Berufserfahrung nachweisen - das neue Gesetz zur Vergleichbarkeit
Das Gesetz soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken: Künftig können Menschen, die berufserfahren sind, aber keinen formalen Berufsabschluss haben, die Gleichwertigkeit feststellen lassen. Weitere Maßnahmen sollen für mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie in der beruflichen Bildung sorgen.
Mit dem Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) wird ein neues Validierungsverfahren zur Anerkennung von Berufserfahrung eingeführt.
Wer bereits eine bestimmte Zeit in einem Beruf arbeitet, aber keinen formalen Berufsabschluss dafür hat, kann die Gleichwertigkeit seiner Kompetenzen feststellen und bescheinigen lassen. Dafür muss die Person einen Antrag bei einer zuständigen Stelle einreichen, zum Beispiel bei einer Handwerkskammer.
Dafür gelten diese Voraussetzungen:
- Die Person ist mindestens 25 Jahre alt.
- Sie hat ihren Wohnsitz im Inland oder hat einen Teil der einschlägigen Tätigkeit im Inland ausgeübt.
- Die Person arbeitet länger als das Anderthalbfache der vorgeschriebenen Ausbildungszeit in dem Beruf.
- Die persönlichen Kompetenzen, Fähigkeiten und Erfahrungen sind vollständig vergleichbar mit dem Referenzberuf.
Wenn dies zutrifft, bekommt die Person ein öffentlich-rechtliches Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit. Damit kann sie nicht nur als Fachkraft eingesetzt werden, sondern auch Fortbildungen beginnen wie zum Beispiel den Bachelor Professional. Oder sie kann die Ausbildereignung erwerben. So soll wieder ein Anschluss an das Bildungssystem entstehen.
Wenn die Vergleichbarkeit nicht vollständig besteht
Wenn die Berufserfahrung nur überwiegend vergleichbar ist mit dem Ausbildungsberuf, kann auch eine öffentlich-rechtliche Bescheinigung darüber ausgestellt werden. In diesem Bescheid ist aufgeführt, was die Person schon kann und was zur vollständigen Vergleichbarkeit noch fehlt. Auch diese Bescheinigung kann auf dem Arbeitsmarkt verwendet werden. Zusätzlich berechtigt sie zu einem Ergänzungsverfahren, um die noch fehlenden Kompetenzen zu erwerben.
Nochmal nachgefragt: Wen könnte das konkret betreffen?
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nennt auf seiner Infoseite einige Beispiele, für wen das neue Verfahren in Frage kommen könnte. Dazu zählen:
- Eine Studienabbrecherin mit hervorragenden Computer-Kenntnissen, die als Programmiererin oder Webdesignerin gejobbt hat und nun einen formalen Nachweis braucht, um beruflich voranzukommen.
- Die Ehefrau eines Firmeninhabers, die seit Jahren für ihren Mann die Buchhaltung führt, aber nie darin ausgebildet wurde.
- Eine Person aus dem Ausland, die umfangreiche Berufserfahrung aus ihrem Heimatland mitbringt, aber keinen deutschen Ausbildungsabschluss vorweisen kann und deswegen nur Hilfstätigkeiten ausübt.
Inklusion: Anerkennung bei Menschen mit Behinderungen
Außerdem soll die berufliche Bildung inklusiver werden. Denn mit diesem Verfahren können auch berufliche Kompetenzen, die Menschen mit Behinderungen beispielsweise in Werkstätten erworben haben, öffentlich-rechtlich zertifiziert werden. Für sie gibt es keine Altersgrenze und es reicht die teilweise Vergleichbarkeit.
Mindestalter für Berufsvalidierung soll betriebliche Ausbildung stärken
Auf Anregung des Bundesrates wurde eine Altersgrenze festgelegt. Es bestand die Befürchtung, eine Berufsvalidierung ohne Altersgrenze könnte junge Menschen dazu animieren, den Weg einer Berufsvalidierung statt den einer dualen Ausbildung zu wählen. Das ginge zu Lasten der betrieblichen Ausbildung. Wer am Validierungsverfahren teilnehmen möchte, muss daher mindestens 25 Jahre alt sein.
Bürokratie abbauen: Duale Berufsausbildung wird digitaler
Auch in der Berufsausbildung soll es künftig digitaler werden. Der Abbau von Schriftformerfordernissen soll Betrieben und Kammern einen durchgängigen digitalen Ablauf ermöglichen. Dazu gehören der digitale Ausbildungsvertrag, die digitale mobile Ausbildung und eine verstärkte digitale Kommunikation.
Bundesrat hat zugestimmt: Was gilt ab wann?
Der Bundesrat hat dem Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) am 5. Juli 2024 zugestimmt. Es wurde am 23. Juli 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Das Gesetz ist größtenteils am 1. August 2024 in Kraft getreten.
Die meisten Regelungen zum Validierungsverfahren werden ab dem 1. Januar 2025 gelten. Das BMBF informiert dazu: "Um die Umsetzung zu erleichtern, ist geplant, die dem Verfahren zugrundeliegende Verordnung schnellstmöglich nach Abschluss des formellen Verordnungsverfahrens und damit vor der Anwendbarkeit des neuen Feststellungsverfahrens zum 1. Januar 2025 zu verkünden."
FAQ zum BVaDiG
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung beantwortet auf seiner Seite die wichtigsten Fragen zum neuen Gesetz.