Die Techniker Krankenkasse (TK) stärkt mit ihren Angeboten die Stimme der Patientinnen und Patienten. Ein Beispiel dafür ist der TK-Monitor Patientensicherheit. Im Interview erklärt Hardy Müller, Beauftragter für Patientensicherheit der TK, wie Patientinnen und Patienten mögliche unerwünschte Ereignisse in der medizinischen Versorgung wahrnehmen und wie das Thema Patientensicherheit auch in Bezug auf den Klimawandel an Bedeutung gewinnt.

TK: Herr Müller, im aktuellen TK-Monitor Patientensicherheit 2023 halten es 61 Prozent der Befragten für sicher oder wahrscheinlich, dass ihnen eine falsche Diagnose gestellt wurde. Welche Erkenntnisse liefert der TK-Monitor darüber hinaus? 

Hardy Müller: Ein Drittel aller Befragten hält es für wahrscheinlich, dass durch medizinische Behandlungen ein Schaden entsteht. Ein Viertel glaubt, selbst schon einmal einen Behandlungsfehler erlebt zu haben. Diese Einschätzungen der Betroffenen zeigen, dass das Thema eine viel größere Bedeutung für die Menschen hat, als dies die veröffentlichten Statistiken über Behandlungsfehler nahelegen. Ermutigend für unsere Bestrebungen, die Sicherheit von Versicherten und Behandelnden zu stärken, ist, dass 75 Prozent der Befragten selbst einen Beitrag zur Prävention von Behandlungsfehlern leisten wollen. Die Menschen sehen sich also nicht als Opfer, sondern als Mitgestaltende eines sicheren Behandlungsprozesses. Diese Bereitschaft nutzen wir gerne, um die Versicherten beim Ausbau des Sicherheitsmanagements in der gesundheitlichen Versorgung aktiv einzubinden. Alarmiert sind wir, weil die Befragung auch ergab, dass sich 41 Prozent der Menschen, die sich mit Ihren kritischen Anliegen an die Behandelnden wandten, nicht ernst genommen fühlten. Diesen Wert halte ich persönlich für viel zu hoch. 

Hardy Müller

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Beauftragter für Patientensicherheit der Techniker Krankenkasse

Das "Weißbuch Patientensicherheit" enthält konkrete Forderungen zur Verbesserung der Patientensicherheit, wie zum Beispiel die stärkere Beteiligung von Versicherten. Diese Forderungen sollten wir umsetzen. Hardy Müller, Techniker Krankenkasse

TK: Welche Lösungsansätze wären nötig, um die Patientensicherheit besser gewährleisten zu können?

Müller: Ein gutes Sicherheitsmanagement in der gesundheitlichen Versorgung kann nur durch konzertierte Aktionen aller Akteure im Gesundheitswesen und nicht zuletzt unter Beteiligung der Patientinnen und Patienten gelingen. Diese Erfahrung führt zu der Forderung, dass wir uns für eine starke "Sicherheitskultur" engagieren sollten. Wir wollen ein Gesundheitswesen, in dem niemandem im Rahmen der Gesundheitsversorgung Schaden zugefügt wird und jede Patientin beziehungsweise jeder Patient jederzeit und überall eine sichere und respektvolle Versorgung erhält. So formuliert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das gemeinsame Ziel.

Die WHO hat dazu die Dekade der Patientensicherheit ausgerufen und mit dem Globalen Aktionsplan Patientensicherheit 2021-2030 konkret die Schritte zur Entwicklung und Stärkung einer Sicherheitskultur beschrieben. In Deutschland haben 2018 das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) und der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek), - unter maßgeblicher Beteiligung der TK, - das "Weißbuch Patientensicherheit" vorgestellt. Es enthält konkrete Forderungen zur Verbesserung der Patientensicherheit, wie zum Beispiel die stärkere Beteiligung von Versicherten. Diese Forderungen sollten wir umsetzen. 

TK: Seit 2022 ist in Deutschland das Thema Patientensicherheit auch ein Nationales Gesundheitsziel. Mit welchen Angeboten und Prozessen trägt die TK zur Patientensicherheit bei?

Müller: Die Angebote und Prozesse zur Patientensicherheit sind vielfältig. Für den TK-Monitor Patientensicherheit 2023 haben wir mit der Trägerorganisation der Gesundheitsziele, der GVG, kooperiert und in einem Schwerpunkt der Befragung einen Beitrag zur Evaluation des Gesundheitszieles geleistet. Beim Ausbau der Patientensicherheit sind Kooperationen erforderlich. Diese erfolgreiche Kooperation im TK-Monitor ist beispielhaft für unser Vorgehen. 

Wir setzen die Forderungen des WHO-Aktionsplans zur Stärkung der Patientensicherheit um. Eine von sieben wesentlichen Strategien im globalen Aktionsplan fordert, Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen stärker einzubeziehen. Als TK fragen wir systematisch und regelhaft die Menschen zu ihren Erfahrungen im Bereich der Patientensicherheit. Die sogenannten PROMs und PREMs nehmen wir immer schon ernst - die aktuelle Empfehlung der Regierungskommission empfiehlt nun diesen Punkt ausdrücklich, um mehr Qualität in der Krankenhausversorgung zu erzielen. 

Wir haben etablierte Rückmeldesysteme für kritische Ereignisse für Versicherte der TK geöffnet und um die Meldung von positiven Erfahrungen erweitert. Auf unsere Initiative hin wird der vdek diese Systeme Anfang nächsten Jahres allen Ersatzkassen-Versicherten anbieten. Als TK entwickeln wir Rückmeldesysteme mit Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) weiter.

Unsere Aktivitäten beschreiben wir jedes Jahr ausführlich in dem Bericht des TK-Beauftragten . Wir folgen dabei programmatischen Schwerpunkten: 2020 "Von der Information zur Partizipation", 2021 "Vom Plan zum Handeln" und 2022 "Vom Pilot in die Routine". Seit zwei Jahren berichten wir über unsere Aktivitäten auch im Transparenzbericht der TK. Unsere Angaben entsprechen dabei von Anfang an den Vorgaben des GKV-Spitzenverbandes, sodass für die Versicherten eine Vergleichbarkeit der Angaben mit anderen Transparenzberichten gegeben ist.

TK: Erstmals geht es im TK-Monitor Patientensicherheit 2023 um das Schwerpunktthema Klimawandel. Wie nehmen die Befragten das Thema wahr und welchen Einfluss werden die Auswirkungen des Klimawandels zukünftig auf die Patientensicherheit haben?

Müller: Etwa die Hälfte der Befragten meint, dass Krankenhäuser in Deutschland (sehr) gut darauf vorbereitet sind, auch während einer Hitzewelle eine sichere Versorgung gewährleisten zu können. Das heißt aber auch, dass 50 Prozent der Befragten Zweifel an der Resilienz der Krankenhäuser hat. Versicherte selbst konstatieren einen Einfluss des Klimas auf die Sicherheit ihrer Versorgung. 54 Prozent haben Sorgen, dass der Klimawandel auch negative Auswirkungen auf die eigene Gesundheit nimmt. 40 Prozent der Befragten hätten zum Thema gern weitere Informationen von ihren Hausärzten. Der Klimawandel mit seinen möglichen Auswirkungen auf die Sicherheit in der medizinischen Versorgung ist bei den Versicherten also angekommen. Das hat auch Folgen für die Krankenhäuser. 

Es gibt die Erfahrung, dass deutsche Krankenhäuser gerade für Hitzewellen überwiegend nicht gut vorbereitet sind. Fehlende oder wenige Klimaanlagen, insuffiziente Außenschattierung, keine Gebäudedämmung, dieselben Bettdecken für Sommer und Winter, kein Wasser für das Personal, kein Konzept für Pausen an heißen Tagen, insgesamt keinen Hitzeschutzplan für die eigene Einrichtung: Dieser Befund zieht sich durch von kleinen bis zu den größten Häusern. 

Daraus lässt sich die Empfehlung ableiten, dass stationäre Einrichtungen ihre Vorbereitungen transparent darstellen sollten, etwa als Beitrag in den Qualitätsmanagement-Berichten. Hitzeaktionspläne würden das Vertrauen in die Krankenhäuser sicher stärken.