Resilienz ist nicht nur #Chefinsache
Interview aus Mecklenburg-Vorpommern
In der aktuellen #Chefinsache erläutert Manon Austenat-Wied, wie die individuelle Resilienz dabei helfen kann, krisenfester und gesünder in die Zukunft zu schreiten.
TK: Resilienz ist in wissenschaftlichen Kreisen und in gesundheitspolitischen Debatten ein wichtiger Begriff. Was verbirgt sich hinter dem Begriff?
Manon Austenat-Wied: Es gibt mehrere Perspektiven auf das Thema Resilienz. Für mich als Führungskraft beschreibt der Resilienzbegriff die Fähigkeit, mit Unsicherheit umzugehen. Die Fähigkeit Sicherheit herzustellen ist dabei aus meiner Sicht für uns Menschen ebenso wichtig wie auf organisationalem und gesellschaftlichem Level. Dabei müssen wir beachten, dass sich die Herausforderungen und Risiken, mit denen wir konfrontiert sind kontinuierlich verändern.
Die vergangenen Jahre und insbesondere die unterschiedlichen Krisensituationen haben uns gezeigt, wie störempfindlich unsere unterschiedlichen Systeme sind. Damit wir als Individuen glücklich leben können brauchen wir die Fähigkeit mit Unvorhergesehenem umzugehen. Diese Fertigkeit müssen wir aber auch auf struktureller Ebene in unser Gesundheitssystem implementieren. Denn resiliente Systeme können exogene Schocks besser verarbeiten und gleichzeitig funktionieren sie auch in normalen Zeiten besser.
TK: Wie können die Menschen denn auf individueller Ebene an mehr Resilienz arbeiten?
Manon Austenat-Wied: Die Expertinnen und Experten sind davon überzeugt, dass jeder Resilienz lernen und seine eigene Widerstandsfähigkeit stärken kann. Die American Psychological Association hat dafür einen Zehn-Punkte-Plan entwickelt, den wir unseren Versicherten zur Verfügung stellen. Dieser niedrigschwellige Zugang kann natürlich jederzeit um ein professionelles Training oder eine Beratung ergänzt werden. Mit unserer Gesundheitskurssuche bieten wir unseren Versicherten in ganz Deutschland die Möglichkeit, gesundheitsförderliche Maßnahmen in Ihrer Nähe zu finden. Mit diesen Kursen erhalten Sie ein professionelles Training und können an unterschiedlichen Fähigkeiten und Kompetenzen arbeiten. Das Kursangebot erstreckt sich dabei auch auf die Bereiche Bewegung, Ernährung und Suchtmittelkonsum.
Resilienz ist eine Schlüsselfähigkeit, damit Individuen, Organisationen und Unternehmen optimal auf die Zukunft und die damit verbundenen Herausforderungen vorbereitet sind.
TK: Sie haben schon angesprochen, dass auch Unternehmen und Strukturen krisenfest sein müssen. Gibt es hier im Gesundheitswesen des Landes Nachholbedarf?
Manon Austenat-Wied: Die existierenden Versorgungsstrukturen haben dazu beigetragen, dass wir verhältnismäßig glimpflich durch die Pandemie gekommen sind. Dabei beanspruchen die einzelnen Sektoren wahlweise die Lorbeeren für sich. Mal waren es die Krankenhäuser, die hervorragend mit den Sars-CoV-2 Patientinnen und Patienten umgegangen sind und aus anderer Perspektive haben die Niedergelassenen als Filter das System vor dem Zusammenbruch bewahrt. Dabei wird schnell vergessen, dass alle medizinischen Sektoren mit finanziellen Mitteln der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler unter die Arme gegriffen wurde.
Sondermittel können aber keine Dauerlösung sein, wenn wir feststellen, dass Bedarf und Angebot nicht mehr zusammenpassen. Damit unser Versorgungssystem krisenfester wird und sich schneller an die aktuellen Umstände anpassen kann, müssen wir die verkrusteten Sektorengrenzen aufbrechen und die Planungsprozesse an der Realität ausrichten. Die vom Bundesgesundheitsminister vorangetriebene Krankenhausreform kann dabei ein wichtiger Baustein sein. Wenn wir die bundesweit einheitlichen Vorgaben zur Krankenhausplanung in Mecklenburg-Vorpommern als Chance begreifen, können wir innerhalb absehbarer Zeit eine moderne und passgenauere Versorgungslandschaft konstruieren. Dabei dürfen wir auch vor dem Umbau von Krankenhausstandorten in sektorenübergreifend aktive Versorgungszentren nicht zurückschrecken. Es darf keine Bestandsgarantie für Krankenhäuser geben, die ihr Leistungsgeschehen an den Bedarfen der Patientinnen und Patienten vorbei ausrichten.
TK: Haben Sie konkrete Maßnahmen im Kopf, wie der stationäre Sektor im Land resilienter wird?
Manon Austenat-Wied: Die haben wir tatsächlich. Da diese den Rahmen des Interviews sprengen würden, lege ich Ihnen unseren Fachartikel zu einem resilienteren Gesundheitswesen ans Herz. Mit Blick auf den nahenden Jahreswechsel möchte ich noch eine positive Botschaft an die Entscheidungstragenden im Gesundheitswesen des Landes übermitteln. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam und in kooperativer Zusammenarbeit die Versorgungsstrukturen modernisieren und das Gesamtsystem resilienter machen werden. Denn Resilienz ist nicht die Aufgabe einer einzelnen Person, sondern entsteht auf systemischer Ebene durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Expertisen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen angenehmen Jahresausklang und freue mich auf die gemeinsame Arbeit im kommenden Jahr!