Frankfurt am Main, 18. Juni 2024. Immer mehr junge Menschen werden wegen Depressionen im Krankenhaus behandelt. In den Jahren von 2000 bis 2022 hat sich die Zahl der 18- bis unter 25-Jährigen, die in Hessen aufgrund einer depressiven Episode im Krankenhaus behandelt wurden, von knapp 210 auf über 950 Fälle fast verfünffacht. Bei einem Teil dieser Jugendlichen und jungen Erwachsenen kommt es kurzfristig erneut zu einer Krankenhauseinweisung. Ein Grund dafür ist, dass viele junge Menschen die ambulanten Nachsorgeangebote nach der Entlassung aus der Klinik nur unzureichend nutzen. Nehmen die Betroffenen an diesen Angeboten nicht teil, besteht ein erhöhtes Risiko für Rückfälle oder sogar chronische Verläufe psychischer Erkrankungen. 

Ein besonderes Versorgungsprojekt, das am Frankfurter Universitätsklinikum angeboten wird, möchte den jungen Patientinnen und Patienten helfen. Sie können direkt nach der Entlassung aus dem Krankenhaus drei Monate lang von einer speziellen Chatbot-App eine psychologische Nachsorge bekommen. Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren, die sich wegen einer Depression in stationärer Behandlung befinden und noch keine ambulante Nachbehandlung erhalten, können aktuell noch in die Studie aufgenommen werden. Die Techniker Krankenkasse (TK) ist Partnerin des Projekts. 

Depressionen sind häufiges Krankheitsbild bei jungen Menschen

"Depressive Störungen zählen zu den häufigsten und schwersten psychischen Störungen bei Jugendlichen und Erwachsenen. Leider lässt sich trotz wirksamer ambulanter Therapieangebote ein Klinikaufenthalt nicht immer vermeiden. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ist es gerade für Jugendliche und junge Erwachsene sehr herausfordernd, wieder in den Alltag zu finden", sagt Professorin Viola Oertel, leitende Psychologin in der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Frankfurt. Oft wissen die jungen Menschen nicht, an wen sie sich nach der Klinikzeit wenden können, um eine ambulante Therapie beginnen zu können, die auch mit Wartezeiten verbunden sein kann. Zum anderen empfinden vor allem junge Patientinnen und Patienten ihre Erkrankung als stigmatisierend und schambesetzt, weshalb sie ihre Erkrankung lieber verheimlichen und ihre Probleme allein lösen möchten.  

App hilft, Fortschritte zu festigen und Rückfälle zu verhindern

Hier setzt das iCAN-Programm an: Nach dem Motto "Yes, I Can!" ("Ja, ich schaffe das") hilft die App den Jugendlichen und jungen Erwachsenen, im Alltag besser zurechtzukommen und in ihr gewohntes Leben zurückzufinden. Das Akronym iCAN steht für intelligente, Chatbot-assistierte ambulante Nachsorge. Das Programm bietet jungen Menschen drei Monate lang nach der Entlassung aus der Klinik individuelle Begleitung durch Telefongespräche mit Psychologinnen und Psychologen sowie den Zugang zur iCAN-App für ein chatbot-gestütztes Training. Der Chatbot fragt beispielsweise regelmäßig nach der Stimmung und motiviert dazu, bestimmte Übungen zu nutzen. Ein in der iCAN-App eingebauter Navigator erleichtert außerdem die Suche nach einer Anlaufstelle für ambulante Psychotherapie oder psychiatrische Weiterbehandlung.  

Digitale Wege in der Versorgung beschreiten

"Das Programm spricht die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zielgruppengerecht an und unterstützt sie, nach der Zeit in der Klinik mit ihren festen Abläufen und der Betreuung rund um die Uhr möglichst nahtlos im Alltag wieder Fuß zu fassen. Der regelmäßige Austausch mit den Tele-Psychologinnen und -psychologen und die Übungen in der Smartphone-App können weiterhelfen, dass Genesungsfortschritte, die in der Klinik gemacht wurden, gefestigt und Rückfälle verhindert werden", sagt Dr. Barbara Voß, Leiterin der Landesvertretung Hessen der Techniker Krankenkasse (TK). Das Frankfurter Universitätsklinikum nimmt interessierte Patienten und Patientinnen zwischen 18 und 25 Jahren in die Studie auf, die sich aktuell aufgrund einer depressiven Symptomatik in stationärer Behandlung befinden und noch nicht ambulant angebunden sind. Das Uniklinikum ist eines von bundesweit 31 Krankenhäusern, die an dem Projekt beteiligt sind.

Hintergrund

An der Studie des iCAN-Innovationsfondsprojekt können junge Patientinnen und Patienten in Hessen und weiteren sieben Bundesländern teilnehmen, die wegen einer Depression in einer der beteiligten Kliniken behandelt werden, ein Smartphone besitzen und bei der Techniker Krankenkasse (TK) oder einer der weiteren unterstützenden Krankenkassen versichert sind. Das Projekt wird für vier Jahre mit Mitteln aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert. Junge Erwachsene finden auf der Projektseite ein Verzeichnis der teilnehmenden Kliniken sowie weitere Informationen zur Studie, die von der Universität Greifswald federführend geleitet wird. Bei der Zahl der jungen Menschen, die aufgrund von Depressionen im Krankenhaus behandelt wurden, bezieht sich die TK auf eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes