Praxishilfe: Meldungen bei rückwirkender Rentenbewilligung im Krankengeldbezug
Wenn eine Rente wegen voller Erwerbsminderung im Zusammenhang mit dem Bezug von Entgeltersatzleistungen rückwirkend bewilligt wird, müssen Arbeitgeber bei den DEÜV-Meldungen einiges beachten.
Manche Erkrankungen können bis zur Erwerbsunfähigkeit führen: Wird ein Beschäftigter krank, teilt er zunächst seine Arbeitsunfähigkeit mit, weist diese nach und erhält in der Regel die Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber. Ist er weiter arbeitsunfähig, greift nach einer gewissen Zeit das Krankengeld. Auch der Krankengeldbezug ist begrenzt: Endet der Anspruch auf Krankengeld, der Beschäftigte kann aber immer noch nicht arbeiten, kommt es zur Leistungsunterbrechung (LU). Meist wird aber schon während des Krankengeldbezugs festgestellt, dass der Beschäftigte seine Arbeit längerfristig nicht fortführen kann und dass eine Erwerbsminderung besteht.
Nun stellt sich die Frage, wie es weitergehen kann: Der Betroffene wird aufgefordert, einen Rentenantrag zu stellen. Das Rentenantragsdatum ist wichtig für den Beginn der Erwerbsminderungsrente, daher wird z.B. manchmal ein vorheriger Reha-Antrag in einen Rentenantrag umgewandelt. In solchen und anderen Fällen kann es zu einer rückwirkenden Bewilligung der Rente kommen.
Beschäftigungsende: Im Arbeitsrecht und im SV-Recht gelten andere Regeln
Beschäftigungsende im Arbeitsrecht
Wenn eine Erwerbsminderung festgestellt wurde, muss das Arbeitsverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinne nicht zwingend beendet werden. Denn die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses wegen einer dauerhaften oder eine zeitlich begrenzten Erwerbsminderung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Stattdessen können Beendigungen arbeitsvertraglich oder tarifrechtlich vereinbart werden.
Beschäftigungsende im Sozialversicherungsrecht
Was im Arbeitsrecht "Arbeitsverhältnis" genannt wird, wird im Sozialversicherungsrecht als "Beschäftigungsverhältnis" bezeichnet. In § 7 SGB IV ist geregelt, was unter einem Beschäftigungsverhältnis zu verstehen ist.
Sind drei Bedingungen erfüllt, nämlich
- eine Rente wird wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeitsrente) rückwirkend zugebilligt
- und es fehlt der Anspruch auf Arbeitsentgelt
- und es wird auch keine Arbeitsleistung mehr erbracht,
dann ist ein Fortbestehen der Beschäftigung anzunehmen, solange das Arbeitsverhältnis besteht, längstens für einen Monat. Man spricht dabei von der Monatsfrist (§ 7 Abs. 3 SGB IV).
Monatsfrist bei Versicherungspflicht und freiwilliger Versicherung
Für versicherungspflichtige Mitarbeitende gilt: bei ihnen ist die Monatsfrist in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie in der Renten- und Arbeitslosenversicherung anzuwenden.
Bei freiwillig Versicherten ist es etwas anders: Bei ihnen gilt dies nur für die Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Erforderliche Korrekturmeldungen
Im Falle einer rückwirkenden Rentenbewilligung sind Korrekturmeldungen mit Meldegrund 32 / 12 (Beitragsgruppenwechsel) erforderlich. Die korrekten Beitragsgruppen nach Rentenart finden Sie in unserem Beratungsblatt Beschäftigung von Rentnern (PDF, 322 kB) .
Beispiel aus der Praxis: Krankenverlauf, Meldungen, Arbeitsrecht
Wir haben als Beispiel einen Krankenverlauf chronologisch dargestellt und jeweils nach dem Sozialversicherungsrecht und dem Arbeits-/Tarifrecht betrachtet. Das Beispiel bezieht sich auf ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis und die rückwirkende Zubilligung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung (EM).
Beispielverlauf: Von der Erkrankung bis Erwerbsminderungsrente
Beispiel Krankenverlauf | Datum/Frist im SV-Recht | Datum/Frist im Arbeits-/Tarifrecht |
---|---|---|
Arbeitsunfähigkeit besteht seit | 22.10.2023 | 22.10.2023 |
Entgeltfortzahlung bestand bis | 02.12.2023 | 02.12.2023 |
Krankengeld gezahlt ab | 03.12.2023 | 03.12.2023 |
Zubilligung einer unbefristeten Rente wegen voller EM rückwirkend ab | 01.02.2024 | 01.02.2024 |
Zustellung des Rentenbescheids beim Mitarbeiter erfolgte am | 17.06.2024 | 17.06.2024 |
Eingang der Rentenmitteilung bei der Krankenkasse am | 16.06.2024 | 16.06.2024 |
Krankengeld wurde gezahlt in der Zeit | 03.12.2023 bis 16.06.2024 | 03.12.2023 bis 16.06.2024 |
Monatsfrist verläuft vom | 17.06.2024 bis 16.07.2024 | 17.06.2024 bis 16.07.2024 |
Ende des Arbeitsverhältnisses | offen | Lt. Tarifvertrag endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid des RV-Trägers zugestellt wird, also am 30.06.2024. |
Beispiel: Was ist also nach SV-Recht zu melden?
Nach dem Ende des Krankengeldbezugs ist ein Fortbestehen des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses anzunehmen, längstens für einen Monat bis zum 16.07.2024 (Monatsfrist).
Folgende Meldungen sind vom Arbeitgeber zu erstellen:
Abmeldung:
- Zeitraum/-punkt: 01.01.2024 - 31.01.2024
- Abgabegrund: 32
- Beitragsgruppe: 1111
- Personengruppe: 101
Anmeldung:
- Zeitraum/-punkt: 01.02.2024
- Abgabegrund: 12
- Beitragsgruppe: 3101
- Personengruppe: 101
Abmeldung:
- Zeitraum/-punkt: 17.06.2024 - 16.07.2024
- Abgabegrund: 34
- Beitragsgruppe: 3101
- Personengruppe: 101
Beispiel: Was ist also nach Arbeits-/Tarifrecht zu melden?
Nach dem Ende des Krankengeldbezugs kommt ein Fortbestehen des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses für die Zeit vom 17.06.2024 bis zum 30.06.2024 in Betracht.
Folgende Meldungen sind von Ihnen zu erstellen:
Abmeldung:
- Zeitraum/-punkt: 01.01.2024 - 31.01.2024
- Abgabegrund: 32
- Beitragsgruppe: 1111
- Personengruppe: 101
Anmeldung:
- Zeitraum/-punkt: 01.02.2024
- Abgabegrund: 12
- Beitragsgruppe: 3101
- Personengruppe: 101
Abmeldung:
- Zeitraum/-punkt: 17.06.2024 - 30.06.2024
- Abgabegrund: 30
- Beitragsgruppe: 3101
- Personengruppe: 101
Hinweis zum Abgabegrund 30: Es ist mit Meldegrund 30 zum Beschäftigungsende oder mit Meldegrund 34 zum Ablauf der Monatsfrist abzumelden. Im obenstehenden Beispiel muss mit dem Meldegrund 30 abgemeldet werden, da das Ende des Arbeitsverhältnisses vor dem Ablauf der Monatsfrist liegt. Grundsätzlich gilt immer das Ereignis, das früher eintritt.
Wird das Krankengeld mit der Rente verrechnet?
Das bereits gewährte Krankengeld gilt in beiden Fällen weiterhin als bezogen und wird mit der Rente verrechnet.