Lasertherapie beim Zwillingstransfusionssyndrom
Artikel aus Hessen
Das Zwillingstransfusionssyndrom ist eine seltene Schwangerschaftskomplikation, die bei eineiigen Zwillingen auftreten kann.
Als eines der wenigen spezialisierten Zentren in Deutschland können im Zentrum für Ultraschalldiagnostik und Pränatalmedizin des Bürgerhospitals Frankfurt spezialisierte Mediziner diese schwerwiegende Komplikation frühzeitig erkennen und behandeln.
Das Zwillingstransfusionssyndrom, das auch als fetofetales Transfusionssyndrom bezeichnet wird, tritt bei etwa 10 bis 15 Prozent aller eineiigen Zwillingsschwangerschaften überwiegend zwischen der 17. und 25. Schwangerschaftswoche auf. Unbehandelt führt es zu einer Fehlgeburtsrate beider Zwillinge von über 95 Prozent. Aufgrund der Komplexität der Störung ist sowohl die Diagnostik als auch insbesondere die Therapie des fetofetalen Transfusionssyndroms ausschließlich in spezialisierten Zentren durchführbar.
Im Zentrum für Ultraschalldiagnostik und Pränatalmedizin des Bürgerhospitals Frankfurt können Patientinnen das Zwillingstransfusionssyndrom mittels Ultraschall in der Schwangerschaft diagnostizieren und durch eine Laserbehandlung im Mutterleib behandeln lassen. "Mithilfe einer modernen Ultraschalltechnik und der spezialisierten medizinischen Kenntnisse unserer Pränatalmediziner können wir in unserem Zentrum spezielle Besonderheiten wie Wachstums- und Versorgungsstörungen oder Fehlbildungen bei den ungeborenen Zwillingen frühzeitig erkennen und gegebenenfalls behandeln", sagt Professor Dr. med. Franz Bahlmann.
Therapie der ersten Wahl
Beim Zwillingstransfusionssyndrom fließt über sogenannte arteriovenöse Gefäßverbindungen auf der Plazentaoberfläche Blut von einem zum anderen Fötus. Einer der Zwillinge, der sogenannte Spender-Zwilling, gibt kontinuierlich Blut an den Empfänger-Zwilling ab. Durch diese ständige Bluttransfusion entsteht eine ungleiche Blutverteilung zwischen den Zwillingen. Als Folge entwickelt der überversorgte Empfänger-Zwilling eine vermehrte Fruchtwassermenge und der unterversorgte Spender-Zwilling eine reduzierte Fruchtwassermenge. Schließlich gefährdet der unausgeglichene Blutstrom beide Feten: Nicht nur das unterversorgte Kind kann sich nicht richtig entwickeln; auch beim überversorgten Kind entsteht häufig eine Wachstumsstörung und eine zunehmende Belastung von Herz und Kreislauf. Unbehandelt kommt es dadurch oft zu einer Fehlgeburt oder die Kinder sterben in der Gebärmutter.
Im Bürgerhospital kann das Zwillingstransfusionssyndrom mithilfe eines speziellen endoskopischen Verfahrens - der sogenannten Fetoskopie - diagnostiziert und behandelt werden. Als Instrument, mit dem das ungeborene Kind endoskopisch untersucht wird, wird hierfür eine dünne Lichtoptik genutzt, ein sogenanntes Fetoskop. Mit dieser Mini-Kamera kann der Pränatalmediziner die Blutgefäße auf der Plazenta erkennen und mit einer Laserkoagulation veröden. Die in lokaler Betäubung durchgeführte fetoskopische Lasertherapie im Mutterleib gilt als Therapie der ersten Wahl. Sie erhöht die Überlebensrate der Zwillinge im Vergleich zu früheren Methoden deutlich, wie beispielsweise einer Fruchtwasserentlastung.
Diagnostik und Therapie
Bei der fetoskopischen Laserkoagulation wird in örtlicher Betäubung eine 1,9 Millimeter dünne Lichtquelle, das Fetoskop, durch die Bauchdecke der Mutter in die Fruchthöhle des Empfänger-Zwillings eingeführt. Ebenfalls unter Ultraschallsicht wird anschließend eine 400 Mikrometer (μm) dünne Laserfaser durch einen zweiten kleinen Seitenkanal eingeführt. Nach entsprechender Orientierung innerhalb der Fruchthöhle werden die auf der Oberfläche der Plazenta verlaufenden Gefäße, die sogenannten Anastomosen, zwischen den beiden Fruchthöhlen gezielt mit dem Laser verödet. Im Anschluss werden etwa ein bis zwei Liter Fruchtwasser abgelassen, was zu einer deutlichen Entlastung des mütterlichen Bauches führt.
Die Operationszeit beträgt in aller Regel zwischen 20 und 30 Minuten. Kurz vor, während und nach der Lasertherapie wird zur Ruhigstellung der Gebärmuttermuskulatur ein wehenhemmendes Mittel verabreicht. Die Patientin ist schon wenige Stunden nach dem Eingriff wieder mobil. Eine sonografische Kontrolluntersuchung findet am Folgetag statt. Bei unauffälligem Befund kann die Patientin nach zwei bis vier Tagen wieder aus der stationären Behandlung entlassen werden.
"Der Zeitpunkt des Eingriffs muss sorgfältig gewählt werden und eine ausführliche Aufklärung der Eltern ist zwingend notwendig", sagt Franz Bahlmann. Dank der Lasertherapie überlebt zumindest eines der Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 bis 85 Prozent. Beide Zwillinge überleben in 60 bis 65 Prozent der Fälle. Bei einem erfolgreich verlaufenden Eingriff werden die Kinder im Mittel mit 33 bis 34 Schwangerschaftswochen geboren. "Leider muss aber in fünf bis sieben Prozent der Fälle auch mit einer neuromotorischen Beeinträchtigung der Kinder gerechnet werden, was vor dem Eingriff nicht erkennbar ist und unter anderem eine Folge der Frühgeburtlichkeit oder auch eine Konsequenz von Wachstumsstörungen im Mutterleib sein kann", so Bahlmann. Beispiele für neuromotorische Beeinträchtigungen in der späteren Entwicklung der Kinder können Einschränkungen in der Beweglichkeit (Ungeschicklichkeiten, auffällige Tollpatschigkeit) oder Lern- und Verhaltensauffälligkeiten sein.
Twin Clinic am Bürgerhospital Frankfurt
Im Bürgerhospital Frankfurt am Main kommen mit über 4.000 Geburten die meisten Kinder in Hessen auf die Welt. Als etablierte Twin-Clinic werden hier jährlich zwischen 180 und 200 Zwillinge geboren. Das Bürgerhospital Frankfurt bietet als anerkanntes Perinatalzentrum des Level I die höchste Versorgungsstufe hinsichtlich der Betreuung von normalen Schwangerschaften, Risikoschwangerschaften und Versorgung von Neu- oder Frühgeborenen. Außerdem verfügt das Bürgerhospital über eines der bundesweit wenigen Zentren, die auf hohem Niveau in der Ultraschalldiagnostik und Pränatalmedizin spezialisiert sind. Leiter des Level I-Perinatalzentrums am Bürgerhospital Frankfurt ist Chefarzt Professor Dr. med. Dr. med. Franz Bahlmann.