Mit moderner Gen-Diagnostik seltenen Erkrankungen auf der Spur
Pressemitteilung aus Baden-Württemberg
Stuttgart, 26. Februar 2025. Menschen mit seltenen Erkrankungen eine schnelle und korrekte Diagnose zu ermöglichen, ist eine der größten Herausforderungen im Gesundheitswesen. Dank moderner Diagnostik gelingt dies nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) immer häufiger. So kam in Baden-Württemberg im Jahr 2023 bei insgesamt rund 450 Patientinnen und Patienten kassenübergreifend eine Analyse des Erbguts zum Einsatz, im Jahr 2022 waren es noch 340. Bei diesem Verfahren können krankheitsverursachende Mutationen erkannt und im Idealfall gleich therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden.
Sichere Diagnose durch innovatives Verfahren
"Durch dieses innovative Verfahren kann bei rund 30 Prozent der Patientinnen und Patienten innerhalb weniger Monate eine sichere Diagnose gestellt werden. Denn der Großteil der seltenen Erkrankungen ist genetisch bedingt", sagt Nadia Mussa, Leiterin der TK-Landesvertretung Baden-Württemberg, anlässlich des Tages der seltenen Erkrankungen am 28. Februar. "Bevor dieses Verfahren etabliert wurde, vergingen oft mehrere Jahre, bis eine der mehreren tausend seltenen Erkrankungen als Ursache für die gesundheitlichen Beschwerden ermittelt wurde."
Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen beteiligt
Eine Analyse des Erbguts zur Diagnose einer Erkrankung, die sogenannte Sequenzierung, kann nur in einem Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZSE) durchgeführt werden. "Nur wenn ein begründeter Verdacht vorliegt und mehrere Ärztinnen und Ärzte aus verschiedenen Fachrichtungen in einer interdisziplinären Fallkonferenz zu der Einschätzung kommen, dass eine gesicherte Diagnose auf normalem Weg nicht möglich ist, wird dieses komplexe Verfahren angewendet", betont Mussa.
In Heidelberg, Freiburg und Tübingen wird die genetische Diagnostik bereits praktiziert
In Baden-Württemberg haben sich die fünf ZSE in Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Tübingen, Ulm zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. In Heidelberg, Freiburg und Tübingen wird die genetische Diagnostik bereits praktiziert, voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2025 kommt das ZSE in Ulm dazu. Auch in medizinischer Hinsicht gibt es eine Erweiterung. Während bisher nur der Teil des menschlichen Genoms analysiert wurde, in dem sich die Mehrzahl der Mutationen befindet - das sogenannte Exom - wird nun das gesamte Erbgut unter die Lupe genommen.
Basis dafür ist das "Modellvorhaben Genomsequenzierung", das die gesetzlichen Krankenkassen am 31. Juli 2024 mit bundesweit insgesamt 27 Universitätskliniken abgeschlossen haben. Darin ist neben der Genomanalyse für seltene Erkrankungen auch die Untersuchung des Erbguts bei Krebspatientinnen und Krebspatienten geregelt.
Bessere Therapie durch digitale Vernetzung
"Die Genomsequenzierung ist ein gutes Beispiel dafür, wie durch digitale Vernetzung und die Behandlung in spezialisierten Zentren eine bessere und schnellere Therapie realisiert werden kann", so die Leiterin der TK-Landesvertretung. Hinzu kommt, dass die aus den Genanalysen gewonnenen Daten für die medizinische Forschung zur Verfügung stehen, sofern die Patientinnen und Patienten schriftlich zustimmen.
Hinweis an die Redaktion
Von einer "seltenen Erkrankung" im medizinischen Sinn spricht man, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen an ihr erkranken. Die meisten seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt und treten bereits im Kindesalter auf. Laut Bundesgesundheitsministerium gibt es mehr als 6.000 unterschiedliche seltene Erkrankungen, jährlich kommen etwa 250 neu dazu.
In Deutschland leben Schätzungen zufolge etwa vier Millionen Menschen mit einer seltenen Erkrankung. In Baden-Württemberg wurden innerhalb des Netzwerks seltene Erkrankungen im Jahr 2023 insgesamt rund 40.000 Patientinnen und Patienten betreut, über 2000 wurden in interdisziplinären Fallkonferenzen begutachtet. Die fünf Zentren sind wieder aufgegliedert in insgesamt 61 Zentren, die sich auf bestimmte Krankheiten spezialisiert haben, wie etwa das Zentrum für Seltene Herzmuskelerkrankungen in Ulm oder das Zentrum für Seltene Blutkrankheiten in Heidelberg.
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