Was auf der bundespolitischen Bühne im Bereich Gesundheit im Jahr 2024 umgesetzt wurde, welche Gesetze das BMG noch in der Pipeline hatte und was im kommenden Jahr gesundheitspolitisch wichtig wird, beleuchtet Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg, im Interview. 

TK: Frau Puttfarcken, wenn Sie auf das Jahr 2024 gesundheitspolitisch zurückblicken, welches Fazit ziehen Sie dann?

Maren Puttfarcken: Es fällt mir etwas schwer, ein Fazit für dieses Jahr zu ziehen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat viele Gesetze angestoßen. Derzeit könnte man sagen, dass elf Gesetze im laufenden Verfahren sind, für weitere fünf liegen Referentenwürfe oder Eckpunkte vor. Allerdings werden diese so nicht mehr umgesetzt. Lediglich mit dem Abschluss der Krankenhausreform Ende November geht das Gesundheitswesen einen wichtigen Schritt für mehr Qualität und Spezialisierung in der stationären Versorgung. Das ist begrüßenswert. In den Ländern steht uns nun viel Arbeit bevor, denn wir müssen die Krankenhausreform klug in den Krankenhausplänen vor Ort umsetzen. Allerdings fehlen uns hierfür noch eine ganze Reihe an Konkretisierungen, ohne die wir nicht richtig loslegen können.

Ansonsten erleben wir gerade einen politischen Stillstand, und das wird sich bis nach den vorgezogenen Bundestagswahlen und einer Einigung auf eine neue Regierungskoalition auf Bundesebene vermutlich auch erst einmal nicht ändern - selbst wenn manche noch immer hoffen, dass einige Gesetze vielleicht doch noch verabschiedet werden könnten. Auf die neue Bundesregierung kommen dann wichtige Themen zu: Sie sollte sich vor allem sehr schnell mit dem Thema der nachhaltigen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung befassen. Hier ist der Druck enorm. Auch die Reform der Notfallversorgung sollte schnell weiter aufgegriffen werden. Wir benötigen ein Notfallsystem, das die Patientinnen und Patienten in Notfällen zielgerichtet zu den geeigneten Hilfsangeboten lenkt. Dabei können eine enge digitale Vernetzung zwischen den Telefonnummern 112 und 116 117, aber auch die geplanten neuen Integrierten Notfallzentren (INZ) helfen.

Die Krankenhausreform und ihre Auswirkungen waren natürlich auch in Hamburg das Top-Thema. Um diese umzusetzen, hat die Hamburgische Bürgerschaft bereits eine Änderung im Hamburgischen Krankenhausgesetz beschlossen.  

Auf die neue Bundesregierung kommen dann wichtige Themen zu: Sie sollte sich vor allem sehr schnell mit dem Thema der nachhaltigen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung befassen. Hier ist der Druck enorm. Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg

 

Maren Puttfarcken

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Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg

TK: Was ändert sich zum 1. Januar 2025?

Puttfarcken: Wie zu jedem Jahreswechsel gibt es auch dieses Mal zahlreiche Änderungen. So liegt die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung im Jahr 2025 bei 66.150 Euro und gilt erstmals bundeseinheitlich. Das heißt, dass die Unterscheidung der Rechtkreise West und Ost wegfallen. Weiterhin erhöht sich der durchschnittliche Zusatzbeitrag für die gesetzliche Krankenversicherung um 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent. Auch der allgemeine Beitrag zur Pflegeversicherung steigt auf 3,6 Prozent.

Anfang des kommenden Jahres startet die elektronische Patientenakte "ePA für alle". Das ist ein wichtiger Schritt für die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Denn die ePA ist ein sicherer digitaler Speicherort für alle Informationen rund um die Gesundheit. Dort können Patientinnen und Patienten selbst, aber auch ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte relevante medizinische Informationen ablegen. Das können beispielsweise Diagnosen, Laborergebnisse, Medikamentenlisten oder Arztberichte sein. Die ePA soll dazu beitragen, die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern, indem sie den schnellen und sicheren Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Ärztinnen und Ärzten ermöglicht. Weil Hamburg eine der beiden Modellregionen der gematik ist, startet die ePA hier bereits Mitte Januar - im übrigen Bundesgebiet erst einen Monat später.

TK: In Hamburg wird im März eine neue Bürgerschaft gewählt. Damit werden auch wieder neue Schwerpunkte in der Gesundheitspolitik gesetzt. Was wird dabei aus Ihrer Sicht wichtig?

Puttfarcken: Das kommende Jahr verspricht aus politischer Sicht mit Blick auf die beiden Wahlen im Bund und in Hamburg ein spannendes Jahr zu werden. Wie bereits gesagt, geht es in der stationären Versorgung nun um die Umsetzung der Krankenhausreform. In Hamburg hat die zuständige Sozialbehörde bereits angekündigt, den neuen Krankenhausplan nach den Kriterien Qualität und Spezialisierung auszurichten. Dafür wurde bereits das Hamburgische Krankenhausgesetz geändert. Hier wünschen wir uns eine stärkere offene Diskussion über die Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen in Hamburg. Anders als im ländlichen Raum haben wir in Hamburg auch keinen Versorgungsmangel. Eher ist es so, dass die Angebote nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind und der Druck, Erlöse zu generieren, bei den Häusern groß ist. Das führt dazu, dass die medizinische Versorgung nicht immer konsequent am Interesse und Bedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtet ist. Hier muss die Krankenhausplanung aus unserer Sicht gegensteuern und Spezialisierungen von Kliniken in Hamburg noch stärker fördern. Auch der Blick über die Landesgrenzen hinaus ist in diesem Zusammenhang wichtig.

Das kann auch bedeuten, überschüssige Kapazitäten in der Krankenhauslandschaft abzubauen oder umzuwandeln. Das ist auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels angebracht. Eine stärkere Konzentration von Leistungen an weniger Standorten würde hier Abhilfe schaffen. Generell bleibt der Fachkräftemangel eine der größten Herausforderungen. Hier sind alle Akteure gefordert, in den unterschiedlichen Sektoren gute Lösungen zu finden.