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Die Entkopplungsmethode ist einfach, aber wirksam:  

  1. Beobachten und notieren Sie Ihr Verhalten.
  2. Finden Sie eine alternative Bewegung.
  3. Üben Sie die neue Bewegung ein.

Probieren Sie es einfach aus. Die Anleitung basiert auf dem Selbsthilfemanual der Arbeitsgruppe Neuropsychologie um Professor Steffen Moritz am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg. Hintergrundinfos finden Sie auch in diesem Artikel  über die Methode. Dort gibt es auch ein Video zur Methode. 

Ich bin mein Pulen an den Fingernägeln in wenigen Tagen dauerhaft losgeworden - nach 50 Jahren.  Anne F., Anwenderin

Schritt 1: Beobachten und Aufschreiben

Dauer: 1-2 Tage

Kauen und Pulen an den Fingernägeln sind eingefleischte Gewohnheiten. Die dafür nötigen Bewegungen laufen unbewusst und fast immer nach dem gleichen Muster ab. Oft gibt es Auslöser, sogenannte Trigger, die die Gewohnheit in Gang setzen, zum Beispiel eine innere Anspannung oder Stress. Und meist ist das Verhalten so sehr automatisiert, dass man gar nicht merkt, wann und wie oft man es ausführt. 

Protokollieren Sie daher ein oder zwei Tage, wann Sie pulen oder an den Fingernägeln kauen. Schreiben Sie auf, was Sie zu diesem Zeitpunkt gerade gemacht haben. So erkennen Sie, wann und wie Sie pulen. Vielleicht entdecken Sie sogar Situationen, in denen Sie besonders häufig pulen oder kauen - zum Beispiel, wenn Sie gestresst sind.

Beobachten und notieren Sie einfach. Ändern Sie Ihr Verhalten noch nicht. So lernen Sie es besser kennen. 

Hilfreich ist eine kleine Tabelle nach folgendem Muster:

Situation

Wie pule oder kaue ich gerade an den Fingernägeln?

Beim Checken meiner Mails

Ich pule kräftig und ziehe mir mit dem Fingernagel des Zeigefingers ein Stück Nagelhaut am Daumen ab.

Ich telefoniere mit meiner Mutter, bin ungeduldig

Ich reiße mit dem Fingernagel des Zeigefingers an der Nagelhaut des Daumens.

Beim Lesen eines Artikels am Schreibtisch 

Ich stütze den Arm auf dem Handballen ab, lege die Finger an die Zähne und kaue am Fingernagel des Mittelfingers 

Schauen Sie sich auch genau an, welche Bewegungen Sie machen, wenn Sie an den Fingernägeln knibbeln oder kauen.

  • Beim Pulen: Was machen Ihre Finger genau? Welche Finger sind wie beteiligt?
  • Beim Nägelkauen: Wie kommt Ihr Arm zum Mund? Wie bewegen sich Ihre Finger dabei? Was passiert vorher? 

Schritt 2: Finden Sie eine alternative Bewegung

Dauer: das kann schnell gehen

Beim Beobachten haben Sie vermutlich festgestellt, dass Ihr Kauen und Pulen an den Fingernägeln aus einer typischen Abfolge von Bewegungen besteht.

Finden Sie jetzt eine kleine, unauffällige Bewegung, die so anfängt wie das, was Sie beim Pulen oder Kauen an den Fingernägeln immer machen, aber anders endet - nämlich ohne dass Sie Ihre Haut oder Ihre Nägel verletzen. 

Das Prinzip ist: Gleicher Anfang, besseres Ende. Probieren Sie mögliche alternative Bewegungen so lange, bis Sie etwas gefunden haben, das sich für Sie richtig anfühlt. 

Tipp: Wenn Sie eine unauffällige Bewegung wählen, können Sie diese anschließend überall problemlos einsetzen. Führen Sie sie schnell, mit ausreichend Muskelspannung und etwas ruckartig aus. Das erleichtert das Lernen des neuen Verhaltens. 

Wie findet man die alternative Bewegung? 

Wie man an den Fingernägeln pult oder kaut, ist individuell. Deshalb gibt es keine allgemeingültigen alternativen Bewegungen. Experimentieren Sie ein wenig herum und finden Sie Ihre eigene neue, unschädliche Bewegung. Seien Sie kreativ. Probieren Sie aus, was am besten zu Ihnen passt. Hier finden Sie einige Beispiele. 

Darauf kommt es bei der neuen Bewegung an:

  • Wählen Sie eine ähnliche Bewegung. Das erleichtert das Verlernen des alten Verhaltens. 
  • Führen Sie die neue Bewegung bewusst, schnell und mit einer gewissen Muskelspannung aus. Das deutliche Signal hilft, den eingeschliffenen alten Bewegungspfad zu irritieren. 
  • Wählen Sie am besten erst einmal nur eine neue Bewegung aus. Varianten können Sie später immer noch üben. 
  • Die Bewegung muss unschädlich für Haut und Nägel sein. Nägelpulen statt Nägelkauen ist natürlich nicht die richtige Wahl.  

3. Schritt: Üben Sie die neue Bewegung ein

Dauer: mehrmals täglich 2-3 Minuten, insgesamt 15 Minuten täglich 

Ergänzen Sie ab jetzt Ihren alten Anfang durch ein besseres Ende. Trainieren Sie Ihre neue Bewegung im Alltag. Fangen Sie am besten gleich an. Mit wenigen Minuten täglichen Übens werden Sie Ihr Laster in Kürze überwunden haben. 

Üben Sie pro Tag mehrmals für zwei bis drei Minuten, insgesamt mindestens 15 Minuten lang. Das wird Ihnen nicht schwer fallen. Sie brauchen dafür auch keine zusätzliche Zeit. Nutzen Sie einfach die Situationen, in denen Sie normalerweise an den Fingernägeln kauen oder pulen.. Nutzen Sie dafür bei Bedarf Ihre Notizen aus Schritt 1. 

Üben, auch wenn es besser wird

Auch wenn Sie schnell einen Erfolg sehen - üben Sie trotzdem weiter. So lange, bis Ihr Gehirn die neue Bewegung als Gewohnheit verinnerlicht hat. Wann immer Sie den Impuls dazu spüren und feststellen, dass sich Ihre alte Gewohnheit Bahn brechen will, lenken Sie sie mit Ihrer neuen Bewegung ab. 

Sie werden feststellen, dass das gar nicht so schwer ist. Und vor allem, dass sich die Effekte bei ausreichend Übung schnell einstellen. Oft sind nur wenige Tage nötig, um einen deutlichen Erfolg zu spüren. Bleiben Sie dran und erleben Sie, wie Ihr altes Laster schrittweise nachlässt.

Sobald Sie weniger pulen oder an den Fingernägeln kauen, können Ihre Wunden und eingerissenen Stellen an Nägeln und Nagelhaut verheilen. Die Haut wird glatt, Schwellungen gehen zurück, Risse wachsen wieder zu. Das wird ein paar Wochen dauern. Wenn Sie wollen, können Sie nun Ihre Fingernägel auf eine bisher unmögliche Länge wachsen lassen. 

Vielleicht wird die alte Gewohnheit unter Stress noch ab und zu auftauchen, vor allem, wenn Sie längere Zeit nicht geübt haben. Doch keine Sorge - sobald Sie das bemerken, können Sie Ihre neue Bewegung gezielt dagegen einsetzen. 

Worauf es beim Üben ankommt

  • Üben Sie mindestens fünfmal am Tag für jeweils 2-3 Minuten - pro Tag insgesamt etwa 15 Minuten. Je öfter, desto besser. Tipp: Nehmen Sie sich den Timer im Smartphone zu Hilfe. 
  • Nutzen Sie zum Üben die Situationen, die Sie im Schritt 1 als typisch identifiziert haben. Oder üben Sie immer dann, wenn Sie den Impuls zum Pulen oder Nägelkauen spüren.
  • Konzentrieren Sie sich mindestens zwei Wochen lang auf eine neue Bewegung. So kann sie sich besser automatisieren. Setzen Sie erst danach andere Varianten ein. 
  • Üben Sie bewusst und aufmerksam. 
  • Wenn Sie einen Rückfall haben: Beginnen Sie wieder mit dem Üben. 

Wenn Ihnen die neue Bewegung zu auffällig ist

Falls Ihnen Ihre neue Bewegung nach einer Weile zu auffällig erscheint, üben Sie nach zwei Wochen andere Varianten. So sorgen Sie dafür, dass die zunächst gelernte neue Bewegung weniger stark automatisiert wird. Nötig ist das aber nur, wenn Sie meinen, dass die neue Bewegung auf Sie oder andere unangenehm wirkt. 

Mehr Tipps zum Üben

Professor Steffen Moritz gibt Betroffenen in dem Selbsthilfemanual, das diesen Anleitungen zugrunde liegt, noch ein paar zusätzliche Tipps.

Schummeln Sie nicht

Führen Sie sich nicht selbst hinters Licht. Unterlassen Sie also alles, was Haut und Nägel verletzt, staucht oder deutlich reizt. Auch Pulen, Lutschen oder Kauen an der Nagelhaut statt Nägelkauen ist tabu.

Gelegentliche Ausrutscher sind kein Drama

Rückschläge sind möglich. Schließlich ist die Macht der Gewohnheit groß. Bleiben Sie dennoch am Ball. Falls Sie sich dabei ertappen, wie Sie doch wieder einmal an den Nägeln kauen oder knibbeln, ist das kein Drama. Denn es ist schon viel gewonnen, wenn das nur noch ein- oder zweimal in der Woche geschieht. Ihr Ziel sollte dennoch sein, vollständig darauf zu verzichten. Mit ausreichend Übung wird es Ihnen Schritt für Schritt gelingen.

Geben Sie nicht zu früh auf

Üben Sie täglich, auch wenn es Ihnen gut geht. Am besten zu bestimmten Zeiten und/oder wenn der Drang einsetzt, aber auch, wenn Sie gar keinen Impuls zum Nägelkauen oder -pulen spüren. Das neue Verhalten muss Ihnen quasi in Fleisch und Blut übergehen, wie etwa das Schuhe-Zubinden. Neues Verhalten braucht Zeit, um sich durchzusetzen.

Originalquellen ansehen

Mehr zur Entkopplungsmethode und zu anderen Selbsthilfemethoden gegen Nägelkauen, Nägelpulen und andere Impulskontrollstörungen finden Sie auf der Seite der Arbeitsgruppe Neuropsychologie am Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg, unter www.uke.de/impulskontrolle. Dort können Sie auch an Studien teilnehmen. 

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