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Circa 70.000 Pflanzenarten gibt es weltweit, die als Arzneimittel in der Medizin genutzt werden. Ob Blätter, Blüten, Hölzer, Früchte, Knospen, Samen, Stängel oder Wurzeln - die pflanzlichen Wirkstoffe stehen für die Behandlung ganz unterschiedlicher Beschwerden bereit.

Die Phytotherapie oder Pflanzenheilkunde ist eines der ältesten Therapieverfahren in der Medizin. Aus der Antike und dem Mittelalter haben uns vor allem arabische und chinesische Gelehrte einen reichhaltigen Arzneimittelschatz aus der Natur hinterlassen.

Pflanzenstoffe in reiner Form   

Erst seit dem 19. Jahrhundert gelingt es, die in Heilpflanzen enthaltenen Stoffe in reiner Form zu gewinnen. Damit wurden viele hochwirksame Arzneistoffe entdeckt, wie zum Beispiel die aus der Weidenrinde gebildete Salicylsäure oder Morphin aus dem Schlafmohn.

Zahlreiche wissenschaftliche Studien aus der modernen Arzneimittelforschung belegen die Wirkung dieser Pflanzenstoffe. Aussagekräftige Studienergebnisse gibt es für Präparate wie Johanniskraut, Ginkgo und Baldrian und viele andere.

Was wirkt, hat auch Nebenwirkungen

"Auch bei der Einnahme von pflanzlichen Medikamenten können Nebenwirkungen eintreten", sagt Petra Rudnick vom TK-Ärztezentrum und ergänzt: "Phytotherapeutika können allergische und unter Lichteinfluss giftige Reaktionen hervorrufen, leber- und nierenschädigende Wirkung haben, Herzkreislaufreaktionen auslösen sowie auch krebsauslösend wirken. Zu beachten sind bei der Einnahme unbedingt auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Die Behandlung mit Phytotherapeutika gehört daher in die Hand eines erfahrenen Arztes. Allergiker sollten bei der Einnahme pflanzlicher Arzneimittel besonders vorsichtig sein."

Wichtig zu wissen:

Auch die Einnahme von pflanzlichen Arzneimitteln sollte nach Packungsbeilage erfolgen. Sie müssen abgesetzt werden, wenn Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Hautirritationen auftreten, die auf die Einnahme des Arzneimittels zurückgeführt werden können. Besondere Vorsicht ist bei Säuglingen, Kleinkindern und Schwangeren geboten.

Trotz der Wirksamkeit der Pflanzen, dürfen die Grenzen der Phytotherapie nicht vergessen werden. Denn nicht alle Beschwerden lassen sich durch pflanzliche Medikamente therapieren. Ein Besuch beim Arzt ist daher immer zu empfehlen.

Welche Pflanze ist die richtige?

Dem einen läuft die Nase, dem anderen kratzt der Hals. Bei Erkältungsbeschwerden bietet die Phytotherapie viele Möglichkeiten. Aber egal, ob Husten und Schnupfen, eine Sportverletzung oder Probleme mit der Verdauung - nahezu alle Beschwerden reagieren auf die Kraft der Pflanzen. Zu den populärsten Phytopharmaka gehören:

  • Sonnenhutkraut bei Erkältung: hat eine immunmodulierende Wirkung und kann unter anderem bei Erkältung als Tropfen, Saft,  Tablette oder Dragee sowie als Frischpflanzensaft eingesetzt werden.
  • Arnika bei Verstauchungen und Prellungen: Durch die schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkung lassen sich ein verstauchter Fuß oder ein geprelltes Knie mit Arnika behandeln. Arnikasalbe, -gel und- öl sind als Fertigarzneimittel im Handel erhältlich. Ein Arnikaaufguss oder eine drei- bis zehnfach verdünnte Arnikatinktur kann in Form von kalten oder warmen Umschlägen helfen.
  • Ringelblumenblüten bei Wunden: Ringelblumenblüten  wirken antibakteriell, entzündungshemmend und fördern die Wundheilung. Ringelblumenblüten gibt es in Form von Salben, Gels oder Cremes und können daher bei der Wundbehandlung hilfreich sein.
  • Kümmel bei Blähungen und Krämpfen: Dank seiner krampflösenden und entblähenden Wirkung gilt Kümmel als wirksame Heilpflanze bei Verdauungsbeschwerden. Wissenschaftliche Studien bestätigen diese Wirkung.

So wird's gemacht: Aufguss und Tee

Für einen Arnica-Aufguss übergießen Sie zwei Gramm Arnikablüten mit 100 Milliliter heißem Wasser. Nach fünf bis zehn Minuten abseihen. Den erkalteten Aufguss können Sie für kühlende Umschläge verwenden.
Einen Kümmel-Tee bereiten Sie so zu: Für eine Tasse Tee werden ein bis fünf Gramm Kümmelfrüchte zerstoßen, um das ätherische Öl freizusetzen. Dann übergießt man sie mit etwa 150 Milliliter heißem Wasser. Nach zehn Minuten abseihen. Drei Tassen täglich lindern die Beschwerden. Kümmel wirkt besonders in Kombination mit anderen blähungslindernden Heilpflanzen wie Anis oder Fenchel.

Traditionelle und rationale Phytotherapie

Die "traditionelle Phytotherapie" stützt sich auf überlieferte Erfahrungen. So haben sich Sonderformen der Pflanzenheilkunde wie die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und die Ayurvedischen Medizin in Indien über Jahrtausende entwickelt.

Die "rationale Phytotherapie" macht sich das überlieferte Wissen aus der traditionellen Pflanzenheilkunde zunutze, erhebt dabei aber den Anspruch, in der gezielten Behandlung von Krankheiten naturwissenschaftliche Standards zu erfüllen.

Sind zugelassene Phytopharmaka verträglich?

Wie alle Arzneimittel unterliegen auch Phytotherapeutika der Zulassungspflicht. Für die Zulassung von Phytopharmaka im Rahmen der "rationalen Phytotherapie" fordern die Behörden einen Nachweis über die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit und die Qualität des Arzneimittels.

Für die "traditionelle Phytotherapie", die in der Selbstmedikation angewendet wird, gelten vereinfachte Zulassungsbedingungen.

Der Nachweis der Verträglichkeit und Unbedenklichkeit eines Produkts wird durch eine mindestens 30-jährige medizinische Verwendung belegt, davon mindestens 15 Jahre in Europa. Ein Wirksamkeitsbeleg durch klinische Studien ist nicht erforderlich.