warum ist eine Gesundheitsstrategie in der Pflege besonders wichtig?
Sascha Odenthal: Gesunde und leistungsfähige Pflegekräfte sind für die Zukunft unserer alternden Gesellschaft unverzichtbar. Da die tägliche Arbeit in der Pflege geprägt ist von starken körperlichen Anstrengungen, hohen mentalen Belastungen und unregelmäßigen Arbeitszeiten, ist es auf der einen Seite wichtig die Mitarbeitenden mit zusätzlichen Gesundheitskompetenzen im Rahmen der Verhaltensprävention auszustatten.
Auf der anderen Seite müssen insbesondere Führungskräfte im Rahmen einer Gesundheitsstrategie in der Pflege in den Fokus gesetzt werden. Die Analysen in unseren BGM-Projekten, wie in einem unserer Module "Health oriented Leadership" zeigen, dass Führungskräfte in der Pflege häufig nicht wissen, wie genau sie führen sollen, um ihre Mitarbeitenden gesund, leistungsfähig und motiviert zu halten. Die Entwicklung einer gesundheitsorientierten Unternehmens- und Führungskultur ist aus unserer Sicht der zentrale Erfolgsfaktor einer ganzheitlichen Gesundheitsstrategie.
Das Ziel einer Gesundheitsstrategie in der Pflege muss daher sein, speziell die Führungsebenen weiterhin für den Zusammenhang von Gesundheit und Führung zu sensibilisieren und durch Visionen und Gesundheitsleitlinien zu gesundheitsorientierter Führung anzuregen. Denn nur so kann eine langfristig, nachhaltige und gesunde Unternehmenskultur in der Pflege entstehen.
TK: B2Bfit engagiert sich auch, die Gesundheit und Mobilität von Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegereinrichtungen zu fördern. Was sind typische Gesundheitsmaßnahmen, die hierbei angegangen werden? Und wie werden diese von den Pflegebedürftigen angenommen?
Neben Bewegungs- und Entspannungsangeboten führen wir zudem ein VR-Brillen-Angebot in den Pflegeeinrichtungen durch, mit welchem die Menschen virtuell auf Reise gehen können.
Odenthal: In unserem Präventionsprojekt "Wenn Gedanken auf Reise gehen", welches speziell auf die Bedürfnisse von Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen konzipiert wurde, erfahren wir aktuell eine sehr positive Resonanz. Mit dem Projekt verfolgen wir das Ziel, positive Erinnerungen und Emotionen hervorzurufen, das Selbstwertgefühl und das Wohlbefinden der Menschen zu stärken und die sozialen Interaktionen zu fördern. Durch die Erinnerung an unvergessliche Reiseerfahrungen und Erlebnisse, möchten wir ein Gefühl von Identität und Kontinuität fördern und die Lebensgeschichten der Bewohnerinnen und Bewohnern bewahren.
Im Rahmen des Projekts setzen wir auf verschiedenen Ebenen der Gesundheitsförderung an. Neben Bewegungs- und Entspannungsangeboten führen wir zudem ein VR-Brillen-Angebot in den Pflegeeinrichtungen durch, mit welchem die Menschen virtuell auf Reise gehen können.
Grundsätzlich ist es uns wichtig, dass die Teilnehmenden mit positiven Emotionen aus unseren Angeboten herausgehen, daher verstehen wir Spaß und Freude als einen grundlegenden Aspekt unserer Angebote. Dies spiegelt sich in der positiven Resonanz und den konstant hohen Teilnehmerzahlen wider.
TK: Wie sieht ein typischer Projektablauf in den Einrichtungen aus? Können Sie von einer Erfolgsgeschichte in einer Einrichtung berichten?
Odenthal: Die Anforderungen an ein Betriebliches Gesundheitsmanagement in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern sind individuell und oftmals sehr komplex. Für die Implementierung benötigt es aus diesem Grund eine systematische und vor allem bedarfsgerechtes Vorgehen, um nachhaltige Erfolge zu erzielen.
Gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden erarbeiten wir wirksame Lösungsansätze und Strategien, die auf die individuelle Situation zugeschnitten sind. Unser Expertenteam begleitet dabei auf allen Schritten: von der Analyse der betrieblichen Gegebenheiten, über die Planung eines bedarfsgerechten Maßnahmenkonzeptes bis hin zur Umsetzung zielgerichteter Gesundheitsmaßnahmen.
In einigen unsere Projekte entwickeln wir gemeinsam mit Führungskräften und den Mitarbeitenden zu Beginn ein ‚gesundes‘ Führungs- oder Unternehmensleitbild. Hier werden die Mitarbeitenden und Führungskräfte in ihren Teams in einem sehr kreativen, moderierten und partizipativen Prozess dazu ermutigt, sich an der Gestaltung eines gesunden Miteinanders zu beteiligen. Der Erfolg zeigt sich sehr häufig in einem deutlich positiver benannten Team- und Gruppenklimas.
TK: Stichwort Digitalisierung, KI und Co - wie schätzen Sie das Potenzial ein, um damit die Menschen in der Pflege zu entlasten oder Gesundheitsangebote zu schaffen?
Die Erfahrungen, die wir in unseren Projekten mit der fortschrittlichen digitalen Technologie wie beispielsweise der Virtual Reality sammeln, zeigen und eröffnen neue Möglichkeiten in der Gesundheitsförderung, insbesondere in der Betreuung älterer Menschen.
Odenthal: Die Erfahrungen, die wir in unseren Projekten mit der fortschrittlichen digitalen Technologie wie beispielsweise der Virtual Reality sammeln, zeigen und eröffnen neue Möglichkeiten in der Gesundheitsförderung, insbesondere in der Betreuung älterer Menschen. Wissenschaftliche Studien zeigen in diesem Zusammenhang signifikante Verbesserungen in Schlüsselbereichen wie Flexibilität, Gruppenfähigkeit, Proaktivität und Anpassungsfähigkeit der Pflegebedürftigen. Dies wiederum kann aus unserer Sicht zu einer Entlastung im Bereich der hohen qualitativen Arbeitsbelastungen der Pflegekräfte und der sozialen Betreuung in Pflegeeinrichtungen führen. Somit können aus unserer Sicht alle Seiten, Pflegebedürftige, Pflegekräfte und Angehörige von der technologischen Entwicklung in der Pflege profitieren.
Weitere Informationen
Die TK unterstützt stationäre, teilstationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen, sowie Krankenhäuser dabei, gesundheitsfördernde Strukturen nachhaltig in den Pflegealltag zu etablieren. Sie beabsichtigen ein Projekt im Pflegebereich zu initiieren? Weitere Informationen dazu finden Sie hier .
Um die Gesundheit und die Arbeitssituation von Pflegekräften in Schleswig-Holstein zu verbessern, haben das schleswig-holsteinische Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren und die TK gemeinsam die Handreichung Starke Pflege durch gesunde Mitarbeitende entwickelt.